Das Grab der Königin
öffneten sich zu breiten Spalten, die schon canyonähnliche Ausmaße annahmen. Sehr breit und auch tief hatten sie sich in den Fels hineingefressen.
Es gab keine sichtbare Spur von Leben. Und doch lebte diese Wüstenlandschaft. Ich hatte oft genug Bilder von überwältigender Schönheit und auch von Leben gesehen.
Die Reifen wurden arg strapaziert. Aber der Wagen tat seine Pflicht. Damit hatte uns Bahid nicht reingelegt.
Die Sonne sank tiefer. Purpurfarben leuchteten die Gipfel auf, als würden sie von einem Flammenmeer Übergossen.
Aber auch braune und gelbe Töne schwammen in diesem gewaltigen Feuer aus Licht, das seinen Ursprung in der Sonne hatte, die wiederum von einem allmählich dunkler werdenden Himmel umgeben wurde.
»Da muß es sein!« Jennas Ruf erschreckte uns beide. Suko fuhr automatisch langsamer, hielt an, und wir folgten Jennas Blick. Die tiefstehende Sonne blendete mich trotz der Brille. Ich stieg aus und schaute aus einer anderen Perspektive hin.
In der Tat erhob sich von einem Bergbuckel aus dieser alte Turm. Flüsternde Geister sollten sich darin verteilen, so hatte uns Bahid gesagt. Ich war ungemein gespannt, was uns dort erwarten würde, ob die Geister überhaupt bereit waren, mit uns in Kontakt zu treten. Noch immer explodierte das Licht in den Bergen. Minütlich wechselten die Farbtöne. Es war einfach wunderbar, nur dazustehen und gegen die angestrahlten Felsen zu schauen.
»Ihr habt's gut«, sagte Suko, »aber ich muß fahren.«
»Dann mal los.«
Einen Weg fanden wir nicht. Es war schon gut, daß Suko die Richtung beibehalten konnte.
Vor uns öffnete sich einer dieser Einschnitte. Breit wie ein Fluß, auch ansteigend. Der Hang war mit Geröll bedeckt, das ziemlich fest aussah. Was nun folgte, war eine Meisterleistung an Fahrkunst. Suko mußte immer wieder die großen Brocken umrunden. Er schaffte dies mit einer stoischen Ruhe, ich wäre manchmal ausgeflippt.
Sehr hart stemmte ich mich gegen das Bodenbrett. Dennoch schaukelte ich bei jeder Kurve nach rechts oder links und fing mich stets mit der Schulter ab.
Das Ziel rückte näher.
Umstrahlt von den untergehenden Sonnenstrahlen wirkte der Turm so, wie von Geisterhand hingestellt. Er bot ein Bild, das ich nur mit dem Gemälde eines Künstlers vergleichen konnte.
Das letzte Stück forderte Suko noch einmal alles ab. Nicht nur wegen der Steilheit, denn hier lagen die Steine loser. Unter den Reifen rutschten sie weg und polterten in die Tiefe. Manchmal hatten wir den Eindruck, als würde auch der Wagen kippen, aber er hielt sich. Was die verstärkte Bodenwanne auszuhalten hatte, war schon phänomenal, und auch das Schutzgitter vor den Lampen hielt viel ab. Im Schatten des wuchtigen Turms hielten wir an. Als Suko ausstieg, war er schweißnaß. »Zurück fährst du aber«, sagte er.
»Klar.«
Aus der Nähe betrachtet, mußten wir zugeben, daß es sich bei diesem Turm schon um ein gewaltiges Bauwerk handelte. Aus der Ferne hatte er so schmal ausgesehen, aber jetzt erkannten wir seinen mächtigen Durchmesser. Der immer wehende Wind hatte Sand und Steine gegen die Mauern geschaufelt. Es sah so aus, als wolle er daran hochklettern.
»Wo ist der Eingang?« fragte Suko.
Jenna Jensen hatte sich bereits auf die Suche gemacht. Jedenfalls sahen wir nichts mehr von ihr.
Ich rief ihren Namen und bekam eine Antwort. »Kommt her, ich habe etwas entdeckt.«
Wir umschritten den Turm. Er war rechteckig gebaut und mit ›ßalkonen‹ versehen, die um den Turm herumliefen. Man konnte über sie weder nach oben, noch nach unten gehen. Fenster existierten ebenfalls. Mehr Luken, mal größer, mal kleiner. Die Spitze war abgebrochen. So ragten die Mauern wie eine unterschiedlich hohe Zinne in den Himmel, begossen vom Glanz der fast waagerecht stehenden Sonne. Jenna stand vor einem Ort, derein Eingang hätte sein können. Frei lag er leider nicht. Schutt und Geröll waren dagegengeweht worden, so daß sie einen regelrechten Hang bildeten, auf dem wir leicht hätten ausrutschen können. Bis zur Decke war der Eingang nicht zugeschüttet. Wir hatten noch Platz, um hindurchkriechen zu können.
»Wer macht den Anfang?« fragte Suko.
Ich erklärte mich bereit. »Dann viel Spaß.«
Der verging mir, als ich die ersten Schritte über den angeschütteten Hang ging. Staub und Sand waren so weich, daß sie nachgaben und ich fast bis zu den Schienbeinen einsackte.
Ich kämpfte mich voran, fand auch unter dem Sand harte Stellen, wo ich mich abstützen konnte,
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