Das Grab der Legionen
Rationen. Hunger schärft den Blick! Alle Decurionen bekommen des Weiteren je zehn Hiebe. Hinaus!"
Der Degradierte salutierte stumm, schaute Älius böse an und entfernte sich.
„Eine drakonische Maßnahme", murmelte der Befehlshaber der Garnison. Daß er sie mißbilligte, war dem Tribun klar; doch einen anderen Weg, der Plage endlich Herr zu werden, wußte er ebensowenig. Drei, vier oder fünf Legionen statt der beiden - und die Kräfte würden vielleicht ausreichen. Aber der Senat schickte keine Verstärkung. In Rom mochte man glauben, dreißigtausend gutausgebildete Männer könnten leicht mit höchstens achttausend Barbaren fertig werden. Hier im Tal des Jalus sah alles ganz anders aus.
„Verschwinde, Melus!" knurrte Servius Älius, ohne sich umzudrehen. Weitere Erklärungen an den Aufseher hielt er für überflüssig.
„Und nun, Freunde", begann er fast sanft, „werden wir die beiden Gefangenen, den Iberer und den entsprungenen Sklaven, verhören und anschließend verurteilen. Ich bitte mir aus, daß niemand unrömische Schwäche zeigt. Verstanden?" Zu dritt standen die vornehmen Herren vor dem Gefangenen. Zwei Legionäre hielten den Gefesselten bei den Armen. Die Peitschenspuren im Gesicht und am Körper waren noch frisch, und die mißmutige Miene des Tribuns verriet, wie wenig man erfahren hatte. Vielleicht wußte der Barbar wirklich nichts, doch selbst das hätte er sagen, schreien, stöhnen können. Nichts da - er schwieg.
-Verinus, von zwei anderen in einiger Entfernung festgehalten, hatte kein Geheimnis verraten können, ob er redete oder stumm blieb. Älius wußte das; sein Befehl, auch diesen auszupeitschen, sollte den Arevaken weichmachen.
Publius Cornelius Lentulus verschloß seine Wut nicht in sich und kreischte fast, als er merkte, daß das Rätsel um den Überfall ungelöst bleiben würde.
„Hör zu, Arevake!" Servius Älius beherrschte das Iberische ein wenig, um die Hilfstruppen befehligen zu können. „Ich halte mein Wort, das schwöre ich bei den Göttern des Capitols. Bleibst du störrisch, wird dir der furchtbarste Tod zuteil - jetzt, sofort. Wirst du vernünftig und beantwortest meine Fragen, wird man dir ein Pferd geben, vielleicht auch etwas Silber, und dich ungehindert reiten lassen. Ihr alle habt meinen Eid vernommen!
Aber ich muß wissen: Wer hat euch gesagt, wie die Wache organisiert ist? Wer? Wo ist er? Sprich!"
Megaravik antwortete nicht. Seine Gedanken galten dem sicheren Tod, denn an. das Versprechen des Römers glaubte er keinen Augenblick. Nun war es also vorbei. Bald würde er vor den Göttern stehen. Als tapferer Krieger, nicht als feiger, stammelnder Verräter.
Ich war dumm und hätte den Legionär laufenlassen sollen. Warum rannte ich hinterher und achtete nicht auf die Wachen bei den Palisaden?
Zu Hause in Malega werden sie vergeblich auf mich warten. Und alles, was ich mir gewünscht habe... Niemals wird es sein.
Ein Wink des Tribuns, ein Legionär holte mit der Peitsche aus und schlug mehrmals zu. Die Haut sprang auf, neue Striemen kamen zu den alten. Der Iberer schwieg. Seine zusammengepreßten Lippen gaben keinen Laut frei, ebensogut hätte der Legionär auf einen Baumstamm einschlagen können.
Der dritte Römer betrachtete den Gefangenen aufmerksam. Er bedauerte, nicht selbst das Verhör führen zu dürfen. Ihm würde dieser Arevake alles erzählen, doch das mußte man anders anfangen. Peitsche, Knüppel und Kreuz - weiter reichte der Verstand dieser Dummköpfe nicht.
Wer war in der Lage, die Geheimnisse unserer Wacheinteilung zu verraten? fragte er sich. Nur ein Offizier. Sicher könnten sie einen von uns bestochen haben - ebensogut aber kann ein Gefangener geplaudert haben. An wen muß ich da zuerst denken? Titus Flaccus.
Dieser Mann wäre das Mittel, den verfluchten Menetius auszumanövrieren. Calpurnia würde eine hohe Summe zahlen, und die als Bestechung eingesetzt... Der Grieche muß etwas gemerkt haben. Wenn ich nur wüßte, was! Mich nach Ocilis zu schicken, damit ich der Grenze näher sei und unbeeinflußter handeln könne, war ein dummer Vorwand. Er will freie Hand in Tarraco haben und mir die Verbindung mit meinen Freunden und dem Senat erschweren... Ich brauche endlich einen Beweis, einen Hinweis wenigstens! Wo ist Titus Flaccus?
Mus flüsterte einem Legionär einen Befehl zu. Die Bewaffneten zerrten Verinus zu einem in die Erde gerammten Pfahl, dessen oberes Ende zugespitzt war.
„Arevake! Schau dir an, wie man stirbt, wenn ich es
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