Das Grab der Legionen
kleine Feuer der Anführer zu.
„Ich grüße dich! Aber du siehst schlecht aus", sagte der lockenköpfige Avaros zum Empfang.
„In der letzten Nicht gab es einen schweren Kampf. Kaum einer blieb unverletzt. - Aber zunächst einmal: Das ist Titus Flaccus!" Verblüfft schauten die Iberer auf. Außer Eladu und Litennon wußte niemand von der Angelegenheit. Besonders Ambon hörte aufmerksam zu, als Areito in wenigen Sätzen vom Unternehmen der vier Centurien sprach und dabei Titus' Waffenprobe nicht vergaß. „... nun liegt Malega in Trümmern, und wir suchen Rache!" Damit endete sein Bericht.
„Setzt euch zu uns", sagte Litennon. „Auch du", fügte er, an Titus gewandt, in geläufigem Latein hinzu.
„Ich verstehe das Iberische recht gut", antwortete Titus düster.
„Dumm, daß Keri mit der Streifschar am Jalu weilt. Wären wir achtsamer gewesen, hätten wir die Mauern ausreichend besetzen können", meinte Areito.
Das hätte wenig genutzt, dachte Eladu. Auch wäre niemand dagewesen, die Gefangenen zu befreien. Doch das würden die Heißsporne wohl kaum einsehen.
„Euer Bote traf uns, als wir den Legionen folgen wollten, um ihnen blutige Nächte zu bereiten. Er meinte, ihr plant sowieso einen Angriff..."
Litennon warf einen mißtrauischen Blick auf Ambon. „Er hatte recht. Wir warten noch Meldungen der Späher ab. Es wird einen heißen Tag geben, vielleicht eine richtige Schlacht."
„Dann ist Titus der geeignete Mann, uns etwas über die Kampfes-weise der Legionen zu sagen: Er hat uns viel gelehrt."
„Wir brauchen die Arme ebenso wie die Köpfe", sagte Avaros. „Nicht nur Viriatus kann siegen."
„Wie meinst du das?" Titus Flaccus kannte den Namen des Lusitanierführers recht gut. „Hat er gesiegt?"
„Ihr wißt es nicht? Seine Scharen schlugen die beiden Legionen des Servilianus. Rom hat die Unabhängigkeit Lusitaniens anerkennen müssen. Schriftlich mit Siegel."
Eladu weidete sich an Ambons Schrecken. Dreißigtausend Legionäre streckten die Waffen! Das Heer des Pompejus war ebenso stark. „Ich denke, die Römer ziehen deswegen ab. Sie haben Angst, ihnen könnte es ähnlich ergehen", sagte er.
„Soweit es uns anlangt", versetzte Maharbal, „wird es so werden. Viriatus bewies, es ist möglich, die Feinde zu besiegen. Ob wir ihm nachzueifern vermögen oder kleinmütig sind" - er blickte zu dem Lutier hinüber - „wird sich zeigen."
Gestikulierend kam ein Krieger den Hang herabgelaufen. „Die Römer haben eine Vorhut in Richtung Termantia geschickt!"
Litennon sprang empor. „Dann packen wir sie! Legt die Waffen bereit, bei Sonnenuntergang brechen wir auf."
„Du bist Titus Flaccus?"
Der Gefragte richtete sich auf. Er war müde, die Schrammen des nächtlichen Kampfes schmerzten. Was wollte der andere von ihm? „Ja, der bin ich", antwortete er.
„Ich heiße Brennus, komme aus Gallien. - Dich haben wir gesucht. Daß ich dich aber hier treffe..."
„Wer hat mich gesucht?"
„Die Domina Calpurnia natürlich. Ich war ihr Leibwächter und begleitete den Aufseher Melus nach Ocilis. Bei Salduvia entfloh ich während eines Überfalls. Eigentlich bin ich Gladiator, ich wurde wegen dieser Reise gekauft."
„Meine Mutter? Sie kam meinetwegen her? Ich dachte, man hält mich für tot?"
Brennus vermochte ihm nicht zu erklären, wie Calpurnia zu der Auffassung gelangt war, Titus könne noch leben. Einiges wußte er jedoch von Melus - und das berichtete er auch.
„Soso." Titus war nicht ganz bei der Sache. Wieder einmal war Rom aufgetaucht..., doch dann sah er Asprenas vor sich, wie der Rega vergewaltigte - und da war nur noch Haß in ihm.
„Selbst wenn du bleiben willst, sollte deine Mutter dir wenigstens eine Nachricht wert sein. Ein Weg findet sich; schreibe ihr, du seist nun Iberer, und sie wird kaum weiterforschen."
„Ja, das wird sie kaum tun." Immer hatte etwas das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn überschattet. Titus ahnte, daß es mit seiner Wiedergeburt und dem Toten in der Familiengruft zusammenhing. Dennoch, Brennus hatte völlig recht. Er mußte Calpurnia schreiben, ihr klar darlegen, wo sein Platz war: an der Seite seiner Frau, unter jenen, die Rache für deren Schändung nahmen.
„Morgen oder übermorgen aber wird gekämpft. Falls ich sterbe du weißt Bescheid?"
Titus nickte. Er kannte die Gladiatorensitte, vor jedem Duell einen Bekannten zu bitten, die Totengebete zu sprechen, falls es erforderlich sei. Er würde es tun, einem Gefährten war man dergleichen schuldig.
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