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Das Grab der Legionen

Das Grab der Legionen

Titel: Das Grab der Legionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Krohn
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lehren!"
    „Meinst du, daß wir niemanden finden?"
    Betroffen blickte der Centurio zu Boden.
    „Ich sehe die Antwort in deinem Gesicht. - Weshalb sperrst du dich dann? Es ist dein Leben!" fuhr das Mädchen leise fort.
    Titus strich sich durch die Haare und zupfte an den Bartstoppeln, um die Hände irgendwie zu beschäftigen. Was sollte er erwidern?
    Trotz aller Mühe, es zu verbergen, wurde Rega unruhig. Sie wußte, in welcher Gefahr dieser Mann schwebte, wenn er sich nicht überzeugen ließ.
    „Ich lebe und sterbe für Rom!" Doch während Titus die Worte sprach, überkam ihn die Erinnerung an den Mord an seinem Vater. Verfluchte Verbrecher! Doch auch sie waren Rom. Scipio und dessen Anhänger...
    „Ist Rom das wert?"
    Wie unter einem Dolchstoß in den Rücken zuckte Titus zusammen. „Bei Jupiter! Das hättest du nicht sagen sollen", erwiderte er, obwohl ihm bewußt war, daß dem Mädchen nichts bekannt sein konnte von den feindlichen Adelsgruppen, von der wuchernden Gewinnsucht und dem moralischen Verfall.
    Rega war baß erstaunt über die Wirkung ihrer einfachen Frage. Was hatte ihn daran so getroffen? „Ich verstehe dich nicht", murmelte sie verwirrt mit einem Anflug von Mitleid. „Niemand von uns kennt das Land hinter dem Meer."
    „Nicht immer ist Rom dieses Opfer wert", entgegnete Flaccus schroff und blickte starr an ihr vorbei. „Aber ich bin und bleibe Römer!"
    Nie hätte Rega erwartet, daß das Gespräch so kompliziert werden würde. Für den Gefangenen schien es Probleme zu geben, die sie nicht zu begreifen vermochte. Keri hatte gesagt, unehrlich seien die Römer und voll Tücke. Er hatte sich geirrt; zumindest dieser eine war gerade und aufrichtig, mochten alle anderen Lügner sein.
    „Senkin . .. Mein Vater stimmt zu." Ihre Stimme klang belegt, und sie fühlte sich unwohl bei den Worten. „Du könntest danach fortreiten. Niemand würde je davon reden, daß du hier warst..."
    Der Centurio antwortete nicht. Er erinnerte sich an einen Tag, den er vergessen wollte und nicht konnte. Wenn auch undeutlich und von der Zeit verwaschen, immer wieder tauchte der weißgekalkte Platz auf. Damals. Der heiße Tag, die quälenden Kopfschmerzen, die Ketten. Die Geschehnisse lagen so fern wie das Wunder: Die Seele des toten Titus Fulvius Flaccus nahm Platz im Körper eines namenlosen Sklavenjungen. Trotzdem schmerzte die leiseste Erinnerung. Nie mehr gefangen sein, nie mehr Sklave...
    „Keine Seele würde von deiner Gefangenschaft erfahren...", bekräftigte Rega.
    „Du vergißt meine Centuria, die von euren Männern angegriffen wurde. Legionäre haben gute Augen."
    Ein erstes Lächeln stahl sich in ihre Mundwinkel. „Dann sage ihnen, du seist entflohen. Das geht obendrein erst im Winter, wie jedermann weiß. Jetzt zu fliehen heißt den Tod verlachen."
    Titus schwieg. Soll ich hier das Lügen erlernen? Niemandem könnte ich mehr in die Augen sehen. Der geforderte Preis lag beängstigend nahe am Verrat, das bezweifelte er keinen Augenblick. Andererseits - dies war das Tor nach Tarraco, zur Rache an den Mördern des Vaters.
    „Gewiß wirst du die zwei, drei Monate Aufenthalt in unserer Burg sehr primitiv finden, vielleicht barbarisch." Ein uneingestandener Seufzer klang in den Worten; allzugern hätte sie selbst das vielgeschmähte und vielgelobte Rom gesehen. „Aber wir leben immer hier, du wirst es sicher aushalten."
    „Ich werde über deinen Vorschlag nachdenken", murmelte Titus und blickte zur Seite.
    „Das versteht sich. Wir zwingen keinen. Wir sind Arevaken Titus lächelte mühsam.
    „Und wenn du willst", fuhr Rega fort, „ein Platz an den Feuern Malegas ist für einen aufrichtigen Mann immer frei. Bei allen iberischen Stämmen ist es Sitte, einen überwundenen Feind zu fragen, ob er als Mitbruder bei uns bleiben will. Als wir uns untereinander befehdeten, kam das häufig vor."
    Als Stammesmitglied bei den Arevaken bleiben? Eine merkwürdige, völlig abwegige Vorstellung für einen Römer. Und dennoch eine freundliche Geste. Wir hingegen... Wieder schwebte Titus der grellweiße Platz in Tarraco vor Augen.
    Auf der Hand lag, weshalb das Mädchen so bemüht war, ihn auf die Seite der Burgbesatzung zu ziehen. Die Idee stammte sicher von dem jungen Kriegerführer, und er hatte dessen Blicke wohl bemerkt. Bestimmt gab es eine Beziehung zwischen den beiden. Was ging es ihn an! Für einen adligen Römer kam eine ungebildete Barbarin nicht einmal als Geliebte in Frage. - Hm, dumm war die Kleine nicht,

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