Das Grab des Ghouls
kleinen Trost brauchen wir doch in unserem bescheidenen Leben.«
»Richtig.«
»Ich lasse dir die Flasche hier, Rita. Wir sehen uns dann morgen früh wieder.«
»Ja, und ich wollte, dass der nächste Tag schon vorbei wäre und wir wieder normal zusammensitzen können.«
»Das klappt, keine Sorge.«
»Ich hoffe es.«
***
Wenig später saß Rita McQueen wieder allein in ihrem Zimmer. Es war ihr nicht mehr möglich, normal zu denken. Es war auch zu viel auf sie eingestürmt, und sie sah ihren Verdacht bestätigt, dass dort oben an der alten Ruine nicht alles mit rechten Dingen zuging.
Die Luft in dem kleinen Zimmer empfand sie als schlecht. Deshalb öffnete sie das Fenster, blieb davor stehen und schaute hinaus in die Dunkelheit und auch hoch zu der Hügelkuppe, auf der die alte Ruine stand, die bisher ein gruseliges Kultobjekt für Reisende gewesen war. Das war vorbei. Das Grauen wurde nicht mehr durch technische Tricks erzeugt, es war echt geworden, und das nicht erst seit dem heutigen Tag. Es waren schon Menschen verschwunden, auch wenn gewisse Leute das nicht wahrhaben wollten.
Rita McQueen merkte, dass sie fror. Eigentlich hätte sie schon längst im Bett liegen müssen. Es war nicht möglich, Schlaf zu finden. Innerlich fühlte sie sich wie durch den Wolf gedreht.
Es gab den hellen Nebel nicht mehr an der alten Ruine. Sie wusste ja, dass er künstlich war. Und wahrscheinlich hatte Donald Carter auch jetzt dafür gesorgt. Gewissermaßen als kleiner Vorbote.
Und wenn nicht?
Woher, zum Teufel, war dann der Nebel gekommen ?
Rita fand keine Lösung, aber die Angst kroch immer stärker in ihr hoch, ebenso wie die Furcht vor dem kommenden Tag...
***
Donald Carter lag bäuchlings im Gras und wäre am liebsten im Erdboden verschwunden. Er hatte sich ein günstiges Versteck am Hang ausgesucht. Von hier aus konnte er das alte Gemäuer beobachten, und er wusste auch, dass dort das Böse lauerte.
Es hatte sich eingenistet. Es war alt, sehr alt, und vergessen worden, aber nicht von ihm. Ja, es hatte ihm Spaß gemacht, mit der Furcht der Menschen zu spielen, die dafür bezahlten. Da hatte er die Leute durch einige Tricks in Angst und Schrecken versetzt, doch das war vorbei.
Er hatte an diesem Abend noch mal den künstlichen Nebel ausgelöst. Das gehörte einfach dazu. Da wollte er den Leuten schon einen Abend vorher zeigen, was sie in der nächsten Nach erwartete.
Aber diesmal war alles anders gewesen. Zum ersten Mal war ihm das Grauen begegnet. Er hatte es mit eigenen Augen sehen können, weil es Gestalt angenommen hatte.
Es war ein Etwas, das sich auf zwei Beinen bewegte. Aber er hatte es wegen der schlechten Lichtverhältnisse nicht genau erkennen können. So wusste er nur, dass das Grauen Ähnlichkeit mit einem Menschen aufwies. Aber nur eine gewisse Ähnlichkeit. Er ging einfach davon aus, dass es kein Mensch war, sondern ein... ja, was war es denn?
Die Antwort kannte er nicht. Er lag nur im kalten Gras und schaute zu, wie das Wesen die alte Ruine verließ. Es ging weiter und suchte seinen Weg in der genau entgegensetzten Richtung, wo es dann von der Dunkelheit verschluckt wurde.
Der Hotelier hatte ihm zuerst folgen wollen, es dann jedoch gelassen, und er war froh über diese Entscheidung, denn den schrecklichen Schrei hatte er einfach nicht überhören können.
Er ging davon aus, dass es nicht die Kreatur gewesen war, die geschrien hatte, sondern ein normaler Mensch. Aber warum hatte er dermaßen laut geschrien?
Dafür gab es nur einen Grund. Er musste dem Wesen begegnet sein, und das hatte ihm den Rest gegeben.
Donald Carter wollte nicht mehr länger an seinem Platz liegen bleiben, sondern die unheimliche Gegend verlassen und sich in Sicherheit bringen. Die allerdings fand er nicht im Freien, sondern im Schutz seines Hauses, wo seine Frau bestimmt schon auf ihn wartete. Er hatte Rosali nicht gesagt, wohin er gehen wollte. Sie lebten fast nebeneinander her und hatten sich eigentlich persönlich nicht viel zu sagen. Doch bei einem bestimmten Punkt waren sie sich schon einig: Auch Rosali war klar, dass etwas in der Ruine hauste, dass mit normalen Worten nicht zu erklären war.
Donald zog sich wieder zurück. Er ging nicht aufrecht, sondern sehr geduckt. Erst als er eine gewisse Distanz überwunden hatte, richtete er sich auf, und er fand auch die Stelle, wo er sein Fahrrad abgestellt hatte. Er schwang sich in den Sattel und rollte über den unebenen Boden hinweg in Richtung Gasthaus.
Selten war er
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