Das Grab des Herkules
entsetzt und nahm einen Schluck von seinem Drink. »Ganz ehrlich?«
»Vielleicht solltest du besser für die IBAK arbeiten«, schlug Nina vor. »Da ist die Bezahlung zwar nicht so gut, aber ich glaube, bei den Sitzungen ging es noch nie um Pläne zur Erlangung der Weltherrschaft.«
»Und jetzt ist er tot?«, fragte Trulli.
»Ja«, antwortete Chase. »Meine Exfrau hat ihm in den Rücken geschossen.«
»Wow. Nur gut, dass du sie nie richtig auf die Palme gebracht hast, Mann.«
»Ach, wenn sie mitkriegt, dass wir noch leben, wird sie bestimmt stocksauer sein«, sagte Nina. »Zumal wenn es uns gelingen sollte, ihre Atombombe aufzuspüren.«
Trulli hätte sich beinahe an seinem Lagerbier verschluckt. »Atombombe?«, keuchte er.
»Sachte, sachte«, meinte Chase warnend und blickte sich vorsichtig um. Zum Glück zeigte keiner der Abendgäste besonderes Interesse an ihnen. Leiser fuhr Chase fort: »Aber ja, sie hat eine Atombombe. Deshalb müssen wir Sophia finden, wenn wir an die Bombe rankommen wollen. Hast du eine Ahnung, wo sie sein könnte?«
»Wir glauben, sie könnte sich in Corvus’ Haus aufhalten«, setzte Nina hinzu.
Trulli lächelte. »Also, wo das ist, weiß ich!«
»Du warst schon mal dort?«
»Ich hab’s gebaut ! Das ist der Testlauf für ein Unterwasserhabitat – deswegen hat René mich überhaupt eingestellt. Er wollte ein erweiterbares, modulares Habitat bauen, das auch noch in über dreißig Meter Tiefe funktioniert. Also von so was träumen die Meeresingenieure, seit sie das erste Unterseeboot gezeichnet haben, wisst ihr? Und er hat keine Kosten gescheut, sondern wollte das Projekt möglichst schnell verwirklichen, deshalb hab ich mich ohne Bedenken gleich reingekniet. Innerhalb eines Jahres haben wir einen Prototyp bauen lassen und in Betrieb genommen.« Seine Begeisterung verflüchtigte sich. »Also, wenn ich gewusst hätte, was er damit vorhat, hätte ich natürlich weniger Eile an den Tag gelegt.«
»Ich muss da rein«, sagte Chase. »Und zwar schnell. Zum Beispiel heute Nacht noch. Kannst du uns helfen?«
Trulli verzog gequält das Gesicht. »Deine Ex scheint mir nicht der Typ zu sein, der sich was aus experimentellen U-Booten macht, also bin ich meinen Job wahrscheinlich eh los. Und die Vorstellung, dass irgendwo eine Atombombe hochgehen könnte, gefällt mir auch nicht, also …« Er nahm einen großen Schluck Bier. »Ich bin dabei. Was brauchst du?«
»Ein Boot und eine Tauchausrüstung. Und ich muss wissen, wie ich in das Ding reinkomme.«
Trulli lächelte. »Damit kann ich dienen, Mann.«
Trullis Boot war wesentlich kleiner und unkomfortabler als Corvus’ Yacht, brachte sie aber in flottem Tempo von Marsh Harbour zu dem vor der Insel Great Abaco gelegenen Habitat.
Das Habitat war eine von Menschenhand erbaute Insel unter den zahllosen natürlichen Inseln der Bahamas. Wie ein Eisberg, dessen größter Teil unter Wasser liegt, ragte sie aus dem Meer. Die hell erleuchtete flache Oberseite diente als Landeplatz für Helikopter – oder auch für exotischere Flugzeuge, wie ein Blick durch das Fernglas ergab. »Du meine Fresse«, sagte Chase.
Nina tippte ihm auf den Arm, und er reichte ihr das Fernglas. »Was ist das denn?«, fragte sie.
»Ein Kipprotor«, antwortete Chase. Auf der Landeplattform stand eine Bell 609 in Corvus’ Firmenfarben Rot und Blau. Der Rumpf ähnelte dem eines normalen Flugzeugs, doch die Ähnlichkeit endete bereits mit den Flügeln. An jedem Flügelende der Bell saß ein knollenförmiges schwenkbares Triebwerk, derzeit in vertikaler Position befindlich, über dem ein geradezu lächerlich großer Propeller aufragte. »Das ist die Zivilversion des Osprey, eine Art Kreuzung zwischen Flugzeug und Hubschrauber. Die Propeller weisen nach oben, sodass die Maschine senkrecht starten und landen kann. In der Luft neigten sich die Propeller, dann fliegt sie wie jedes andere Flugzeug auch«, erläuterte Chase.
Nina gab ihm das Fernglas zurück. »Also, dann ist Sophia wahrscheinlich zu Hause. Die Frage ist nur, wie lange wird sie bleiben?«
»Möglicherweise mehrere Wochen«, antwortete Trulli. »Das Habitat verfügt über eigene Stromgeneratoren – wir testen gerade Wind- und Wellengeneratoren, außerdem gibt es an Bord noch Dieselaggregate – und eine Süßwassergewinnungsanlage. Sophia könnte so lange bleiben, wie der Proviant reicht.«
»Ich glaube nicht, dass sie einen längeren Aufenthalt plant«, sagte Chase und schloss die Hände um das
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