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Das Grab des Salomon

Das Grab des Salomon

Titel: Das Grab des Salomon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel G Keohane
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neuerlich tief Luft und spürte, wie er sich allmählich entspannte. Konfrontationen fielen ihm nie leicht. Und bei dieser speziellen Konfrontation war er nicht einmal sicher, worum es eigentlich gegangen war.
    Nicht wirklich.
    Seine nervliche Belastung, seine Albträume, all das hatte nichts mit dem Verschwinden von Pastor Hayden zu tun. Dennoch war das Gespräch irgendwie in diese Richtung abgedriftet. Nicht zum ersten Mal fragte sich Nathan, ob er tatsächlich bereit dafür war, selbst eine Kirche zu leiten.
    Er nahm davon Abstand, noch jemanden anzurufen. Offenbar hatte ihn die Neuigkeit stärker verstört, als ihm bewusst gewesen war. Bestimmt ging es Hayden gut; wahrscheinlich war er lediglich vor Verwirrung durch seine neue Umgebung davongelaufen. Er würde wieder auftauchen. Das musste er. Am nächsten Morgen würde Nathan so viele Leute anrufen, wie nötig waren, um die Wahrheit in Erfahrung zu bringen.
    Eine Weile blieb er noch sitzen und ließ sein erschüttertes Nervenkostüm zur Ruhe kommen, dann stand er auf, schaltete die Schreibtischlampe aus und drehte das Licht in der Küche ab, bevor er nach oben ging. Dabei dachte er über Vincents Frage nach seinen Träumen nach. Und an den Tag auf dem Friedhof, als er sich danach erkundigt hatte, ob Nathan ein bestimmtes Grabmal ins Auge gesprungen sei. Tarretti wusste mehr, als er zugab. Nathans seltsame Visionen über die Engel aus Stein. Haydens Verschwinden.
    Doch es gab keine logische Verbindung. All diese Ereignisse konnten nichts miteinander zu tun haben.

Kapitel Neunundzwanzig
    Vincent Tarretti blieb noch lange, nachdem Dinneck das Gespräch beendet hatte, am Küchentisch sitzen. Er zitterte. Irgendetwas ging vor sich. Worum es sich auch handeln mochte, etwas geschah.
    Hayden war verschwunden.
    Ruth Lieberman hatte ihm zahlreiche willkürliche Fakten mitgeteilt, bevor sie acht Wochen nach Vincents Ankunft in der Stadt an Krebs gestorben war. Es gab bestimmte Regeln, die Gott für die Handhabung und den Transport der Bundeslade aufgestellt hatte. Regeln, die bis zum heutigen Tage nicht gebrochen werden durften. Eine davon lautete, dass sie nur von Priestern bewegt werden durfte, von Gott geweihten Menschen. In der Bibel fanden sich Beispiele, bei denen dies ignoriert worden war. Die Betroffenen waren schlagartig gestorben. Vincent wusste nicht, ob sich ein Teil der Regeln in diesem modernen Zeitalter geändert hatte. Laut den teilweise uralten Schriften in der Kassette unter den Bodenbrettern jedenfalls nicht. Viele, besonders die älteren, waren nicht auf Englisch verfasst. Es handelte sich um gekritzelte Notizen in Französisch, Russisch (so sah es für Vincent zumindest aus, sicher konnte er nicht sein), Hebräisch und Latein. Fallweise pflegte Vincent Wörterbücher zur Hand zu nehmen und zu versuchen, willkürlich Sätze in etwas zu übertragen, das er verstehen konnte. Die meisten erwiesen sich als tagebuchartige Notizen ähnlich den seinen. Andere stellten, soweit er es anhand seiner groben Übersetzung beurteilen konnte, Chroniken über die plötzliche Entdeckung des lange verborgenen Verwahrungsorts der Bundeslade dar. Er hob seine Übersetzungen in den Büchern auf und beabsichtigte, nach und nach alle Texte zu übertragen, allerdings kam er durch seine alltäglichen Aufgaben nur langsam damit voran. Vielleicht würde der Nächste, den Gott dazu auserkor, Vincent eines Tages zu ersetzen, es weiter versuchen.
    Ein wiederkehrendes Thema jedoch war, dass es am besten wäre, das Schicksal nicht herauszufordern, zumal Gott selbst dadurch in Frage gestellt werden könnte. Vincent war kein Priester. Nur wenige in der Stadt fielen in diese Kategorie. Pater Carelli von der Saint-Malachy-Kirche, Nathan Dinneck und Ralph Hayden.
    Nun war Hayden verschwunden. Vincent verspürte den überwältigenden Drang, quer durch die Stadt zur Greenwood Street zu hetzen, um sich – erneut – davon zu überzeugen, dass niemand das Grabmal geöffnet hatte. Falls Hayden vom Herrn dazu auserkoren war, den Schatz zu verlagern, stünde es Vincent nicht zu, ihn aufzuhalten. Allerdings war der Geistliche so alt, und das Grab war zumindest bis Montagmorgen nicht angetastet worden. Vincent dachte an Peter Quinns Interesse an der Abreise des Pastors zurück. Selbiges Interesse hatte Vincent überhaupt erst dazu verleitet, das Grab zu überprüfen.
    Hayden ist ein Ablenkungsmanöver.
    Der Gedanke fühlte sich dermaßen wahr an, dass Vincent erneut jene Dringlichkeit verspürte.

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