Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan
Stecken, das sagt mir mein Bauch. Aber alles, was wir im Augenblick haben, sind reine Indizien. Seine Ehe mit Marilyn Keiser. Sein bekannter Alias-Name Keith im Kontobuch der Villejoins. Dass Florian Grellier ihn als den Typen identifizierte, der über Christelies Leiche plapperte. Dass er in der L' Auberge des Neiges arbeitete, als Jurmain verschwand.«
»Auch aus Indizien lässt sich ein Fall machen.«
»Eindrücke. Die Aussage eines verurteilten Verbrechers.
Adamskis Vorstrafenregister.« Ryan schnaubte. »Die Geschworenen wollen materielle Beweise. Bis jetzt haben wir gar nichts.«
»Du findest schon noch was.«
»Wir suchen Keisers Hütte noch einmal nach versteckten Fingerabdrücken ab, befragen Nachbarn und Ladenbesitzer in der Umgebung, um herauszufinden, ob sich irgendjemand dran erinnern kann, dass er Adamski Kerosin kaufen gesehen hat. Wir gehen in Pointe-Calumet von Tür zu Tür, zeigen sein Foto noch einmal rum. Die Villejoins sind eineinhalb Jahre kalt, Jurmain über drei. Es ist schwierig.«
»Dann kriegst du eben ein Geständnis.«
»Genau das haben wir vor, Ma'am. Claudel wird Adamski im Flugzeug Honig ums Maul schmieren. Wenn wir ihn bearbeiten, wird er den guten Bullen spielen. Und ich dresche dann mit dem Kantholz auf ihn ein.«
»Schlechte Rollenbesetzung.«
»Hey, der Emmy gehört schon so gut wie mir.«
Nach dem Abschalten saß ich da und starrte den Babyzahn an. Wie hatte ich die Verfärbung übersehen können?
Ich schob alle drei Zähne in das Röhrchen zurück, ging zum Fenster und schaute hinaus.
Ich hatte sie tatsächlich nicht gesehen. Blöd. Blöd. Blöd.
Ich sah einen Kahn still den Fluss hochgleiten, doch mein Hirn verarbeitete nicht so recht, was ich sah.
Briel hatte sie gefunden.
Moleküle einer Idee verschmolzen miteinander. Lösten sich wieder auf. Lac Saint-Jean. Rivière Saint-Laurent.
Der Fluss zwölf Stockwerke unter mir sah grau und abschreckend aus. Tief. Unnachgiebig.
Die Idee nahm Gestalt an.
Adamskis Leiche wurde nie gefunden. Die Gouvrards wurden nie gefunden.
Lagen noch andere in vergessenen, nassen Gräbern? Ich ging zum Computer und rief Wikipedia auf.
Ich erfuhr, dass der Lac Saint-Jean ein durch einen Kometeneinschlag entstandener Kratersee in den Laurentian Highlands ist, etwa zweihundert Kilometer vom Saint Lawrence River entfernt, in den er über den Saguenay River abfließt. Der Lac Saint-Jean bedeckt etwa tausend Quadratkilometer und ist an seiner tiefsten Stelle dreiundsechzig Meter tief.
Eine schnelle Umrechnung. Ungefähr vierhundert Quadratmeilen mal zweihundert Fuß Tiefe. Das ist eine ganze Menge Wasser.
Ich recherchierte eine Nummer. Wählte.
Arbeitete mich durch eine erstaunliche Menge an Alternativen, die von einer Automatenstimme angeboten wurden.
Als sich schließlich eine nette Dame meldete, stellte ich meine Frage. Sie bat mich, einen Augenblick zu warten.
Ich wartete.
Nach einer Weile meldete sich die nette Dame wieder.
Sie hatten eine Quelle, die mir vielleicht weiterhelfen konnte. Alles andere als optimistisch, machte ich mich auf den Weg. Montreal hat viele Bibliotheken, sowohl englische wie französische. Die Bibliothèque et Archives nationales du Québec, oder Grande Bibliothèque, ist die neueste, die im April 2005 eröffnet wurde. Gelegen am Boulevard de Maisonneuve, in der Nähe des Campus der Université du Québec à Montréal beherbergt der riesige Glas- und Stahlbau Quebecs größte Sammlung von neuen, seltenen und alten Ausgaben, Multimedia- Dokumente, Nachschlagewerke, Karten und Drucke. Auditorium. Ausstellungssaal. Café. Bien sûr. Alles da für Sie in der BANQ.
Gemäß der Beschreibung der netten Dame stieg ich in den ersten Stock, ging in den Nordflügel und durch eine Tür mit der Aufschrift Collection nationale. Ich stellte mich an eine Empfangstheke und bat um Hilfe.
Die Hände in die knochigen Hüften gestemmt, hörte sich eine nicht so nette Dame meine Bitte an, und ihr Stirnrunzeln wurde mit jedem meiner Worte tiefer. Als ich fertig war, sagte sie, ich müsse mir eine Bibliotheksmitgliedschaft besorgen. Als ich mit der Karte in der Hand zurückkehrte, deutete sie zu einer Reihe von Mikrofilm-Lesegeräten und befahl mir zu warten.
Zehn Minuten später kam sie mit einem Plastikkorb voller kleiner grauer und gelber Kästchen zurück. Mit einer Miene gotischer Düsternis fragte sie mich, ob ich wisse, wie man den Film ins Gerät einfädelt.
Ich versicherte ihr, dass ich praktisch ein Diplom in
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