Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan
Rose Jurmain habe ich noch nie gehört.« Adamskis Blick war jetzt auf die Tischplatte fixiert.
»Darüber können wir reden.«
Schweigen summte aus dem Lautsprecher. Eine Minute. Zwei.
Über Adamskis Kopf wechselten die Detectives erwartungsvolle Blicke.
Ich hielt den Atem an. Wie Claudel und Ryan wusste ich, dass Adamskis nächste Äußerung zeigen würde, ob das Rollenspiel zwischen guter Bulle und böser Bulle erfolgreich gewesen war. Ich will einen Anwalt? Ich wollte das doch nicht tun?
Langsam hob Adamski den Kopf. Als er den Mund aufmachte, wandte er sich direkt an Claudel.
»Ich sage keinen Ton, solange mir dieser Wahnsinnige im Nacken sitzt.«
35
Es wurde eine Nacht schlechten Kaffees, getrunken auf Folterinstrumenten von Stühlen. Ryan und ich beobachteten Adamski/Keith/O'Keefe auf dem Bildschirm, und zwei Türen weiter griff Claudel tief in seine Trickkiste.
Die Geschichte kam nur langsam heraus, während Claudel den Mitfühlenden spielte und Adamski hin und her sprang zwischen Prahlen und Jammern.
Um zwei hatte er Marilyn Keiser zugegeben. Um vier waren es dann die Villejoins.
Die Geschichte des Mistkerls ging so: Adamskis Bootsunfall war tatsächlich passiert. Nach dem Kentern schaffte er es, sich ans Ufer zu retten. Während er trief nass und erschöpft dalag, hatte er eine Erleuchtung. Sein gegenwärtiges Leben widerte ihn an. Da er Anwälte und Papierkram verabscheute, beschloss er, sein Missgeschick in einen Vorteil zu verwandeln.
Nachdem er seine Habseligkeiten im See verstreut hatte, fuhr Adamski per Anhalter nach Nova Scotia. In Halifax suchte er sich einen Geschäftskollegen, investierte in eine neue Identität und suchte sich saftigere Weiden südlich der Grenze.
Das Leben in Amerika war nicht der Traum, den Adamski sich vorgestellt hatte, und so kehrte er 2006 nach Quebec zurück. Unter einem alten Alias-Namen, Bud Keith, bekam er den Küchenjob in der L'Auberge in der Nähe von Sainte-Marguerite. Während seiner Zeit dort wanderte eine alkoholisierte alte Dame davon und verschwand.
Da es ihm nach einer Weile zu langweilig wurde, Essensreste von Tellern zu kratzen und Töpfe zu schrubben, machte Adamski sich auf zu den hellen Lichtern Montreals. Noch immer unter dem Namen Bud Keith lernte er eine Kellnerin namens Poppy aus Saint-Eustache kennen. Bald wohnten die beiden zusammen.
Zuerst lief alles bestens. Doch schon bald begann Poppy, an Adamski herumzunörgeln, er solle doch auch zum Lebensunterhalt beitragen. Sie bot ihm die Benutzung ihres Hondas an und schlug vor, er solle von Tür zu Tür gehen und Handwerkertätigkeiten anbieten.
Adamski verbrachte den ersten Teil des 4. Mai in einer Bar, trank Bier und diskutierte die Vorzüge persönlicher Freiheit im Gegensatz zu einem freien Dach über dem Kopf und immer verfügbarer Muschi. Dann fuhr er, vollgepumpt mit Moosehead und Selbstmitleid auf der Route 344 nach Pointe-Calumet und suchte sich dort ein Haus mit einer abgestorbenen Kiefer im Garten aus. Anne-Isabelle, sein erstes Opfer, war mit seinem Baumfällvorschlag einverstanden und bezahlte ihn dann bar aus einer Haferflocken-Blechdose, die sie in ihrer Vorratskammer hatte.
Da es ihn ärgerte, dass die Arbeit länger als erwartet gedauert hatte, verlangte er mehr als die ursprünglich vereinbarte Summe. Anne-Isabelle weigerte sich. Ein Streit entstand, der damit endete, dass Adamski den Stock der alten Frau packte und sie erschlug.
Christelle, die das Durcheinander gehört hatte, kam dazu, um nachzusehen. Außer Kontrolle vor Wut verlangte Adamski mehr Geld. Als Christelle eine Bankkarte hervorzog, schob Adamski sie in Poppys Honda, fuhr in die Stadt und zwang sie, eine Abhebung zu machen.
Aber die Zeit hinter dem Steuer hatte ernüchternde Wirkung auf ihn. Nun hatte er Angst, zu anderen Geldautomaten zu fahren, wie er es ursprünglich vorgehabt hatte, und auch Angst, nach Pointe-Calumet zurückzukehren, und so hielt er zwischendurch an und kaufte sich einen Spaten. Dann fuhr er nach Oka und tötete und vergrub Christelle dort.
Anschließend warf Adamski die Bankkarte weg, schrubbte den Honda sauber und fuhr schnurstracks zu Poppys Wohnung in Saint-Eustache zurück. Einige Monate lang machte er Handlangerarbeiten, verfolgte die Berichterstattung über die Villejoin-Ermittlungen und hielt sich bedeckt.
Je mehr Zeit verging, ohne dass das Gesetz bei ihm an die Tür klopfte, umso zuversichtlicher wurde er, dass er mit den Morden davonkommen würde. Und wie es seinem
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