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Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Das Grab ist erst der Anfang: 12. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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erinnerte ich mich an meine Unterhaltung mit Solange Duclos. An ihren »Spinnen«-Backenzahn aus Bergerons Schale. Die winzigkleine Spinne krabbelt in die Regenrinne. Ich fand das damals nicht sehr amüsant. Ein Zeichen, dass ich langsam alt wurde? Meine Vorstellungskraft verlor? Oder meine Fähigkeit zu lachen?
    Professionell zu funktionieren?
    Verdammt, nein. Ich hatte den Zahn nicht wirklich untersucht.
    Der Zahn. Die Schale.
    Ich stellte mir die »Spinne« winzigklein in der Luft vor. Meine Augen schlossen sich.
    Und sprangen auf.
    Carabellis Höcker!
    Ich schnappte mir meine Schlüssel, rannte zum Lagerraum, schloss den Schrank auf und holte Bergerons Schale mit dentalem Unterrichtsmaterial heraus.
    Zurück zu meinem Schreibtisch, um den Inhalt zu durchsuchen.
    Die Sammlung enthielt zwölf Babyzähne: acht Schneidezähne, drei Eckzähne und Duclos' »Spinnen«-Zahn, einen ersten Backenzahn von oben rechts.
    O Mann. Der Backenzahn hatte einen Carabelli-Höcker. Ich trug ihn zu einer fest auf die Arbeitsplatte montierten Lupe. Ich drehte eben den Backenzahn und studierte alle Oberflächen, als die Tür aufging und sich mit einem Klicken wieder schloss.
    Ich schaute hoch. Joe.
    Viel zu aufgeregt für eine Unterhaltung, drehte ich mich wieder der Lupe zu, weil ich hoffte, wenn auch nicht wirklich erwartete, endlich zu finden, was ich brauchte.
    Ich wollte eben schon aufgeben, als mir ein winziger, stumpfer Fleck ins Auge stach, weniger eine Verfärbung als eine leichte Abflachung des Schmelzes.
    Ja. Eine Abnutzungsfacette.
    Nachdem ich den Zahn in ein Röhrchen gesteckt hatte, suchte ich mir eine Nummer aus meiner Handyliste und wählte.
    »Anthropologische Fakultät.«
    »Miller Barnes bitte.«
    Eine Stimme antwortete, so breit und flach wie die Prärie in Kansas.
    Ich sagte Hi. Miller sagte Hi. Wir meinten beide, dass es schon lange her sei. Miller erkundigte sich nach Katy. Ich erkundigte mich nach seiner Frau. Schließlich konnte ich meine Frage vorbringen.
    »Gibt es auf dem McGill-Campus ein Raster-Elektronenmikroskop?«
    »Die Maschinenbauer haben eins. Was brauchst du?« Ich erklärte es.
    »Wann brauchst du es?«
    »Gestern.«
    Miller lachte. »Ich spiele mit einem der Jungs dort Raquetball. Kriege immer den Arsch versohlt. Das sollte uns weiterhelfen.«
    Ich ging auf und ab, nagte an den Fingernägeln.
    Joe warf neugierige Blicke in meine Richtung. Ich ignorierte ihn. Würde ihm wieder Plätzchen kaufen.
    Eine Ewigkeit später klingelte das Telefon.
    »Schon mal Der Preis ist heiß angeschaut?«
    »Irgendwann im Pleistozän.« Quizsendungen? »Kommen Sie runter!« Er äffte den Moderator nach.
    Ich schloss Briels Ziploc-Beutel in meinen Schreibtisch und Bergerons Schale in ihrem Schrank ein und steckte mir das Röhrchen mit Duclos' »winzigkleine Spinne«-Zahn, einen ersten Backenzahn oben rechts, sowie das Röhrchen mit den Zähnen des jüngsten Kindes vom Lac Saint-Jean in die Tasche. Dann schnappte ich Jacke und Handtasche und rannte zur Tür hinaus.
    Die McGill University liegt im Herzen von centre-ville, einen Parkplatz zu finden ist also ungefähr so, als wollte man atomaren Müll deponieren. Hier bitte nicht.
    Nach drei Runden die University hoch und durch ein Viertel mit dem Spitznamen McGill Getto entdeckte ich eine Möglichkeit. Nach fünf Minuten Bandenspiel mit den Stoßstangen der Nachbarautos schaffte ich es, den Mazda in eine Lücke zu bugsieren, in der vorher wahrscheinlich ein Roller gestanden hatte.
    Ich stieg aus. Die Fahrzeuge vor und hinter mir hatten fast einen halben Meter Spielraum.
    Nicht schlecht, Kleine.
    Der Himmel war Zinn, die Temperatur minimal gestiegen.
    Feuchte Luft lastete auf der Stadt wie eine schwere, nasse Bettdecke.
    Als ich den Campus durch das Osttor betrat, fing es an zu schneien. Fette Flocken rieselten träge zur Erde. Die meisten schmolzen beim Kontakt mit dem Pflaster, wenige blieben liegen, hatten aber wenig Lust, sich mit anderen zu vereinigen.
    Den Innenhof säumten hohe Steingebäude, im Karree von der Sherbrooke zur Docteur Penfield, grau und mächtig wie der Mont Royal hinter ihnen. Studenten liefen über die Wege, die Schultern vorgezogen, Köpfe und Rucksäcke mit Schneehäubchen bedeckt.
    Das schicke neue Wong Building direkt vor mir sah kantig und nackt aus, ein Musterbeispiel moderner Effektivität. Strathcona, eine strengere Vision aus einer anderen Zeit. Als die Architekten es im späten neunzehnten Jahrhundert erbauten, hatten sie sich nicht

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