Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)
Thekenkraft auf der Liste der Druckkammer-Bediensteten gewesen, die den entscheidenden Tipp hatte liefern können. Isabell Sand, kurz Ina genannte, hatte von Freitag auf Samstag den A-Tresen – es gab insgesamt drei davon – unter ihrer Fittiche, als Sebastians Freundin mit Schrecken feststellte, nicht genug Bares für ihren letzten Caipi einstecken zu haben. Da diese aber Stammgast und von Ina als ehrlich und solvent eingestuft wurde, durfte sie ausnahmsweise einen Deckel machen. Ina war lange genug dabei, um sich über Disco-interne Vorschriften hinwegzusetzen. Sebastians Freundin hatte sogar zur Sicherheit ihre Visitenkarte dagelassen und gleich in der nächsten Nacht ihre Schulden beglichen. Zum Glück für den ermittelnden Beamten befand sich die Visitenkarte noch immer in einer Schublade und die Kripo hatte leichtes Spiel.
Nun saß Dora Rutke mit Oberkommissar Schmidt-Schmitt und dessen Assistent Hajo in einem Vernehmungszimmer des Frankfurter Polizeipräsidiums. Sie war freiwillig hier. Rein optisch wirkte sie mit ihren kornblumenblauen Augen, ihrer schwarzen Pagenfrisur und ihrem makellosen Körper, dezent in Jeans und weißem Shirt gekleidet, wie eine harmlose, kein Wässerchen trüben könnende Geologie-Studentin. So weit, so gut.
Kurze Zeit später war gar nichts mehr gut. Bereits bei der Personalienaufnahme hatte sie ihren Namen mit Dora loca angegeben.
Ob sie denn inzwischen geheiratet habe, intervenierte Hajo, und jetzt nicht mehr Rutke heiße.
„Doch, doch, Rutke schon, aber verheiratet trotzdem. Und zwar mit der ganzen Welt.“ Das sei doch viel schöner so und obdas Leben nicht generell schön sei. Und loca würden all ihre Freunde sie nennen.
An diesem Punkt waren Hajo und Schmidt-Schmitt noch recht guter Dinge. Und wollten auf Sebastian deWitte zu sprechen kommen.
„Ach der“, klar sei das ihr Freund. Auch. Aber da habe sie ganz viele. Und Sebastian sei ganz besonders süß. „Zuletzt gesehen? Oh, da muss ich überlegen.“ Welcher Tag denn heute sei. „Montag schon. Wieso Montag schon?“
Ihre Augen richteten sich an die Wand, durchbohrten sie und landeten wohl auf einem blühenden Mohnblumenfeld. Dora strahlte wie ein AKW. „Dann habe ich Sebastian zuletzt gesehen am … nein, doch, Dienstag … nein, Sonntag.“
Hajo: „Gestern also.“
„Nein, gestern doch nicht. Gestern war ich mit … nein, das war nicht gestern.“
Schmidt-Schmitt flüsterte Hajo ins Ohr, dass die Tussi wohl nicht ganz bei Trost sei. Etwas lauter: „Also, gestern. Sebastian oder kein Sebastian? Gestern.“
Woher sie das denn wissen solle. „Ich bin doch nicht sein Kindermädchen. Hach, Kindermädchen. Ich war mal als Au-pair in Kanada. Waren Sie schon mal in Kanada?“
Hajo verneinte.
„Müssen Sie unbedingt mal hin. Die Spanische Treppe, hach. Wunderschön.“
Diesmal Hajo zu Schmidt-Schmitt, flüsternd: „Ein Faszinosum, diese Frau.“
Der Oberkommissar: „Ja, nach dem Motto: Welche Droge passt zu mir?“
Dora loca malte das römische Leben in kräftigsten Farben aus. „Und so viele nette Leute dort, hach.“
Nach weiteren fünf Minuten, in denen Dora sämtliche Fantasiedimensionen gesprengt und die beiden Kripoleute so schlau wie vorher waren, brach man die Befragung ab. Sollten sich dochmit Dora Rutke-loca und ihrem irrlichternden Charakter andere beschäftigen.
Schmidt-Schmitt wirkte gar arg zerstreut, als er mit Hajo zu den Kollegen stieß, die die Szene durch den Spiegel mitverfolgt hatten und sich mächtig einen abgrinsten.
Der Chef des Ermittlungsteams: „Peter, lass doch mal den Psychologen kommen. Vielleicht kann der uns sagen, was da los ist. Und, Buddy, sieh zu, dass du diese … diese Isabell Sand noch mal erwischst. So geht das hier nicht.“
Allerdings war Isabell Sand den ganzen restlichen Tag nicht auffindbar. In ihrer Wohnung war sie jedenfalls nicht.
Am Abend war Herr Schweitzer fit wie ein Turnschuh und spielte mit der schwarz-weißen Hauskatze Pepsi eine Runde Wollknäuelfangen. Das heißt, die Katze tollte durchs Wohnzimmer, während er vom Sofa aus die Fäden zog.
Seine Freundin hatte es sich mit einem Buch im Sessel gemütlich gemacht. Herrn Schweitzer war es nicht nach Lektüre, dazu war er zu hibbelig. Seine Gedanken wanderten sowieso alle paar Sekunden zur Leiche aus dem Bembelparadies.
So traf es sich prima, dass sein Kumpel Schmidt-Schmitt anrief und fragte, ob er Lust habe, im Weinfaß ein wenig zu plaudern. Sebastians Freundin sei aufgetaucht und er,
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