Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)
Hemden, Blusen und Shirts an den durchtrainierten Astralkörpern der Ausschließlich-mit-sich-selbst-Beschäftigten. Es war allerdings erst ein kleiner Haufen, der sich so früh hier schon tummelte, sieben Zehntel der Tanzfläche war noch leer. Doch die Stimmung war schon großartig. Sich auszumalen, was hier am Wochenende abging, sprengte seine Vorstellungskraft. Bumm-bumm-bumm.
„Simon Schweitzer?!“, brüllte ihm jemand ins Ohr. Beim derzeitigen Lärm wirkte es wie ein Flüstern.
„Ja“, schrie er zurück, keinen blassen Schimmer habend, wer da was von ihm wollen könnte. Erst dann besann er sich auf seinen Auftrag und drehte sich um.
„Hallöchen. Ich bin Detlef, der Geschäftsführer. Komm, ich führe dich rum und zeig dir alles.“
Bei Detlef signalisierten Herrn Schweitzers Antennen immer sofort Alarmstufe Rot. Zumal Detlefs knallenge schwarze Lederhose jeden Augenblick die Nähte zu sprengen drohte. Er hörte bereits den kompletten Text.
Hi, ich bin Detlef, gurr. Ach, bist du schnuckelig, gurr. Zu mir oder zu dir, Simonchen? Gurr
.
Warum war dem so?, fragte sich Herr Schweitzer. Gab es in früheren Jahren mal einen Sketch über einen schwulen Detlef, der ihm entgangen war? Er folgte ihm die Stufen hoch. Doch ausgesprochen homosexuell wirkte dieser Detlef nicht. Eher so, als würde er jeden und alles bespringen.
Zum Henker mit meinen Vorurteilen, redete sich Herr Schweitzer gut zu. Als Detlef die samtbeschlagene Tür hinter sich zuzog, war es, als habe jemand den Stecker gezogen. Kein Laut drang ins Büro. Nur der Boden vibrierte.
„Soso, vom Sachsehäuser Käsblättche. Meines Wissens habt ihr noch nie was über uns gebracht, richtig?“
„Richtig. Aber ab sofort soll ein anderer Wind wehen. Melibocus will mehr … mehr Zeitgeist“, ließ Herr Schweitzer seiner Fantasie freien Lauf.
„Und dafür haben sie dich hier hergeschickt.“ Detlefs Augen glitten an ihm auf und ab. Offensichtlich suchte er Spuren von Zeitgeist.
„Genau. Mein Chef will fast eine ganze Seite haben. Fotos inklusive“, spann er den Faden weiter.
„Na, das ist aber fein“, erklärte Detlef und kramte in einem Bastkörbchen, das auf einem ausladenden Schreibtisch stand. „Für solche Fälle haben wir was vorbereitet. Wo ist sie bloß, verdammt?“
Nach 20 Sekunden intensiven Suchens hielt Detlef eine CD in Händen. „Uff, hier ist sie. Ich dachte schon, ich müsste noch mal nach Hause.“ Er gab sie Herrn Schweitzer. „Darauf sind ungefähr 50 professionelle Aufnahmen von der Druckkammer. Und hier“, er überreichte ihm einen braunen DIN-A4-Umschlag, „ein kleiner geschichtlicher Abriss über den Schuppen. Journalisten machen sich nämlich oft Notizen, die sie dann später selbst nicht mehr entziffern können. Was haben wir schon alles für einen Unfug über uns lesen müssen. Ich kann dir sagen! Aber du schaust mir nicht aus wie einer, der seinen Job nicht ernst nimmt.“
Herr Schweitzer wollte gerade seine Stirn in Falten legen, riss sich aber rechtzeitig am Riemen. Wenn Detlef in ihm einen ausgebufften und seriösen Journalisten sah, dann bitteschön, nichts dagegen. Dafür war ja das ganze Theater gedacht. „Oh, super. Ich will aber selbst noch ein paar Fotos schießen, wenn’s geht.“
„Ei logo, Simon. So soll es sein, und dann die besten auswählen.“ Jovial legte sich Detlefs Arm auf seine Schulter. „Du machst das schon.“
„Ich hab gehört, ihr habt hier drei verschiedene Theken. Ist das nicht ein bisschen viel?“, kam Herr Schweitzer auf das zu sprechen, was ihn eigentlich hierhergetrieben hatte. Isabell Sand und Dora Rutke. Diese zwei Namen hatte er sich natürlich gemerkt.
„I wo. Zwei sind direkt im Hauptsaal und wenn hier der Laden brechend voll ist, gehen stündlich für mehrere tausend Euro Getränke raus.“
„Und der A-Tresen?“, fragte er aufs Geratewohl. Schließlich wusste er von Schmidt-Schmitt, wo Isabell Sand bediente.
„Der ist hinten. Unser Chill-out-Room. Neudeutsch. Ruheraum früher. Aber das weißt du sicherlich.“
„Cool.“ Auch Herr Schweitzer konnte Neudeutsch. Er kannte noch
Echt krass, Alter
. Aber das passte gerade nicht.
„Komm, ich zeig ihn dir. Dort ist um diese Zeit kaum was los. Erst später, wenn die Leute groggy sind.“
Er folgte Detlef abwärts.
Und dann war die Überraschung groß. Der Chill-out-Room war in der Tat so gut wie leer. Aber zwei Herrschaften standen am Tresen und unterhielten sich mit der Dame dahinter. Hajo und
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