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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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zuhörte. Nur der alte Küster, der im Kellergeschoß der Kirche wohnte, kümmerte sich um ihn, und Poster begab sich einmal wöchentlich ins Dorf, um in den wenigen verbliebenen Geschäften Vorräte einzukaufen. Er verbeugte sich nicht mehr demütig vor jedem, dem er begegnete, sondern schien vielmehr von einem dämonischen, kaum verhohlenen Haß erfüllt. Er sprach mit niemandem, außer wenn es sich bei seinen Einkäufen nicht vermeiden ließ, und schielte bösartig nach links und rechts, wenn er mit seinem Stock über das unebene Pflaster tappte. Er war vom hohen Alter gebeugt und verschrumpelt, und man spürte förmlich seine Nähe, so stark war die Persönlichkeit des Menschen, der, wie die Dörfler meinten, Vanderhoof dazu gebracht hatte, sich dem Teufel zu unterwerfen. Niemand in Daalbergen bezweifelte, daß Abel Fester all das Unglück über das Dorf gebracht hatte, aber keiner wagte ihm auch nur ein Haar zu krümmen, denn es gab niemanden, der in seiner Nähe nicht vor Angst zitterte. Sein Name wurde genau wie der Vanderhoofs nie laut erwähnt. Nur im Flüsterton wurde über die Angelegenheit mit der Kirche hinter dem Moor gesprochen, und wenn ein solches Gespräch bei Nacht stattfand, blickten die Leute dabei immer wieder einmal über ihre Schulter, um sich zu überzeugen, daß auch keine unheimlichen Schattengestalten im Dunkeln lauerten und ihre Worte belauschten. Der Kirchhof war so grün und schön wie zu der Zeit, als die Kirche noch in Gebrauch gewesen war, und die Blumen an den Gräbern waren genauso sorgfältig gepflegt wie ehedem. Gelegentlich konnte man den alten Küster dort bei der Arbeit sehen, ‘so als würde er für seine Dienste immer noch entlohnt, und diejenigen, die sich in seine Nähe wagten, erzählten, er unterhalte sich ständig mit dem Teufel und den Geistern, die in der Kirchhofsmauer wohnten. Eines Morgens, so erzählte Haines weiter, wurde Fester beobachtet, wie er ein Grab an der Stelle aushob, wo der Kirchturm am Nachmittag seinen Schatten wirft, bevor die Sonne hinter dem Berg untergeht und das ganze Dorf in Dämmerlicht getaucht wird. Später läutete die Kirchenglocke, die schon seit Monaten verstummt war, feierlich eine halbe Stunde lang. Bei Sonnenuntergang sahen mehrere Leute aus der Ferne, wie Foster mit einer Schubkarre einen Sarg aus dem Pfarrhaus auf den Friedhof schaffte, ihn ohne viel Federlesens in das Grab hinabließ und dieses wieder zuschüttete.
    Der Küster kam am nächsten Morgen ins Dorf, obwohl seit seinem letzten Einkauf noch keine Woche vergangen war, und schien besserer Laune als sonst zu sein. Er zeigte sich gesprächig und erwähnte nebenbei, Vanderhoof sei am Tag zuvor gestorben, und er habe ihn neben dem Grab von Dominie Slott an der Kirchenmauer begraben. Er lächelte ab und zu und rieb sich in unpassender und unverständlicher Freude die Hände. Es war offenkundig, daß er ein perverses und diabolisches Vergnügen über Vanderhoofs Ableben empfand. Die Dorfbewohner fühlten sich in seiner Nähe noch unbehaglicher als sonst und gingen ihm nach Möglichkeit aus dem Wege. Nun da Vanderhoof nicht mehr war, fühlten sie sich unsicherer denn je, denn jetzt konnte der alte Küster von der Kirche hinter dem Moor aus seinen schlimmsten Zauber über das Dorf bringen. In einer unverständlichen Sprache vor sich hinmurmelnd, machte sich Foster auf den Rückweg über die Straße, die durch den Sumpf führte.
    An diesem Tag erinnerte sich Mark Haines, daß Dominie Vanderhoof mich einmal als seinen Neffen erwähnt hatte. Deshalb schickte er mir den Brief, in der Hoffnung, ich würde etwas wissen, was zur Aufklärung des Geheimnisses der letzten Jahre meines Onkels beitragen würde. Ich mußte ihm jedoch sagen, daß ich nichts über die Vergangenheit meines Onkel wußte, außer daß meine Mutter ihn immer als einen wahren Riesen geschildert hatte, der jedoch nur wenig Mut und Willenskraft besitze.

    Nachdem ich mir alles angehört hatte, was Haines mir zu sagen hatte, senkte ich die vorderen Beine meines Stuhls auf den Fußboden ab und sah auf die Uhr. Es war schon spät am Nachmittag.
    »Wie weit ist es denn bis zu der Kirche?« erkundigte ich mich. »Ob ich es noch vor
    Sonnenuntergang schaffe?«
    »Aber junger Mann, Sie wollen doch nicht am Abend dorthin gehen! Doch nicht an diesen Ort!« Der alte Mann zitterte am ganzen Körper, erhob sich halb von seinem Stuhl und streckte seine magere Hand aus, wie um mich zurückzuhalten. »Das wäre ja schierer Wahnsinn!«

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