Das Grauen im Museum
draußen! Vielleicht ist er draußen!« Ich sah mich unwillkürlich um, halb und halb darauf gefaßt, eine gespenstische Gestalt die Treppe
heraufkommen zu sehen. »Wer ist vielleicht draußen?« fragte ich. »Vanderhoof!« kreischte er. »Das Kreuz über seinem Grab fällt in der Nacht immer um! Jeden Morgen ist die Erde locker, und es läßt sich immer schwerer reinstecken. Er wird rauskommen, und ich kann nichts dagegen tun.«
Ich drückte ihn auf seinen Stuhl zurück und setzte mich neben ihn auf eine Kiste. Er zitterte in höchster Todesangst, und der Speichel tropfte ihm aus den Mundwinkeln. Von Zeit zu Zeit empfand ich dieses unbestimmte Grauen, von dem Haines im Zusammenhang mit dem alten Küster erzählt hatte. Der Mann hatte tatsächlich etwas Unheimliches an sich. Der Kopf war ihm jetzt auf die Brust gesunken, und er schien etwas ruhiger und murmelte vor sich hin.
Ich stand leise auf und öffnete ein Fenster, um den Whiskeydunst und den modrigen Geruch der alten Gegenstände zu vertreiben. Ich konnte von diesem Fenster aus gerade auf Dominie Vanderhoofs Grab hinuntersehen und blinzelte ein paarmal, weil ich meinen Augen nicht traute. Das Kreuz stand schief! Ich konnte mich genau erinnern, daß es vor einer Stunde noch senkrecht gestanden hatte. Angst überfiel mich wieder. Ich drehte mich rasch um. Fester saß auf seinem Stuhl und sah mich an. Sein Blick war vernünftiger als vorhin.
»Sie sind also Vanderhoofs Neffe«, murmelte er nasal. »Naja, dann können Sie auch gleich alles erfahren. Nicht mehr lange und er wird rauskommen und mich kriegen, sowie er sich aus dem Grab rauswühlen kann. Da kann ich Ihnen genausogut alles erzählen.«
Er schien seine furchtbare Angst überwunden zu haben. Offenbar hatte er sich mit dem Schicksal abgefunden, das ihm, wie er meinte, unmittelbar bevorstand. Er ließ den Kopf wieder auf die Brust sinken und nahm seinen eintönig gemurmelten Monolog wieder auf.»Sehen Sie die ganzen Bücher und Papiere da? Also, die haben mal dem Dominie Slott gehört, Dominie Slott, der hier vor vielen Jahren war. Das ganze Zeug hat was mit Magie zu tun, Schwarzer Magie, die der alte Dominie schon gekannt hat, ehe er in dieses Land gekommen ist. Da drüben haben sie Leute, die sich damit ausgekannt haben, verbrannt und in siedendes öl gesteckt. Aber der alte Slott kannte sich aus, und er hat keinem was erzählt. Nein, der alte Slott hat hier vor Generationen gepredigt, und er ist immer hier raufgekommen und hat in den Büchern gelesen und mit den toten Viechern in den Gläsern experimentiert und alle möglichen Leute und Sachen verhext, aber er hat nie einem was davon erzählt. Nein, keiner hat was gewußt, außer Dominie Slott und ich.«
»Sie?« stieß ich hervor und beugte mich über den Tisch. »Ja, das heißt, wie ich es dann auch gelernt hatte.« Ein listiger Ausdruck trat bei dieser Antwort auf sein Gesicht. »Ich habe das ganze Zeug hier gefunden, wie ich Küster von der Kirche wurde, und ich hab’s immer gelesen, wenn ich keine Arbeit hatte. Und dann hab ich bald alles gewußt.«
Der Alte murmelte weiter, und ich hörte ihm gebannt zu. Er erzählte, wie er die schwierigen Formeln der Dämonologie erlernt hatte, so daß er Menschen verhexen oder verzaubern konnte. Er hatte schreckliche okkulte Riten dieses Teufelsglaubens praktiziert und das Dorf und seine Bewohner verflucht. Dann hatte er auch versucht, die Kirche unter seinen Bann zu bringen, aber die Macht Gottes war zu stark gewesen. Als er herausbekommen hatte, daß Vanderhoof sehr willensschwach war, hatte er ihn behext, so daß er sonderbare, mystische Predigten hielt, die Furcht in die Herzen der einfachen Landleute senkten. Von seinem Platz in der Glockenstube aus, so erzählte er, hinter einem Gemälde von der Versuchung Christi, das die Rückwand der Kirche schmückte, starrte er Vanderhoof immer an, während dieser predigte, durch Löcher, die sich in den Augen des Teufels auf dem Bild befanden. Entsetzt über die unheimlichen Dinge, die in ihrer Gemeinde passierten, waren die Gemeindemitglieder einer nach dem ändern der Kirche ferngeblieben, und von da an konnte Foster mit der Kirche und mit Vanderhoof tun, was ihm beliebte.
»Aber was haben Sie mit ihm gemacht?« fragte ich mit hohler Stimme, als der Küster in seinem Geständnis innehielt. Er brach in meckerndes Gelächter aus und warf trunken den Kopf in den Nacken.
»Ich hab seine Seele genommen!« heulte er in einem Tonfall, der mich erzittern ließ.
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