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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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rief er aus.
    Ich lachte über seine Angst und sagte ihm, ich sei, komme, was da wolle, fest entschlossen, den alten Küster noch an diesem Abend aufzusuchen und die ganze Sache so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Ich hatte nicht vor, den Aberglauben der unwissenden Hinterwäldler für wahr zu nehmen, denn ich war überzeugt, daß alles, was ich gerade gehört hatte, lediglich eine Verkettung von Ereignissen gewesen war, die die Leute von Daalbergen irgendwie mit ihrem Unglück in der letzten Zeit in Zusammenhang gebracht hatten. Angst empfand ich überhaupt nicht.
    Als er sah, daß ich entschlossen war, noch vor Einbruch der Dunkelheit das Haus meines Onkels zu erreichen, ging Haines mit mir vors Haus und beschrieb mir widerstrebend den Weg, nicht ohne mich immer wieder zu bitten, es mir doch noch anders zu überlegen. Als ich ging, schüttelte er mir die Hand, als rechnete er damit, mich nie mehr wiederzusehen.
    »Passen Sie auf, daß der alte Teufel Fester Sie nicht am Kragen kriegt!« warnte er mich immer wieder. »Ich würde nicht für alles Geld dieser Welt im Dunkeln in seine Nähe gehen. Nein, nein, mein Lieber!« Er ging wieder in seinen Laden, wobei er gravitätisch den Kopf schüttelte, und ich machte mich auf den Weg, eine Straße entlang, die aus dem Dorf führte.
    Ich war kaum zwei Minuten gegangen, als ich das Moor erblickte, von dem Haines gesprochen hatte. Die Straße, die von einem weißgestrichenen Zaun gesäumt war, führte durch den großen Sumpf, dessen vereinzelte, mit Gestrüpp bewachsene Inseln rings von schwarzem, brackigen Wasser umgeben waren. Ein Geruch nach Tod und Verwesung hing in der Luft, und selbst in der Nachmittagssonne konnte man kleine Dampfschleier aus dem ungesunden Gewässer aufsteigen sehen.
    Als ich das Moor hinter mich gebracht hatte, bog ich, Haines’ Wegbeschreibung entsprechend, von der Hauptstraße scharf nach links ab. Es gab hier mehrere Häuser, die kaum mehr als Hütten waren, und ich konnte mir vorstellen, wie arm die Leute waren, die darin wohnten. Die Straße verlief hier unter den herabhängenden Ästen riesiger Trauerweiden, die fast kein Sonnenstrahl durchdrang. Der Gestank des Sumpfes hing mir noch in der Nase, und die Luft war feucht und kühl. Ich beschleunigte meine Schritte, um möglichst bald aus diesem schaurigen Tunnel hinauszugelangen.
    Plötzlich ging ich wieder im Licht. Die Sonne, die jetzt als rote Kugel über dem Kamm des Berges stand, schickte sich an unterzugehen, und in ihren blutroten Strahlen sah ich in einiger Entfernung vor mir die einsame Kirche stehen. Jetzt beschlich mich auch dieses Gefühl der Unheimlichkeit, von dem Haines gesprochen hatte, diese Scheu, die alle Einwohner von Daalbergen diesen Ort meiden ließ. Der gedrungene, steinerne Kirchenbau mit seinem stumpfen Turm erschien mir wie ein Götzenbild, vor dem die Grabsteine, die es umgaben, sich demütig verneigten. Ich hatte meine Schritte etwas verlangsamt, während ich dieses Bild in mich aufnahm. Die Sonne verschwand jetzt sehr rasch hinter dem Berg, und mich fröstelte in der feuchten Luft. Ich schlug meinen Mantelkragen hoch und ging mit gesenktem Kopf weiter. Als ich wieder aufschaute, fiel mir etwas auf. Im Schatten der Kirchenmauer war etwas Weißes, etwas von unbestimmter Gestalt. Als ich näherkam, sah ich, daß es ein neues Holzkreuz auf einem frischen Grabhügel war. Diese Entdeckung ließ mich schaudern. Mir wurde klar, daß dies das Grab meines Onkels sein mußte, aber irgend etwas sagte mir, daß es anders war als die übrigen Gräber. Es sah nicht aus wie ein totes Grab. Auf irgendeine unerklärliche Weise schien es zu leben, wenn man überhaupt von einem lebenden Grab sprechen kann. Unmittelbar daneben war, wie ich beim Näherkommen feststellte, ein anderes Grab, ein alter, bewachsener Hügel mit einem abbröckelnden Stein darauf. Dominie Slotts prab, dachte ich, in Erinnerung an das, was Haines mir erzählt hatte.
    Nirgendwo ließ sich eine lebende Seele blicken. Im Dämmerlicht stieg ich den kleinen Hügel hinauf, auf dem das Pfarrhaus stand, und pochte an die Tür. Niemand antwortete. Ich ging um das Haus und spähte durch die Fenster hinein. Es schien niemand zu Hause zu sein.
    Wohl wegen der hohen Berge war es sehr rasch dunkel geworden, nachdem die Sonne untergegangen war. Ich merkte plötzlich, daß ich nur noch ein paar Fuß weit sehen konnte. Vorsichtig ging ich um eine Ecke des Hauses und blieb stehen, um zu überlegen, was ich als

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