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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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einem ehemaligen Mitglied der Gemeinde meines Onkels, und ich erfuhr daraus, daß der alte Mann heimgegangen sei und daß es eine kleine
    Hinterlassenschaft gebe, die ich als sein einziger noch lebender Verwandter wohl erben würde. Als ich nach einer mühsamen Eisenbahnfahrt auf Nebenstrecken mit mehrmaligem Umsteigen den Weiler erreicht hatte, fragte ich mich zum
    Lebensmittelladen von Mark Haines durch, dem Schreiber des Briefes, und er führte mich in ein stickiges Hinterzimmer und erzählte mir eine seltsame Geschichte über Dominie Vanderhoofs Tod.
    »Sie sollten auf sich achtgeben, Hoffman«, sagte mir Haines, »wenn Sie dem alten Küster Abel Fester begegnen. Er ist mit dem Teufel im Bund, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Erst vor zwei Wochen hat ihn Sam Pryor, als er am alten Friedhof vorbeiging, mit den Toten dort murmeln hören. Es ist nicht recht, daß er so was macht, und Sam sagt, er kann beschwören, daß eine Stimme ihm geantwortet hat, eine sehr leise, dumpfe, hohle Stimme, so als wäre sie aus der Erde gekommen. Andere können Ihnen auch erzählen, daß sie ihn schon vor dem Grab des alten Dominie Slott haben stehen sehen dem direkt an der Kirchenmauer -, und daß er die Hände gerungen und mit dem Grabstein geredet hat, als ob’s der alte Dominie selber gewesen wäre.«
    Der alte Foster, erzählte Haines weiter, sei vor ungefähr zehn Jahren nach Daalbergen gekommen und von Vanderhoof sofort als Küster für die feuchte Steinkirche angestellt worden, in die die meisten Dorfbewohner gingen. Außer Vanderhoof mochte ihn keiner, denn man fühlte sich irgendwie unheimlich, wenn er in der Nähe war. Manchmal stand er an der Tür, wenn die Leute in die Kirche kamen, und die Männer erwiderten kühl seine servile Verbeugung, während die Frauen rasch an ihm vorbeigingen und ihre Röcke weghielten, damit sie ihn nicht streiften. An Werktagen konnte man ihn das Gras auf dem Kirchhof schneiden und die Blumen auf den Gräbern pflegen sehen, wobei er ab und zu vor sich hin sang oder murmelte. Und den meisten fiel auf, daß er sich ganz besonders um das Grab von Reverend Guilliam Slott kümmerte, dem ersten Pastor der Kirche im Jahre 1701. Foster war noch gar nicht lange da, als allerlei Unheil über das Dorf hereinbrach. Der erste Schicksalsschlag war die Schließung des kleinen Bergwerks, in dem die meisten der Männer arbeiteten. Die Eisenerzader war erschöpft, und viele Familien zogen in andere Gegenden, wo es Arbeit gab, während diejenigen, die größeren Landbesitz hatten, sich auf die Landwirtschaft verlegten und den steinigen Hügeln einen kärglichen Lebensunterhalt abtrotzten. Dann kamen die befremdlichen Vorgänge in der Kirche. Man munkelte, Reverend Vanderhoof habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und predige dessen Wort im Hause Gottes. Seine Predigten waren absonderlich und grotesk geworden, voller düsterer Andeutungen, die den unwissenden Leuten von Daalbergen unverständlich waren. Er versetzte sie über Epochen der Angst und des Aberglaubens hinweg in Gegenden, in denen
    schreckliche, nie geschaute Geister umgingen, und bevölkerte ihre Phantasie mit Ghulen und Nachthexen. Einer nach dem anderen blieb aus, so daß die Gemeinde zusehends schrumpfte, und die Kirchenältesten baten Vanderhoof vergeblich, über etwas anderes zu predigen. Der alte Mann versprach zwar immer wieder, sich daran zu halten, schien aber von einer höheren Macht beherrscht zu sein, die ihn zwang, ihr zu Willen zu sein.
    Obzwar ein Hüne von Gestalt, war Johannes Vanderhoof dafür bekannt, daß er im Innersten schwach und furchtsam war, doch selbst unter der Drohung, daß man ihn aus dem Amt entfernen werde, setzte er seine unheimlichen Predigten fort, bis ihm am Sonntagmorgen nur noch eine Handvoll Leute zuhörte. Weil es an Geld mangelte, konnte man keinen neuen Pastor berufen, und so wagte sich schon bald kein Dörfler mehr in die Nähe der Kirche oder des Pfarrhauses. Überall machte sich Furcht vor den Kobolden und Gespenstern breit, mit denen Vanderhoof offenbar im Bunde stand.
    Mein Onkel, so sagte mir Mark Haines, hatte weiter im Pfarrhaus gewohnt, weil niemand den Mut hatte, ihm zu sagen, daß er ausziehen müsse. Er ließ sich nie mehr blicken, aber bei Nacht sah man im Pfarrhaus und von Zeit zu Zeit sogar in der Kirche Licht brennen. Es ging das Gerücht um, daß Vanderhoof jeden
    Sonntagmorgen wie gewohnt in der Kirche predige, ohne zu merken, daß keine Gemeinde mehr da war, die ihm

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