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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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schwarzen Schatten aus dem Grab meines Onkels steigen und auf die Kirche zuwanken.
    Am nächsten Morgen erzählte ich ein paar Dorfbewohnern in Haines’ Laden, was ich erlebt hatte. Sie sahen einander mit verständnisinnigem Lächeln an, aber als ich vorschlug, sie sollten mich zur Kirche begleiten, erfanden sie allerlei Ausreden. Obwohl ihre Gutgläubigkeit Grenzen hatten, wollten sie doch lieber kein Risiko eingehen. Daraufhin erklärte ich, daß ich alleine noch einmal hingehen würde, obwohl mir der Gedanke daran alles andere als angenehm war.
    Als ich aus dem Laden ging, lief mir ein alter Mann mit einem langen weißen Bart nach und faßte mich am Arm.
    »Ich gehe mit Ihnen, junger Mann«, sagte er. »Ich glaube, ich kann mich erinnern, daß mein Großvater mal sowas Ähnliches über den alten Dominie Slott erzählt hat. Ein sonderbarer Kauz soll er gewesen sein, aber Vanderhoof war noch schlimmer.«

    Dominie Vanderhoofs Grab war offen und leer, als wir eintrafen. Das konnte natürlich das Werk von Grabräubern sein, und doch … In der Glockenstube war die Flasche, die ich auf dem Tisch hatte stehen lassen, verschwunden, während die Scherben der zerbrochenen Flasche noch auf dem Boden lagen. Und auf dem Haufen gelben Staubs und zerknitterter Kleidung, der einmal Abel Fester gewesen war, sah man die Abdrücke riesiger Füße.
    Nachdem ich mir einige der Bücher und Papiere angesehen hatte, die in dem Zimmer verstreut waren, trugen wir alles hinaus und verbrannten es als etwas Unreines und Gottloses. Mit einem Spaten, den wir im Keller der Kirche fanden, schütteten wir das Grab von Johannes Vanderhoof zu, und zum Schluß warfen wir auch noch das Holzkreuz ins Feuer.
    Alte Frauen erzählen sich, daß jetzt immer bei Vollmond eine riesige, verstörte Gestalt auf dem Kirchhof umgeht, die eine Flasche in der Hand hält und den Eindruck macht, als wüßte sie nicht mehr, wohin sie eigentlich wollte.

    DER HÜGEL von Zealia Bishop und H. P. Lovecraft

    Es ist erst ein paar Jahre her, daß der Westen von den meisten Leuten nicht mehr als ein neuesLand angesehen wird. Ich nehme an, diese Vorstellung beruhte darauf, daß unsere eigene Kultur dort neu ist, aber heutzutage graben dort Forscher unter der Oberfläche nach und fördern ganze Kapitel eines Lebens zutage, das in diesen Ebenen und Gebirgen seine Höhen und Tiefen durchmachte, lange bevor die Geschichtsschreibung begann. Wir finden nichts dabei, wenn wir erfahren, daß ein Pueblo-Dorf 2500 Jahre alt ist, und sind nicht weiter verwundert, wenn Archäologen die subpedregale Kultur Mexikos auf die Zeit zwischen 17000 oder 18000 vor Christus datieren. Wir hören auch Gerüchte von noch älteren Dingen, von primitiven Menschen, die Zeitgenossen längst ausgestorbener Tiere waren und die wir heute nur aus einigen wenigen Knochenfunden und Artefakten kennen, und deswegen ist diese Idee von der Neuheit jetzt im Schwinden begriffen. Europäer haben im allgemeinen ein besseres Gefühl für unvordenkliches Alter und die tiefen Ablagerungen aufeinanderfolgender Lebensströme als wir Amerikaner. Erst vor einigen Jahren bezeichnete ein britischer Autor Arizona als eine »mondblasse Gegend, sehr hübsch auf ihre Art, und ursprünglich und alt ein uraltes, einsames Land«.
    Ich schmeichle mir jedoch, eine tiefere Vorstellung von dem umfaßlichen, ja beinahe erschreckenden Alter des Westens zu haben als irgendein Europäer. Das geht alles auf einen Vorfall zurück, der sich im Jahre 192.8 ereignete, ein Vorfall, den ich liebend gerne zu drei Vierteln auf bloße Halluzinationen zurückführen würde, der sich jedoch meinem Gedächtnis so unglaublich fest eingeprägt hat, daß ich ihn nicht so einfach abtun kann. Es war in Oklahoma, wo meine Arbeit als Ethnologe und Indianerforscher mich immer wieder hinführt, und wo ich schon früher einmal auf einige geradezu diabolisch seltsame und befremdliche Dinge gestoßen war. Oklahoma ist wohlgemerkt viel mehr als ein Land der Pioniere. Es gibt dort uralte Stämme mit uralten Erinnerungen, und wenn im Herbst unaufhörlich das Getrommel der Tom-Toms über die brütenden Ebenen schallt, geraten die Seelen der Menschen in gefährliche Nähe der urzeitlichen Geheimnisse. Ich selbst bin Weißer und aus dem Osten, aber ich mache kein Hehl daraus, daß die Riten von Yig, dem Vater der Schlangen, mich jederzeit schaudern lassen können. Ich habe zuviel gehört und gesehen, um in dieser Hinsicht einen »aufgeklärten« Standpunkt einzunehmen.

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