Das Grauen im Museum
Das gleiche gilt auch für besagten Vorfall aus dem Jahre 1928. Ich würde gerne mit einem Lachen darüber hinweggehen, aber ich kann es nicht.
Ich war nach Oklahoma gekommen, um einer der vielen Geistergeschichten nachzuspüren, die man sich bei den weißen Siedlern erzählte, die jedoch starke indianische Elemente aufwiesen und, davon war ich überzeugt, letztlich indianischen Ursprungs waren. Sie waren merkwürdig, diese unter freiem Himmel spielenden Geistergeschichten, und obwohl sie im Munde von Weißen platt und prosaisch wirkten, enthielten sie eindeutig Motive aus einigen der reichsten und dunkelsten Epochen der einheimischen Mythologie. Sie kreisten alle um die riesigen, einsamen, künstlich aussehenden Hügel im westlichen Teil des Staates, und sie handelten alle von Erscheinungen, die in Gestalt und Aussehen außerordentlich sonderbar waren.
Die bekannteste dieser Erscheinungen, die zugleich eine der ältesten ist, sorgte für erhebliches Aufsehen im Jahre 1892, als ein Bezirkspolizeichef namens John Willis bei der Verfolgung von Pferdedieben in die Hügelregion ritt und bei seiner Rückkehr eine abenteuerliche Geschichte von nächtlichen Kavallerieschlachten in der Luft zwischen großen Heeren unsichtbarer Gespenster erzählte er wollte das Getrappel von Pferdehufen und menschlichen Füßen, dumpfe Schläge, das Klirren von Metall auf Metall, die erstickten Schreie von Kriegern und das Fallen von Menschenund Pferdekörpern gehört haben. Dies alles habe sich bei Mondschein abgespielt und sein Pferd ebenso in Angst und Schrecken versetzt wie ihn selbst. Die Geräusche hätten jeweils eine Stunde lang angehalten und seien sehr deutlich gewesen, aber gedämpft, so als ob sie der Wind aus großer Ferne hergetragen hätte, und gesehen hätte er von den Armeen nichts. Später erfuhr Willis, daß der Schauplatz seiner haarsträubenden Erlebnisse für solche und ähnliche Erscheinungen berüchtigt war und von den Siedlern ebenso gemieden wurde wie von den Indianern. Viele hatten dort schon kämpfende Reiter am Himmel gesehen, aber die Schilderungen waren ungenau und widersprüchlich. Die Siedler beschrieben die geisterhaften Kämpfer als Indianer, wenn auch von keinem bekannten Stamm und mit einzigartigen Waffen und Kleidern ausgestattet. Sie gingen sogar so weit zu sagen, daß sie nicht sicher seien, ob es sich wirklich um Pferde gehandelt hätte.
Die Indianer schienen dagegen in den Gespenstern nicht ihresgleichen erkannt zu haben. Sie nannten sie »diese Wesen«, »die alten Wesen« oder »die unten Wohnenden« und empfanden offenbar eine ehrfürchtige Scheu vor ihnen, die es ihnen verbot, viel über sie zu reden. Es war noch keinem Ethnologen gelungen, einem der Geschichtenerzähler eine genaue Beschreibung der Wesen zu entlocken, und offenbar hatte sie auch noch niemand wirklich deutlich gesehen. Die Indianer hatten das eine oder andere alte Sprichwort über diese Erscheinungen, so zum Beispiel: »Menschen sehr alt, machen sehr großen Geist; nicht so alt, nicht so groß; älter als alle Zeit, dann Geist so groß, daß beinahe Fleisch; alte Menschen und Geister, sie vermischen sich, werden ein und dasselbe.«
Nun ist das alles für einen Ethnologen natürlich ein »alter Hut«, von der gleichen Art wie die Legenden von reichen, verborgenen Städten und begrabenen Rassen, wie man sie bei den Pueblound Prärie-Indianern verbreitet antrifft und von denen sich Coronado vor Jahrhunderten zu seiner vergeblichen Suche nach dem
sagenumwobenen Quivira verleiten ließ. Was mich ins westliche Oklahoma gebracht
hatte, war etwas Greifbareres, eine sehr präzise, bodenständige Geschichte, die zwar sehr alt, trotzdem aber für die Welt der Wissenschaft völlig neu war, und in der zum erstenmal die Geister, von denen die Rede war, genau beschrieben wurden. Was die Geschichte noch aufregender machte, war die Tatsache, daß sie aus dem abgelegenen Binger im Kreis Caddow stammte, einem Ort, von dem ich seit langem wußte, daß er der Schauplatz eines schrecklichen und zum Teil unerklärlichen Vorfalls im Zusammenhang mit dem Schlangengott-Mythos gewesen war. Die Geschichte war auf den ersten Blick äußerst naiv und simpel und drehte sich um einen großen Hügel, der sich etwa eine drittel Meile westlich des Dorfes erhob, ein Hügel, den manche für ein Produkt der Natur, andere jedoch für eine von prähistorischen Stämmen angelegte Begräbnisoder Kultstätte hielten. Auf diesem Hügel, so behaupteten die Dörfler,
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