Das Grauen im Museum
Tag minimale, fast unmerkliche Veränderungen vollzögen. Außerdem litt er unter der Zwangsvorstellung, daß diese schrecklichen, hervortretenden Augen sich jeden Moment öffnen könnten.
Anfang September, als der Andrang der Neugierigen etwas nachließ und der Mumiensaal öfter einmal leer war, unternahm einer der seltsamen Ausländer den Versuch, an die Mumie zu gelangen, indem er ein Stück aus dem Glas der Vitrine herausschnitt. Der Mann, ein dunkelhäutiger Polynesier, wurde jedoch von einem Wärter ertappt und überwältigt, bevor er Schaden anrichten konnte. Bei der anschließenden Untersuchung entpuppte sich der Bursche als ein Hawaiianer, der für seine Aktivitäten in gewissen religiösen Geheimkulten bekannt war und über ein umfangreiches Strafregister im Zusammenhang mit abnormen und unmenschlichen Riten und Opfern verfügte. Manche der Aufzeichnungen, die man in seinem Zimmer fand, waren in höchstem Grade rätselhaft und beunruhigend, darunter zahlreiche Blätter mit Hieroglyphen ganz ähnlich denen auf der Schriftrolle im Museum und in von Junzts Schwarzem Buch;er war aber durch nichts zu bewegen, irgendwelche Aussagen über diese Dinge zu machen.
Kaum eine Woche nach diesem Zwischenfall führte ein neuerlicher Versuch, zu der Mumie vorzudringen diesmal durch Aufbrechen des Schlosses an der Vitrine —, zu einer zweiten Verhaftung. Der Übeltäter, ein Singhalese, hatte ein ebenso langes und unerfreuliches Sündenregister widerwärtiger Kultaktivitäten aufzuweisen wie der Hawaiianer und zeigte sich ebenso unwillig, der Polizei Auskunft zu geben. Besonders interessant wurde sein Fall dadurch, daß ein Wärter ihn schon vorher mehrmals dabei belauscht hatte, wie er einen merkwürdigen Singsang an die Mumie gerichtet hatte, in dem das Wort »T’yog« mehrmals vorgekommen war. Ich ließ daraufhin die Zahl der Wärter in der Mumienhalle verdoppeln und wies die Wärter an, das seltsame Exponat nie auch nur für einen Moment aus den Augen zu lassen.
Es läßt sich denken, daß die Presse diese beiden Vorfälle gebührend aufbauschte, die seltsamen Geschichten von dem sagenhaften, urzeitlichen Land Mu wieder aufnahm und rundweg behauptete, bei der rätselhaften Mumie handle es sich um niemand anderen als den tollkühnen Ketzer T’yog, der durch etwas, was er in der prähumanen Zitadelle gesehen hatte, versteinert worden s ei und in diesem Zustand 175000<> Jahre der turbulenten Geschichte unseres Planeten überstanden hätte. Daß die seltsamen Ausländer Kulte repräsentierten, die sich bis auf Mu zurückverfolgen ließen, und daß sie die Mumie verehrten -oder vielleicht sogar versuchten, sie durch Zauberei und Beschwörungen ins Leben zurückzuholen -, wurde immer wieder auf die sensationellste Weise herausgestellt.
Die Artikelschreiber beriefen sich ausdrücklich auf die in den alten Legenden immer wiederkehrende Behauptung, das Gehirn von Ghatanothoas versteinerten Opfern bleibe unversehrt und bei Bewußtsein, und das diente ihnen als Ausgangspunkt für die abenteuerlichsten und unwahrscheinlichsten Spekulationen. Auch die Erwähnung einer »echten Rolle« wurde weidlich ausgeschlachtet die vorherrschende Meinung war, daß es sich bei T’yogs gestohlenem Amulett um etwas handelte, das tatsächlich existierte, und daß die Kultmitglieder versuchten, es zu irgendeinem Zweck mit T’yog selbst in Kontakt zu bringen. Ein Ergebnis dieser Berichterstattung in den Zeitungen war, daß eine dritte Welle gaffender Besucher das Museum überschwemmte und die höllische Mumie sehen wollte, die im Mittelpunkt der ganzen seltsamen und beunruhigenden Geschichte stand.
Diese neuen Besucher, von denen viele mehrmals kamen, verbreiteten schließlich das Gerücht von dem sich verändernden Aussehen der Mumie. Ich nehme an, das Museumspersonal war trotz der beunruhigenden Beobachtung des nervösen Wärters einige Monate zuvor zu sehr an den Anblick seltsamer Ausstellungsstücke gewöhnt, um auf solche Einzelheiten zu achten. Auf jeden Fall machten erst aufgeregte Besucher die Wärter auf die allmähliche Mutation aufmerksam, die offenbar im Gange war. Fast gleichzeitig bekam die Presse Wind davon und hängte die Sache natürlich an die große Glocke.
Ich widmete der Angelegenheit selbstverständlich die größte Sorgfalt und Aufmerksamkeit und kam Mitte Oktober zu dem Schluß, daß bei der Mumie eindeutig ein Zerfallsprozeß eingesetzt hatte. Durch irgendwelche chemischen oder physikalischen Einflüsse in der Luft
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