Das Grauen im Museum
wurde natürlich von Stund an der Öffentlichkeit vorenthalten und ins Laboratorium des Museums gebracht, um dort von medizinischen Kapazitäten einer gründlichen wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen zu werden. In Anbetracht der vergangenen Ereignisse ließen wir sie streng bewachen, aber trotzdem versuchte jemand am fünften Dezember um 1.45 Uhr morgens in das Museum einzudringen. Der Plan wurde durch die einwandfrei funktionierende Alarmanlage vereitelt, doch der oder die Verbrecher konnten unglücklicherweise entkommen.
Daß darüber hinaus nichts an die Öffentlichkeit drang, dafür bin ich zutiefst dankbar.
Ich wünschte, es gäbe tatsächlich nicht mehr zu berichten. Aber einiges wird natürlich durchsickern, und falls mir etwas zustoßen sollte, weiß ich nicht, was meine Testamentsvollstrecker mit diesem Manuskript tun werden, doch zumindest wird der Fall nicht mehr frisch im Gedächtnis der Öffentlichkeit sein, wenn die Enthüllung stattfindet. Außerdem wird niemand den Tatsachen Glauben schenken, wenn sie endlich an den Tag kommen. Das ist das Kuriose an den Massen. Wenn ihre Revolverblätter irgendwelche Andeutungen machen, sind sie bereit, alles zu glauben, doch wenn tatsächlich eine stupende und abnorme Enthüllung stattfindet, lachen sie nur und halten alles für erlogen. Wahrscheinlich ist es auch besser so.
Ich sagte, daß eine wissenschaftliche Untersuchung der schrecklichen Mumie geplant war. Diese fand am achten Dezember statt, genau eine Woche nach den letzten schaurigen Ereignissen, und wurde von dem hervorragenden Dr. William Minot in Zusammenarbeit mit Wentworth Moore, dem Präparator des Museums, durchgefühlt. Dr. Minot war eine Woche zuvor bei der Autopsie des versteinerten Fidschi-Insulaners zugegen gewesen. Außerdem waren die Herren Lawrence Cabot und Dudley Saltonstall als Treuhänder des Museums, die Doktoren Mason, Wells und Carver vom Museum, zwei Pressevertreter und ich selbst anwesend. Während der einen Woche hatte sich der Zustand der Mumie nicht erkennbar verändert, obwohl eine gewisse Erschlaffung der Gewebe dazu geführt hatte, daß sich die glasigen, offenen Augen von Zeit zu Zeit leicht verschoben. Alle scheuten sich, das Ding anzusehen, denn der Eindruck, daß die Mumie einen ruhig und bewußt betrachtete, war schier unerträglich geworden, und ich selbst konnte mich nur mit äußerster Anstrengung überwinden, der Untersuchung beizuwohnen.
Dr. Minot erschien kurz nach 13 Uhr und begann sofort mit seiner Untersuchung der Mumie. Unter seinen Händen zerfiel das Gewebe zusehends, und in Anbetracht dieser Tatsache und unserer Mitteilungen über die allmähliche Erschlaffung des Exemplars seit dem ersten Oktober kam er zu dem Schluß, daß eine gründliche Sezierung vorzunehmen sei, bevor weitere Veränderungen eintreten würden. Da die geeigneten Instrumente im Labor vorhanden waren, ging er sofort an die Arbeit und äußerte oft lautstark sein Erstaunen über die eigenartig fibröse Natur der grauen, mumifizierten Substanz.
Aber viel größer noch war seine Überraschung, als er den ersten tiefen Einschnitt vornahm, denn aus diesem Schnitt tröpfelte langsam eine dicke karminrote Flüssigkeit, über deren Art es trotz der unendlichen Zeiträume, die seit dem Leben dieser höllischen Mumie vergangen waren, nicht den geringsten Zweifel geben konnte. Noch einige kräftige Einschnitte legten verschiedene Organe frei, die in erstaunlichem Maße unversteinert, und doch vollkommen erhalten waren sie waren alle intakt, außer an Stellen, wo Beschädigungen des versteinerten Äußeren Fehlbildungen oder Zerstörungen hervorgerufen hatten. Die Ähnlichkeit dieses Zustands mit dem des vor Angst gestorbenen Fidschi-Insulaners war so frappierend, daß es dem berühmten Arzt vor Verwunderung den Atem verschlug. Die Vollkommenheit dieser gespenstischen, hervortretenden Augen war unheimlich, und ihr Zustand im Hinblick auf die Versteinerung war sehr schwer festzustellen. Um 15.30 Uhr wurde die Gehirnschale geöffnet, und zehn Minuten später verpflichteten sich alle Anwesenden durch Eid auf eine Verschwiegenheit, die nur so vorsichtige Dokumente wie dieses Manuskript je modifizieren werden. Sogar die beiden Reporter waren sofort bereit, sich zum Schweigen zu verpflichten. Denn die Öffnung hatte ein pulsierendes, lebendes Gehirn freigelegt.
DER FLUCH DES YIG von Zealia Bishop und H. P. Lovecraft
Im Jahre 1925 fuhr ich nach Oklahoma, wo ich mich nach Schlangengeschichten
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