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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Gott Quetzalcoatl oder Kukulcan seinen Ursprung hatte offenbar ein merkwürdiges, halb-anthropomorphes Teufelswesen von höchst launischem Wesen war. Er war nicht gänzlich böse und im allgemeinen denen recht wohlgesinnt, die ihm und seinen Kindern, den Schlangen, den gebotenen Respekt erwiesen; im Herbst zeigte er jedoc himmer eine ganz ungewohnte Raubgier und mußte durch geeignete Riten vertrieben werden. Das war der Grund, weshalb die Tom-Toms im Land der Pawnee, Wichita und Caddo im August, September und Oktober Woche für Woche unablässig geschlagen wurden und die Medizinmänner mit Rasseln und Pfeifen merkwürdige Geräusche machten, die denen der Azteken und Maya auf seltsame Weise ähnelten.
    Yigs Hauptmerkmal war die hingebungsvolle Liebe zu seinen Kindern, eine Hingabe, die so groß war, daß die Rothäute beinahe Angst hatten, sich vor den giftigen Klapperschlangen zu schützen, die es in der Gegend massenweise gab.
    Schauergeschichten berichteten von seiner Rache an Sterblichen, die ihn lästerten oder seinen Schlangenkindern etwas antaten; solche Menschen quälte er und verwandelte sie anschließend in gefleckte Schlangen.
    In der alten Zeit des Indianer-Territoriums, so fuhr der Arzt fort, wurde noch kein so großes Geheimnis aus Yig gemacht. Die Präriestämme, die weniger vorsichtig waren als die Wüstennomaden und die Pueblos, sprachen ganz offen mit den ersten Indianerhändlern über ihre Legenden und herbstlichen Zeremonien, so daß sich ihre Sagen recht weit über die benachbarten, von Weißen besiedelten Gebiete verbreiteten. Die große Angst setzte erst im Jahre neunundachtzig ein, als Gerüchte von schrecklichen Vorkommnissen umgingen und die Gerüchte durch ebenso schreckliche wie unabweisliche Tatsachen bestätigt zu werden schienen. Die Indianer sagten, die Weißen verstünden es nicht, mit Yig auszukommen, und die Siedler nahmen diese Theorie anschließend für bare Münze. Von da an war kein älterer Mensch im Innern des Staates Oklahoma, mochte er weiß oder rot sein, mehr zu bewegen, etwas über den Schlangengott zu verraten, was über vage Andeutungen hinausging. Dabei war, wie der Arzt mit beinahe übertriebener Betonung hinzufügte, das einzige wirklich authentische Schrecknis etwas gewesen, was man eher als Tragödie denn als Hexerei bezeichnen mußte. Es war alles sehr real und grausam, selbst in der letzten Phase, die so großes Aufsehen erregt hatte.
    Dr. McNeill machte eine Pause und räusperte sich, bevor er zu seiner eigentlichen Geschichte kam, und ich spürte ein erwartungsvolles Kribbeln, wie wenn im Theater der Vorhang hochgeht. Die Sache hatte angefangen, als Walker Davis und seine Frau Audrey im Frühjahr 1889 Arkansas verließen, um sich in den zur Besiedlung freigegebenen neuen Gebieten niederzulassen, und das Ende hatte sich im Land der Wichitas abgespielt, nördlich vom Wichita River, im heutigen Kreis Caddo. Es gibt dort einen kleinen Ort namens Binger, der an der Eisenbahnlinie liegt, sich aber im übrigen weniger stark verändert hat als die Orte in anderen Teilen Oklahomas. Dort leben die Menschen immer noch wenn auch inzwischen recht gut von Ackerbau und Viehzucht, denn die großen Ölfelder reichen nicht bis in diese Gegend. Walker und Audrey waren aus dem Kreis Franklin in den Ozarks gekommen, mit einem Planwagen, zwei Maultieren, einem alten, nutzlosen Hund namens »Wolf« und ihrem ganzen Hausrat. Sie waren typische Leute aus den Bergen, noch recht jung und vielleicht ein bißchen ehrgeiziger als die meisten anderen, und erwarteten sich mehr vom Leben, als sie sich in Arkansas hatten erarbeiten können. Beide waren mager und knochig, der Mann hochgewachsen, blond und grauäugig, die Frau klein und ziemlich dunkelhäutig und mit schlichtem, schwarzen Haar, das an einen leichten indianischen Einschlag denken ließ.
    Es war im großen und ganzen nichts Besonderes an ihnen, und mit einer Ausnahme wäre ihr Leben wahrscheinlich nicht anders verlaufen als das Tausender anderer Pioniere, die zu dieser Zeit in das neue Land strömten. Diese Ausnahme bestand darin, daß Walker eine krankhafte Angst vor Schlangen hatte, die manche auf pränatale Einflüsse zurückführten, andere dagegen auf eine Weissagung über seinen Tod, mit dem eine alte Indianersquaw ihn zu ängstigen versucht hatte, als er noch ein kleiner Junge gewesen war. Aber wie auch immer, es handelte sich jedenfalls um einen absolut unnormalen Zustand, denn obwohl er sonst keineswegs ein Feigling war,

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