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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Schauer empfinde, der nicht nur körperlich ist, aber bei Tage schiebe ich dann wieder alles auf meine Nerven. Ich bin leider Gottes nicht mehr der Jüngste!
    Um zur Sache zu kommen: Was ich hier habe, ist etwas, das man ein Opfer von Yigs Fluch nennen könnte, ein körperlich lebendes Opfer. Die meisten unserer Pfleger bekommen es nie zu sehen, obwohl sie zum größten Teil wissen, daß es da ist. Ich habe zwei zuverlässige alte Pfleger, die es füttern und sein Quartier sauberhalten; früher waren es drei, aber der gute alte Stevens ist vor ein paar Jahren von uns gegangen. Wahrscheinlich werde ich schon ziemlich bald eine neue Gruppe einweisen müssen; das Ding scheint nämlich kaum zu altern oder sich sonstwie zu verändern, und wir alten Knaben werden ja auch nicht ewig leben. Vielleicht werden sich schon in naher Zukunft die Moralvorstellungen so ändern, daß es uns erlaubt sein wird, es zu erlösen, aber genau kann man das nicht wissen.
    Haben Sie das einzelne Milchglasfenster im Keller drüben im Ostflügel gesehen, als Sie die Auffahrt heraufkamen ? Das ist das Zimmer. Ich gehe jetzt persönlich mit Ihnen dorthin. Sie brauchen nichts zu sagen. Schauen Sie nur durch das
    Schiebefenster in der Tür und danken Sie Gott, daß das Licht nicht heller ist. Hinterher erzähle ich Ihnen dann die Geschichte soweit ich sie noch zusammenbekomme.«
    Wir gingen rasch die Treppe hinunter und sagten nichts, als wir die verlassenen Korridore im Untergeschoß entlangliefen. Dr. McNeill schloß eine grau gestrichene Stahltür auf, aber dahinter lag noch ein Gang. Schließlich blieb er vor einer Tür mit der Aufschrift B n6 stehen, öffnete ein kleines Beobachtungsfenster, das er nur erreichte, wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte, und hieb mehrmals mit der Faust auf das gestrichene Metall, wie um den Insassen zu wecken.
    Ein stechender Geruch kam aus der Öffnung, und mir schien, daß ein tiefes, zischendes Geräusch von drinnen auf das Pochen des Arztes antwortete. Dieser bedeutete mir nun, an das Guckloch zu treten, und ich folgte der Aufforderung, wenn auch nur mit einem seltsamen Widerstreben, das ich mir nicht erklären konnte. Das vergitterte Milchglasfenster an der Außenmauer dicht über dem Boden ließ nur einen schwachen Lichtschein herein, und ich mußte mehrere Sekunden in die übelriechende Höhle schauen, bevor ich sah, was da auf dem strohbedeckten Boden kroch und sich schlängelte und von Zeit zu Zeit ein leises Zischen hören ließ. Dann begannen die schattenhaften Umrisse Gestalt anzunehmen, und ich erkannte, daß das sich windende Wesen eine entfernte Ähnlichkeit mit einem flach auf dem Bauch liegenden menschlichen Körper hatte. Ich mußte mich an der Türklinke festhalten, weil ich fühlte, wie ich schwach wurde.
    Das Wesen war fast so groß wie ein Mensch und völlig nackt. Es war absolut unbehaart und sein bräunlicher Rücken wirkte in dem düsteren, gespenstischen Licht irgendwie schuppig. Um die Schultern war es gesprenkelt, und der Kopf war merkwürdig abgeplattet. Als es aufschaute und mich anzischte, sah ich, daß die kleinen schwarzen Knopfaugen verteufelt anthropoid wirkten, aber ich konnte es nicht ertragen, sie längere Zeit anzusehen. Sie starrten mich mit schrecklicher Hartnäckigkeit an, so daß ich erschrocken das Schiebetürchen schloß und die Kreatur in ihrem dämmrigen, mit Stroh ausgelegten Raum sich selbst überließ. Offenbar schwankte ich ein bißchen, denn der Arzt hielt mich leicht am Arm, während wir uns von der Tür entfernten. Ich stammelte immer wieder: »Aabber, um Himmels willen, was ist denn das?«
    Dr. McNeill erzählte mir die Geschichte in seinem Privatbüro, während ich ihm gegenüber ermattet in einem Sessel saß. Das Gold und Karmin des späten Nachmittags wandelte sich zum Violett der Dämmerung, aber ich saß immer noch fassungslos und unbeweglich da. Jedesmal, wenn das Telefon läutete oder der Summer ertönte, fuhr ich zusammen, und ich verwünschte insgeheim die Schwestern und Pfleger, die ab und zu an die Tür klopften, um den Arzt in das vordere Büro zu rufen. Es wurde Nacht, und ich war froh, daß mein Gastgeber alle Lampen anknipste. Ich war zwar Wissenschaftler, aber mein Forschergeist war fast vollständig einer fürchterlichen Angst gewichen, wie sie ein kleiner Junge empfinden mag, wenn abends am Kamin Hexenmärchen erzählt werden.
    Ich erfuhr, daß Yig, der Schlangengott der zentralen Präriestämme in denen wahrscheinlich der südlichere

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