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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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gefürchtete Hexensabbat der urzeitlichen Prä-Arier, der durch die Jahrtausende in der Mitternachtsschwärze verschwiegener Wälder am Leben erhalten worden war und trotz seiner neuzeitlichen Maske der Komödie und leichtfertigen Unterhaltung immer noch an vage Schrecken erinnerte. Halloween fiel in diesem Jahr auf einen Donnerstag, und die Nachbarn kamen überein, sich zu den Feierlichkeiten in der Blockhütte der Davis zu versammeln.
    Ausgerechnet an diesem Tag, dem 31. Oktober, ging der Altweibersommer zu Ende. Der Morgen war grau und bleiern, und bis Mittag hatte sich der Wind auf Sturmstärke gesteigert. Die Leute froren um so mehr, als sie auf den plötzlichen Kälteeinbruch nicht gefaßt gewesen waren, und Walker Davis’ alter Hund Wolf schleppte sich müde ins Haus und legte sich vor den Kamin. Aber die fernen Trommeln dröhnten immer noch weiter, und auch die Weißen wollten sich nicht abhalten lassen, ihre eigenen Riten zu feiern. Schon um vier Uhr nachmittags trafen die ersten Wagen vor Walkers Blockhütte ein, und am Abend inspirierte nach einem denkwürdigen Grillessen Lafayette Smiths Fiedel die recht zahlreiche Gesellschaft zu allerlei halsbrecherischen Tanzkunststückchen in dem trotz seiner ansehnlichen Größe überfüllten Raum. Das junge Volk erging sich in den der Jahreszeit angemessenen gutmütigen Albernheiten, und ab und zu gab der alte Wolf ein schauriges, ominöses Heulen von sich, wenn Lafayette auf seiner quietschenden Violine, einem Instrument, das der Hund noch nie gehört hatte, eine besonders gespenstische Tonfolge produzierte. Ansonsten verschlief der Veteran jedoch den größten Teil der Feierlichkeiten, denn er war längst über das Alter hinaus, in dem er noch Anteil an seiner Umwelt genommen hätte, und lebte fast nur noch in seinen Träumen. Tom und Jennie Rigby hatten ihren Collie Zeke mitgebracht, aber die beiden Vierbeiner freundeten sich nicht an. Zeke machte einen seltsam unruhigen Eindruck und schnüffelte den ganzen Abend neugierig herum.
    Audrey und Walker gaben ein hübsches Paar ab, und Oma Compton erinnert sich heute noch gern, wie schön die beiden an jenem Abend miteinander tanzten. Ihre Sorgen schienen sie ausnahmsweise einmal vergessen zu haben, und Walker hatte sich rasiert und feingemacht. Um zehn Uhr waren alle redlich müde, und die Gäste begannen sich zu verabschieden, nicht ohne immer wieder zu versichern, was für ein schöner Abend es doch gewesen sei. Zeke heulte schauerlich, als er Tom und Jennie zu ihrem Wagen folgte, und die beiden dachten, er wolle damit ausdrücken, daß er lieber noch dageblieben wäre, aber Audrey meinte, es müßten die fernen Tom-Toms sein, die ihn störten, und das Getrommel war tatsächlich nach dem fröhlichen Trubel unheimlich genug.
    Die Nacht war bitterkalt, und Walker legte zum erstenmal ein großes Scheit in den Kamin und häufelte die glühende Asche darüber, um es bis zum Morgen am Schwelen zu halten. Der alte Wolf kuschelte sich an den Kamin und fiel sofort wieder in sein gewohntes Koma. Audrey und Walker, zu müde, um an
    Zaubersprüche oder Flüche zu denken, fielen in ihr roh gezimmertes Bett aus Kiefernholz und schliefen bereits, bevor noch der billige Wecker auf dem Kaminsims drei Minuten abgezählt hatte. Von fernher pulsierte immer noch das rhythmische Trommeln der höllischen Tom-Toms durch die eisige Nacht.
    Dr. McNeill machte eine Pause und nahm seine Brille ab, als hoffte er, die Erinnerung würde klarer werden, wenn die Wirklichkeit ihm vor den Augen verschwamm.
    »Sie werden bald verstehen«, sagte er, »warum ich große Schwierigkeiten hatte, die Ereignisse nach der Abfahrt der letzten Gäste zu rekonstruieren.« Nach einem kurzen Augenblick des Schweigens fuhr er mit seiner Erzählung fort.
    Audrey hatte schreckliche Träume von Yig, der ihr in der Gestalt Satans, wie sie sie von billigen Stichen her kannte, erschien. Als sie aus einem dieser schrecklichen Alpträume hochfuhr, merkte sie, daß auch Walker wach war und sich aufgesetzt hatte. Er schien angestrengt auf etwas zu horchen und bedeutete ihr, sie solle still sein, als sie ihn fragen wollte, was ihn geweckt hätte.
    »Horch, Aud!« flüsterte er. »Hörst du nich auch was singen und summen und rascheln? Meinste, das sind die Herbstgrillen?«
    Es war tatsächlich ein solches Geräusch in der Hütte zu hören. Audrey horchte angestrengt und entdeckte ein zugleich beängstigendes und vertrautes Element darin, kam aber nicht darauf, was es war.

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