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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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gewöhnliche
    Klapperschlangen, die ihr Nest unter dem Felsen hatten und von dem warmen Feuer angezogen worden waren. Vielleicht hatten sie es gar nicht auf sie abgesehen, vielleicht begnügten sie sich mit dem armen Walker. Wo waren sie jetzt? Weg? Zusammengeringelt am Kamin? Oder krochen sie noch über den hingestreckten Leichnam ihres Opfers ? Die Uhr tickte, und die fernen Trommeln dröhnten. Bei dem Gedanken, daß ihr Mann da tot in der pechschwarzen Finsternis lag, wurde Audrey von blankem, körperlichem Entsetzen überfallen. Diese Geschichte von Sally Compton über den Mann im Kreis Scott! Auch er war von ein paar Dutzend Schlangen auf einmal gebissen worden, und was war mit ihm geschehen! Das Gift hatte seinen Leichnam aufgebläht, und schließlich war er auf entsetzliche Weise geplatzt, mit einem abscheulichen dumpfen Geräusch. Geschah das jetzt auch dem armen Walker dort unten auf dem Steinboden? Instinktiv spürte sie, daß sie begonnen hatte, auf etwas zu horchen,was zu schrecklich war, als daß sie es hätte benennen können.
    Die Uhr tickte weiter, scheinbar im Takt mit dem fernen Getrommel, das der Wind herübertrug. Sie wünschte, es wäre eine schlagende Uhr gewesen, so daß sie wenigstens gewußt hätte, wie lange diese gespenstische Nachtwache dauern mußte. Sie verwünschte ihre Widerstandsfähigkeit, die schuld daran war, daß sie nicht in Ohnmacht fiel, und fragte sich, welche Erleichterung das Morgengrauen überhaupt bringen konnte. Wahrscheinlich würden Nachbarn vorbeikommen würden sie sie noch bei Sinnen vorfinden? War sie jetzt noch bei Sinnen?
    Während sie so angstvoll ins Dunkel lauschte, vernahm sie etwas, was sie erst mit größter Willensanstrengung überprüfen mußte, bevor sie es glauben konnte, und von dem sie dann, als feststand, daß es keine Einbildung war, nicht wußte, ob sie es begrüßen oder fürchten sollte. Das ferne Dröhnen der indianischen Tom-Toms hatte aufgehört. Das Getrommel war ihr immer auf die Nerven gegangen, aber hatte Walker darin nicht einen Schutz gegen den Fluch des Schlangengottes gesehen? Was war das noch gewesen, was er ihr flüsternd mitgeteilt hatte, nachdem er mit Grauer Adler und den Medizinmännern der Wichitas gesprochen hatte?
    Die plötzliche Stille behagte ihr nun doch gar nicht! Sie hatte etwas Unheimliches. Das laute Ticken der Uhr war in seiner Einsamkeit nun noch bedrückender. Nun endlich wieder bewußter Bewegungen fähig, zog sie sich die Bettdecke vom Gesicht und spähte zum Fenster hin in das Dunkel. Es mußte aufgeklart haben, seit der Mond untergegangen war, denn sie sah deutlich die rechteckige Öffnung und den Sternhimmel dahinter.
    Ohne Vorwarnung kam dann dieses entsetzliche, unbeschreibliche Geräusch, dieses dumpfe Platzen von Haut und im Dunkeln ausfließendem Gift. Um Gottes willen! Sallys Geschichte dieser widerwärtige Gestank und diese nagende, bohrende Stille! Das war zuviel. Die Bänder der Stummheit zerrissen, und die schwarze Nacht schrillte von Audreys wahnsinnigen Entsetzensschreien.
    Keine barmherzige Ohnmacht erlöste sie. Inmitten der Echos ihrer eigenen Schreie sah Audrey immer noch das mit Sternen besetzte Viereck des Fensters vor sich und hörte immer noch das unheilvolle Ticken dieser schrecklichen Uhr. Aber war da nicht noch ein anderes Geräusch? War das Fenster noch das gleiche, unverdeckte Viereck? Sie war nicht in der Lage, ihre Sinneswahrnehmungen zu überprüfen und zwischen Wirklichkeit und Halluzination zu unterscheiden.
    Nein, dieses Fenster war keinregelmäßiges Viereck mehr. Irgend etwas hatte sich von unten her darüber geschoben.Und das Ticken der Uhr war auch nicht mehr das einzige Geräusch im Raum. Ganz deutlich hörte sie schwere Atemzüge, die weder von ihr noch von dem armen Wolf stammten. Der Hund schlief ganz ruhig, und sein keuchender Atem, wenn er wach war, war unverkennbar. Dann sah Audrey vor dem Sternhimmel die schwarze, dämonische Silhouette einer menschenähnlichen Gestalt, die sich langsam tastend auf sie zubewegte.
    »Y’aaaah! Y’aaaah! Geh weg! Geh weg! Geh weg. Schlangenteufel! Geh weg, Yig! Ich wollte sie nicht umbringen, ich hatte Angst, er würde sich vor ihnen fürchten. Tu’s nicht, Yig, tu’s nicht! Ich wollte deinen Kindern nichts tun, komm mir nicht nahe, verwandel mich nicht in eine gefleckte Schlange!«
    Aber die halb formlose Gestalt, von der sie nur Kopf und Schultern ahnte, näherte sich lautlos schwankend dem Bett.
    In Audreys Kopf zerbrach alles auf

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