Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
Vom Netzwerk:
Von draußen war, schreckliche Gedanken weckend, immer noch das monotone Dröhnen der fernen Tom-Toms zu hören, das weithin über die schwarzen Ebenen hallte, über denen der mit Wolken verhangene Halbmond gerade unterging. »Walker und wenn das nun der der Fluch von Yig ist?« Sie spürte, wie er zitterte.
    »Nein, Mädel, ich glaub nich, dasser so kommt. Er sieht aus wie’n Mensch, außer ganz aus der Nähe. Das hat mir Häuptling Grauer Adler gesagt. Das hier iss irgend so’n Ungeziefer, das in der Kälte rauskommt, keine Grillen nich, aber wahrscheins sowas Ähnliches. Ich steh mal besser auf und mach die Biester tot, sonst gehn sie uns noch an’ Schrank.«
    Er stieg aus dem Bett, tastete nach der Laterne, die in Griffweite hing und fummelte an der Streichholzschachtel herum, die daneben an der Wand hing. Audrey setzte sich auf und sah zu, wie aus dem Flämmchen des Zündholzes der stetige
    Lichtschimmer der Laterne wurde. Und dann, als ihrer beider Augen den ganzen Raum überblickten, erzitterten die roh behauenen Balken unter ihrem schrillen zweistimmigen Schrei. Denn der flache Steinfußboden war eine einzige wimmelnde braun gefleckte Masse sich ringelnder Klapperschlangen, die auf das Feuer zugeglitten kamen und ihre ekligen Köpfe hoben und den von Entsetzen gelähmten Laternenträger bedrohten. Nur für einen winzigen Augenblick sah Audrey die Reptilien;
    sie hatten alle Größen, waren zahllos und gehörten offenbar mehreren Arten an, und unter ihren Augen richteten zwei oder drei ihre Köpfe auf, als wollten sie Walker beißen. Sie wurde nicht ohnmächtig es war Walkers Sturz, der die Laterne verlöschen ließ, so daß sie in Dunkelheit getaucht wurde. Er hatte kein zweites Mal geschrien die Furcht hatte ihn gelähmt, und er brach zusammen wie von einem lautlosen, tödlichen Pfeil getroffen. Für Audrey schien die ganze Welt phantastisch herumzuwirbeln und sich mit dem Alptraum zu vermischen, aus dem sie aufgeschreckt war.
    Willkürliche Bewegungen irgendwelcher Art waren unmöglich, denn ihre Willenskraft und ihr Sinn für die Realität hatten sie verlassen. Sie sank kraftlos auf ihr Kopfkissen zurück und hoffte, daß sie bald erwachen würde. Eine Zeitlang registrierte ihr Geist nicht, was geschehen war. Dann, ganz allmählich begann ihr zu dämmern, daß sie nicht träumte, sondern wach war, und da wurden Furcht und Gram so übermächtig, daß sie trotz des lähmenden Bannes, der sie stumm machte, laut aufschreien wollte.

    Walker war tot, und sie hatte ihm nicht helfen können. Er war durch Schlangen gestorben, genau wie die alte Hexe es ihm prophezeit hatte. Auch der arme Wolf hatte ihm nicht beistehen können, wahrscheinlich war er nicht einmal aus seinem senilen Stupor aufgewacht. Und jetzt würden sich diese abscheulichen Reptilien auf sie stürzen, würden sich im Dunkeln näher und immer näher an sie heranschlängeln, ringelten sich vielleicht schon in diesem Moment um den Bettpfosten und krochen über die große wollene Decke auf sie zu. Unwillkürlich zog sie sich die Decke über den Kopf und lag da und zitterte.
    Es mußte der Fluch des Schlangengottes Yig sein. Er hatte seine monströsen Kinder in der Halloween-Nacht ausgeschickt, und sie hatten Walker als ersten getötet. Aber warum ? War er nicht unschuldig? Warum hatten sie sich nicht gleich auf sie gestürzt? Sie allein hatte doch diese kleinen Klapperschlangen getötet. Dann fiel ihr ein, daß die Indianer gesagt hatten, sie würde nicht getötet, sondern nur in eine gefleckte Schlange verwandelt werden. Hu! Sie würde also sein wie eines dieser Dinger, die sie auf dem Fußboden gesehen hatte diese Dinger, die Yig ausgesandt hatte, damit sie sie zu einer der ihren machten! Sie versuchte, einen Zauberspruch aufzusagen, den Walker ihr beigebracht hatte, brachte aber keinen einzigen Ton heraus. Das laute Ticken des Weckers übertönte das unheimliche Dröhnen der fernen Tom-Toms. Die Schlangen ließen sich Zeit ob sie wohl absichtlich ihren Angriff hinauszögerten, um sie noch mehr zu ängstigen? Ab und zu meinte sie einen gleichmäßigen, heimtückischen Druck auf der Bettdecke zu spüren, aber jedesmal stellte sich heraus, daß ihr nur ihre überreizten Nerven einen Streich gespielt hatten. Die Uhr tickte im Dunkeln weiter, und ganz allmählich nahmen ihre Gedanken eine andere Richtung. So lange konntendie Schlangen einfach nicht brauchen! Offenbar waren es doch nicht Yigs Botschafter, sondern bloß ganz

Weitere Kostenlose Bücher