Das Grauen im Museum
in diesem Augenblick hörte, sagten ihr, daß sie sich darin nicht geirrt hatte. Noch eine Sekunde, und Walker hatte alles gesehen. Audrey sprang hinzu, um ihn aufzufangen, falls er ohnmächtig würde, aber er schwankte nur ein bißchen. Und dann verwandelte sich der Ausdruck reiner Angst auf seinem blutleeren Gesicht langsam in eine Mischung aus Zorn und heiliger Scheu, und er begann, seine Frau mit zitternder Stimme zu schelten.
»Um Gottes willen, Aud, wofür hast’n das gemacht? Haste nich gehört, was die so alles über den Schlangenteufel Yig erzählen? Hättst es mir nur sagen müssen, und wir warn weitergefahrn. Weißte denn nich, dasses hier ein Teufelsgott gibt, der sich rächt, wenn einer sein Kindern was tut? Oder wofür meinste daß die Indjaner den ganzn Herbst soviel tanzn und trommln? Das Land hier is verflucht, kann ich dir sagn, ja, und jeder einzelne, den wir begegnet ham, hat das auch gesagt. Hier ist Yig der Herrscher, und er kommt jedn Herbst raus und schnappt sich seine Opfer und verwandelt sie in Schlangen. Deshalb wirste auch nie erlebn, daß einer von den Indjanern eine Schlange totmacht, das gibts bei den gar nich!
Weiß der Himmel, waste dir da angetan hast, Mädel, das de ne ganze Brut von Yigs Kindern totgeschlagen hast. Er kriegt dich bestimmt, früher oder später, wenn ich nich einem von den Medizinmännern von den Indjanern ein Zauber abkaufn kann. Er kriegt dich, Aud, da kannste Gift drauf nehmen, er kommt raus in der Nacht und macht ne gefleckte Schlange aus dir!«
Auf der letzten Etappe der Reise wiederholte Walker ständig seine angstvollen
Vorwürfe und Prophezeiungen. Sie überquerten den Canadian bei Newcastle und trafen schon bald danach auf die ersten echten Prärie-Indianer, die sie je gesehen hatten, eine Gruppe von Wichitas, deren Anführer unter der Einwirkung des ihm angebotenen Whiskeys recht gesprächig wurde und Walker als Gegenleistung für eine Literflasche dieses beflügelnden Getränks einen langatmigen Zauberspruch beibrachte, der angeblich vor Yig schützte. Gegen Ende der Woche erreichten die beiden das vorgesehene Gebiet im Wichita-Land, beeilten sich, die Grenzen ihres Besitzes abzustecken, und begannen, das Land umzupflügen, noch bevor sie eine Blockhütte gebaut hatten.
Die Gegend war flach, windig und vegetationsarm, versprach aber hohe Erträge. Hie und da ragten Granitfelsen aus dem Boden, der aus verwittertem roten Sandstein bestand, und es gab auch Stellen, wo eine große flache Felsplatte sich wie ein künstlicher Fußboden an der Oberfläche erstreckte. Schlangen und als Schlupfwinkel für diese Tiere geeignete Löcher und Spalten schien es sehr wenig zu geben, so daß Audrey Walker immerhin überreden konnte, die Blockhütte auf einer der riesigen, glatten Felsplatten zu errichten. Mit einem solchen Fußboden und einer großen Feuerstelle würden sie auch dem schlechtesten Wetter trotzen können, obwohl sie schon gemerkt hatten, daß Feuchtigkeit nicht das hervorstechende Merkmal dieser Gegend war. Die Baumstämme holten sie mit dem Planwagen aus dem nächsten Waldgebiet, das viele Meilen in Richtung der Wichita Mountains lag. Walker erbaute seine Blockhütte mit dem großen Kamin sowie eine primitive Scheune mit Hilfe einiger anderer Siedler, von denen freilich der nächste schon mehrere Meilen entfernt wohnte. Umgekehrt half Walker auch seinen Helfern bei deren Hausbau, so daß sich zahlreiche Freundschaften unter den neuen Nachbarn anbahnten. Es gab keinen größeren Ort bis El Reno, das über dreißig Meilen nordöstlich an der Eisenbahnlinie lag, und schon nach einigen Wochen kannten sich die Siedler der Gegend recht gut, obwohl sie so weit verstreut waren. Die Indianer, von denen sich einige auf Ranches niedergelassen hatten, waren zum größten Teil harmlos, wurden allerdings streitsüchtig, wenn sie von dem Feuerwasser getrunken hatten, das trotz aller Verbote der Regierung den Weg zu ihnen fand.
Von all ihren Nachbarn fanden die Davis Joe und Sally Compton, die ebenfalls aus Arkansas gekommen waren, am hilfsbereitesten und sympathischsten. Sally lebt noch, sie ist als Oma Compton bekannt, und ihr Sohn Clyde, der damals noch ein Kleinkind war, ist einer der führenden Männer des Staates geworden. Sally und Audrey besuchten einander oft, denn ihre Blockhütten waren nur zwei Meilen voneinander entfernt, und an den langen Frühlingsund Sommernachmittagen erzählten sie sich manche Geschichte aus dem alten Arkansas und manchen Klatsch
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