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Das Grauen im Museum

Das Grauen im Museum

Titel: Das Grauen im Museum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Zurückhaltung ihr und ihrem Haar gegenüber bestärkten.
    Ich kann nämlich nicht verhehlen, daß ich nie ganz warm mit ihr wurde, so sehr ich mich auch bemühte. Ich wüßte nicht zu sagen, woran es lag, aber das Gefühl war einfach da. Irgend etwas an ihr stieß mich fast unmerklich ab, und ich ertappte mich immer wieder dabei, daß ich morbide und makabre Assoziationen mit allem verband, was mit ihr zusammenhing. Ihre Gesichtsfarbe ließ mich an Babylon, Atlantis, Lemuria und die schrecklichen, vergessenen Reiche einer früheren Welt denken, ihre Augen erschienen mir manchmal wie die Augen einer gottlosen Waldkreatur oder Tiergottheit aus unvordenklichen, vormenschlichen Zeiten, und ihr Haar, diese dichte, exotische, allzu wohlgenährte Masse öliger Tintenschwärze, ließ einen schaudern wie etwa eine große, schwarze Pythonschlange. Mir war klar, daß sie meine
    unwillkürliche Abneigung spürte, obwohl ich mir Mühe gab, mir nichts anmerken zu lassen, und sie auch nicht zu erkennen gab, daß sie Bescheid wußte.
    Aber die Verblendung meines Sohnes hielt an. Er war ihr buchstäblich hörig und übertrieb all die kleinen Galanterien des täglichen Lebens derart, daß einem davon übel werden konnte. Sie schien seine Gefühle zu erwidern, aber ich merkte, daß sie sich zwingen mußte, genauso überschwenglich zu erscheinen wie er. Vor allem war sie, glaube ich, enttäuscht, als sie feststellen mußte, daß wir nicht annähernd so reich waren, wie sie gedacht hatte.
    Kurz und gut, es war eine dumme Geschichte. Ich sah, daß sich alle möglichen betrüblichen Entwicklungen anbahnten. Denis war wie hypnotisiert in seiner schwärmerischen Liebe zu ihr und begann, sich mir zu entfremden, weil er meine Zurückhaltung gegenüber seiner Frau spürte. Das zog sich so einige Monate hin, und mir wurde klar, daß ich meinen einzigen Sohn verlieren würde den Jungen, der seit einem Vierteljahrhundert all mein Denken und Handeln bestimmt hatte. Ich gebe zu, daß ich darüber erbittert war, aber welcher Vater wäre das an meiner Stelle nicht gewesen? Und trotzdem konnte ich nichts tun.
    Marceline war Denis in diesen ersten Monaten anscheinend eine gute Ehefrau, und unsere Bekannten akzeptierten sie ohne Sticheleien oder peinliche Fragen. Ich hatte jedoch immer ein ungutes Gefühl bei dem Gedanken daran, was einige der jungen Burschen in Paris wohl ihren Angehörigen schreiben würden, nachdem die Neuigkeit von der Hochzeit sich herumgesprochen hatte. Trotz Marcelines Geheimnistuerei konnte die Sache nicht ewig unentdeckt bleiben, ja Denis hatte es sogar einigen seiner besten Freunde unter dem Siegel der Verschwiegenheit selbst geschrieben, sobald er sich mit ihr in Riverside niedergelassen hatte.
    Ich selbst zog mich immer mehr in mein Zimmer zurück, unter Hinweis auf meinen schlechten Gesundheitszustand. Ungefähr zu l dieser Zeit begann sich meine derzeitige spinale Neuritis zu entwickeln, so daß dieser Vorwand recht glaubwürdig war. Denis merkte offenbar nicht, was mich bedrückte, und zeigte keinerlei Interesse für mich und meine Gewohnheiten und Angelegenheiten; es schmerzte mich zu sehen, wie rücksichtslos er wurde. Ich fand immer seltener Schlaf und zermarterte mir in der Nacht das Gehirn, um herauszufinden, was eigentlich los war, was es wirklich war, das mir meine Schwiegertochter so widerwärtig, ja sogar auf unbestimmte Art furchterregend machte. Sicherlich war es nicht ihr alter mystischer Unsinn, denn sie hatte die Vergangenheit hinter sich gelassen und nie mehr davon gesprochen. Sie malte nicht einmal mehr, obgleich sie früher wohl als Künstlerin dilettiert hatte.
    Eigenartigerweise schienen die Bedienten die einzigen zu sein, die mein Unbehagen teilten. Die Schwarzen im Haus waren von Anfang an gar nicht gut auf sie zu sprechen, und nach ein paar Wochen hatten uns alle, bis auf die wenigen, die der Familie besonders eng verbunden waren, verlassen. Diese wenigen, der alte Scipio und seine Frau Sarah, die Köchin Delilah und Mary, Scipios Tochter, gaben sich Mühe, ihr so höflich wie möglich zu begegnen, doch sah man ihnen an, daß sie ihrer neuen Herrin nicht aus Zuneigung, sondern nur aus Pflichtgefühl dienten. Sie blieben so viel wie möglich in ihrem eigenen, entlegenen Teil des Hauses. McCabe, unser weißer Chauffeur, zeigte keine Feindseligkeit, sondern zudringliche Bewunderung, und eine weitere Ausnahme war eine sehr alte Zulu-Frau, von der es hieß, sie sei vor über hundert Jahren aus Afrika

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