Das Grauen lauert in der Tiefe
Hauses entlang in den hinteren Teil des Gartens, ohne sich auch nur ein einziges Mal nach ihm umzuschauen.
Von der großen Rasenfläche aus, die die beiden nun überquerten, konnte Max erkennen, dass die Hardenberg-Villa auf einer Art Klippe errichtet worden war. Vorsichtig spähte er durch einen hohen Drahtzaun an der Grundstücksgrenze und sah, dass der Felsen direkt hinter dem Anwesen steil zu einer weniger gut beleuchteten Straße abfiel. Erst konnte er sich gar nicht erklären, warum es auf der tiefer gelegenen Ebene so düster war, aber dann fiel ihm wieder ein, dass es in Atlantic Haven ja kein richtiges Tageslicht gab, sondern dass die Stadt von unzähligen Lampen künstlich beleuchtet wurde. Aber offenbar nicht überall mit der gleichen Intensität. Max kniff die Augen zusammen und wandte sich nach rechts, wo der Zaun direkt an die Rückseite des Hauses anschloss.
Tom zeigte auf einen riesigen Apfelbaum, dessen Krone sich halb über den Zaun und den Abgrund lehnte.
»Wollten wir nicht Baseball spielen?«, fragte Max.
»Ich zeig dir was Besseres«, sagte Tom.
Maxwell rannte ihm hinterher. Beinahe gleichzeitig erreichten sie den dicken Stamm. Tom zog an einer versteckten Schnur und sofort fiel von oben eine Strickleiter durch das dichte Blätterdach zu ihnen herunter.
»Kannst du gut klettern?«, fragte Tom.
Statt einer Antwort ergriff Max eine Sprosse und hangelte sich nach oben. Die Leiter schaukelte bei jeder Bewegung hin und her, und er musste feststellen, dass es viel schwerer war, eine Strickleiter zu erklimmen, als er gedacht hatte. Mit feuchten Handflächen und Schweißperlen auf der Stirn kam er schließlich oben an.
Eine hölzerne Plattform führte zu einem Baumhaus, das von unten nicht zu sehen gewesen war.
»Donnerwetter!« Max pfiff anerkennend durch die Zähne. »Hast du das gebaut?«
»Mein Vater hat zusammen mit Mr Sinclair die Pläne für Atlantic Haven entworfen«, erklärte Tom und schob Max in das Innere des Baumhauses. »Ich bin sozusagen mit Konstruktionszeichnungen groß geworden. Dafür kennst du dich bestimmt bestens mit Elektrizität und technischen Apparaten aus, oder? Immerhin ist dein Vater ja der Nachfolger von Professor Hardenberg.« Tom sah Max forschend an.
»Äh, ja, also …«, stotterte Max. »Was mein Vater beruflich macht, finde ich eigentlich gar nicht so interessant«, sagte er, obwohl es eine Lüge war. Denn in Wahrheit gab es für Max nichts Spannenderes als den tatsächlichen Beruf seines Vaters. Und die meisten ihrer abenteuerlichen Expeditionen fanden – zum Leidwesen von Mrs Fox – überhaupt nur deshalb statt, weil Max den Professor auf die Idee dazu gebracht hatte. Na ja, er oder Mafalda. Denn Maxwells kleine Schwester hatte ein untrügliches Gespür für lohnenswerte Reiseziele, die ihr einfach so einzufallen schienen. Gerade waren sie alle zusammen in Spanien gewesen, um dort die Überreste einer alten Festung auszugraben, die von den Arabern gebaut worden war. Gefunden hatten sie dieses Bauwerk nur, weil Mafalda drei Monate vorher einfach ihren Finger auf den Globus im Arbeitszimmer ihres Vaters gelegt und gefragt hatte, ob sich an dieser Stelle nicht ein Märchenschloss aus Tausendundeiner Nacht befinden könnte.
Tom starrte Maxwell immer noch an und der fühlte sich langsam ziemlich unbehaglich. »Hast du auch Geschwister?« fragte er schnell, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
Tom schüttelte den Kopf und wirkte auf einmal sehr traurig.
»Ach, macht doch nichts«, sagte Max schnell. »Meine kleine Schwester zum Beispiel ist eine richtige Nervensäge. Sei froh, dass niemand bei dir zu Hause es lustig findet, deine Zinnsoldaten rosafarben zu lackieren.«
»Ich hatte einen Bruder.« Tom senkte den Blick. »Er ist gestorben. Während er geholfen hat, eine Fugenschleuse für Arbeitsmaterial oben an der Kuppel zu reparieren. Es hat einen Anschlag gegeben und er ist ins Meer hinausgesaugt worden.«
Max sah Tom entsetzt an. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Einen Moment herrschte Stille, dann räusperte er sich und fragte: »War das die Bande von diesem Mr Nin?«
»Eine Bombe ist explodiert, während Paul in einem Druckanzug den Tauchern assistiert hat«, antwortete Tom ausweichend.
»Das tut mir leid«, sagte Max.
»Schon gut.« Tom versuchte ein Lächeln, das jedoch ziemlich schief ausfiel. »Aber wenn du nicht aufpasst, werden sie dich als Nächsten ins Visier nehmen.«
»Wieso?«, fragte Max, wie aus der Pistole
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