Das Grauen lauert in der Tiefe
für eine gewisse Zeit.«
»Ich frage mich jedoch, wie Baldurixi sich das vorgestellt hat.« Professor Hardenberg starrte fassungslos auf die immer größer und größer werdende Masse vor ihnen. »Dieses Wesen hat ja überhaupt keinen Mund.«
Eine Sekunde später musste er seine Feststellung aber korrigieren. Der Leviathan
hatte
einen Mund – und was für einen! Augen und Fangarme rutschten plötzlich zur Seite, und in der qualligen Masse öffnete sich ein Schlund, der fast noch größer war als das Monster selbst. Zähne in einem bleichen Rosa leuchteten ihnen entgegen und am Ende des Rachens schien sich ein weiteres Maul zu öffnen und dahinter noch eins.
»Ekelhaft!«, rief Mafalda und klatschte vor Freude in die Hände. »Meine Güte, ist das ekelhaft.«
»Schön, gut, ich gebe zu, dass ich mich geirrt habe«, sagte Professor Hardenberg. »Aber trotzdem weiß ich nicht, wie man die magische Formel in diesen Schlund hineinbekommen soll.«
»Bestimmt hat es ursprünglich eine Verbindung zwischen Baldurixis Geheimlabor und dem Leviathan gegeben«, vermutete Dr. Sinclair.
»Ja, genau«, bestätigte Professor Fox. »In dem Geheimlabor gab es eine Maschine mit einem Trichter und einem dicken Kabel, das in den Tiefseegraben führte. Wahrscheinlich sollte dem Leviathan über diese Vorrichtung die Formel verabreicht werden.« Er machte eine kurze Pause. »Diese Verbindung dürfte allerdings inzwischen nicht mehr vorhanden sein«, seufzte er.
»Jetzt hört doch endlich auf zu reden!«, schrie Max voller Ungeduld. »Das Vieh verschluckt uns gleich alle und die ganze Stadt noch dazu.«
»Immerhin hätte es dann diese magische Formel intus.« Dr. Sinclair ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
»Aber es wäre niemand mehr da, der ihm Befehle erteilen könnte«, gab Dr. Sayvers zu bedenken.
»Die Fugenschleusen!«, rief Max atemlos und zeigte auf eine schmale Luke, die man durch die Fenster des schwebenden Baumhauses neben dem Stahlträger sehen konnte. »Tom hat mir erzählt, dass sein Bruder beim Reparieren einer Fugenschleuse gestorben ist, weil er ins Meer hinausgesaugt worden ist.«
»Ja, das stimmt«, sagte Dr. Sayvers. »Aber ich verstehe nicht ganz … äh, doch, ich verstehe doch, was du meinst … Nein, nein, das ist kompletter Wahnsinn! Außerdem ist keiner von uns Erwachsenen dünn genug, um sich in den Druckanzug in der Fugenschleuse zu zwängen. Das können nur speziell ausgebildete junge Männer machen.«
»Ich kann das übernehmen!«, schlug Max vor.
»Liebling, ich bitte dich!« Mrs Fox schaute ihn streng an. »Einer Rettung aus unserer jetzigen Situation kann ich nur zustimmen, wenn sie ohne Verluste vonstattengeht.«
»Mir passiert schon nichts!« Max rüttelte Henriette am Arm, die immer noch mit offenem Mund auf den heranwabernden Leviathan starrte. »Hast du deine Erfindung noch bei dir?«, fragte er. »Diesen kleinen Röhrenmotor?«
»Wie? Ach so, ja«, stammelte Henriette und griff in ihre Hosentasche. »Hier ist er. Was hast du denn damit vor?« Dann begriff sie und war plötzlich wie elektrisiert. »Mensch, Max, alle Achtung! Das ist
die
Idee!«
Sie riss Professor Fox die magische Formel aus der Hand und stürmte zusammen mit Max zum Ausstieg des schwebenden Baumhauses. Tom wurde mitgezogen und Mafalda und Philip sprangen hinterher. Sie achteten weder auf die Proteste der Wissenschaftler noch auf die Schreie ihrer Mütter.
Der Leviathan war jetzt schon so nahe herangekommen, dass das Meer um sie herum nicht mehr zu sehen war. Die quallenhafte Masse des Monsters umhüllte die Stadt wie eine Rauchwolke. Der schreckliche Schlund hatte sich zwar wieder geschlossen, aber dafür waren unzählige neue Tentakel erschienen, mit denen das Untier nach einer der Glaskuppeln von Atlantic Haven griff.
Henriette knüllte die Buchseite zusammen und steckte sie in den Röhrenmotor. Dann kletterte sie auf das Dach ihres Gefährts und zog Max hinterher. Die anderen folgten ihnen.
»Wir schaffen es nicht«, keuchte Mafalda. »Dieses ekelhafte Vieh ist gleich da!«
Aufgeregt zeigte sie zu den ersten Fangarmen, die die Kuppel bereits erreicht hatten. Schmatzend klatschten die widerlichen Saugnäpfe gegen das Glas.
»Von wegen!«, schrie Max. »Dieses Mistvieh machen wir jetzt fertig!«
Er kletterte von Henriettes Händen, die inzwischen eine Räuberleiter gebildet hatte, auf ihre Schultern. Die anderen drei packten ihn an den Beinen, damit er nicht den Halt verlor und in die Tiefe
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