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Das Graveyard Buch

Titel: Das Graveyard Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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man hat die Leichen alle durcheinander in eine Grube geworfen, die sie dra u ßen vor dem Dorf ausgehoben und später wieder z u geschüttet haben.«
    »Sind denn alle im Dorf umgekommen?«
    Sie zuckte die Achseln. »Jedenfalls alle, die zug e schaut haben, als man mich ertränkt und verbrannt hat. Wie geht es übrigens deinem Bein?«
    »Besser«, sagte Bod. »Danke.«
    Bod stand langsam auf und kletterte vom Kompos t haufen herunter. Dann lehnte er sich gegen das Eisengit ter. »Warst du immer schon eine Hexe«, fra g te er. »Schon bevor du alle verflucht hast?«
    »Als ob man Hexenkünste brauchte«, sagte sie und rümpfte die Nase, »um Solomon Porritt dazu zu bri n gen, um mein Haus zu schleichen.«
    Was, dachte Bod, sagte es aber nicht, eigentlich keine Antwort auf seine Frage war.
    »Und wie heißt du?«, fragte er.
    »Ich hab keinen Grabstein«, sagte sie und zog die Mundwinkel nach unten. »Ich könnte irgendjemand sein, oder?«
    »Aber du musst doch einen Namen haben.«
    »Liza Hempstock, mit Verlaub«, erwiderte sie scharf. Und dann: »Das ist doch nicht zu viel ve r langt, oder? Irgendein Hinweis auf mein Grab. Ich bin gleich da u n ten, siehst du? Brenn n esse l n und Unkraut, das sind me i ne einzigen Zeugen.« Und dabei sah sie einen Auge n blick lang so traurig aus, dass Bod sie am liebsten in den Arm genommen hätte. Als er den Kopf zwischen die Gitte r stäbe drückte, kam ihm plötzlich eine Idee. Er wollte L i za Hempstock einen Grabstein mit ihrem Namen darauf b e schaffen. Er wollte, dass sie wieder lächelte.
    Humpelnd machte er sich auf den Heimweg. Er wollte ihr zum Abschied winken, doch sie war schon ve r schwunden.
     
    Auf dem Friedhof lagen genug Trümmer von Steinen und Statuen anderer Leute herum, aber Bod wusste, dass das nicht das war, was er der Hexe mit den grauen Augen zum Schindanger bringen konnte. Dazu brauchte es schon e t was mehr. Er beschloss, niemandem zu erzählen, was er vorha t te, aus dem nicht ganz von der Hand zu weisenden Grund, dass man ihm sagen würde, er solle es bleiben la s sen.
    In den folgenden Tagen schmiedete er Pläne, einer ungewöhnlicher und komplizierter als der andere. Mr Pe n nyworth war am Verzweifeln.
    »Ich habe den Eindruck«, sagte er und kratzte sich an seinem staubigen Schnurrbart, »dass du nicht be s ser wirst, sondern schlechter. Du wirst nicht unsich t bar, du fällst auf . Du bist schwer zu übersehen. Kämst du zu mir in den Unterricht in Begleitung e i nes roten Löwen, eines grünen Elefanten und eines violetten Einhorns, darauf der König von England in seinem Krönungsornat, dann wü r den die Leute dich und nur dich anstarren und alles and e re als blanke Nebensächlichkeit abtun.«
    Bod schaute ihn nur an und sagte nichts. Er übe r legte gerade, ob es dort, wo die Lebenden wohnten, besondere Läden gab, wo Leute zusammenkamen, die nur Grabste i ne verkauften, und wenn ja, wie er einen solchen Laden ausfindig machen könnte. Die Kunst des Unsichtbarwe r dens war sein kleinstes Problem.
    Er nutzte Miss Borrows’ Bereitwilligkeit aus, sich z u gunsten eines beliebigen anderen Themas vom Th e ma Grammatik und Aufsatz ablenken zu lassen, und fragte sie, wie das mit dem Geld sei: wie es genau funktioniere und wie man es benutze, um das zu b e kommen, was man wollte. Bod besaß ein paar Mü n zen, die er im Lauf der Jahre gefunden hatte (am leichtesten fand man sie dort, wo Liebespaare im Gras des Friedhofs gelegen, sich lie b kost und gedrückt und geküsst und sich herumg e wälzt hatten), und jetzt dachte er, sie könnten ihm endlich ei n mal nützlich sein.
    »Was würde ein Grabstein kosten?«, fragte er Miss Borrows.
    »Zu meiner Zeit«, sagte sie, »kostete einer fünfzehn Guineen. Wie viel so etwas heute kostet, weiß ich nicht. Mehr, denke ich, viel, viel mehr.«
    Bod besaß zwei Pfund und dreiundfünfzig Penny. Das war, da war er sich ziemlich sicher, nicht genug.
    Es war vier Jahre her, also fast ein halbes Leben, dass er das letzte Mal das Grab des Indigomannes besucht ha t te, aber er erinnerte sich noch genau an den Weg. Er ging den Hügel hinauf, von wo er einen Blick über die ganze Stadt, über den Apfelbaum und sogar über den Turm der kleinen Kapelle hatte, bis hinauf zum Frobi s her-Mausoleum, das da stand wie ein verfaulter Zahn. Er schlüpfte in den Gra b bau, hinter den Sarg, und von dort ging es immer weiter hinunter, über die kleinen Stufen, die ins Innere des Hügels gehauen waren, immer weiter hinunter, bis

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