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Das Graveyard Buch

Titel: Das Graveyard Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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glücklich schätzen, wenn man von Abanazer Bö i ger nur einen Bruchteil von dem bekam, was man sich im Stillen erhofft hatte.
    Ein Geschäft wie das von Abanazer Böiger zog sel t same Menschen an, aber der Junge, der an diesem Mo r gen seinen Laden betrat, war vielleicht der sel t samste, dem Abanazer in den vielen Jahren, in denen er seine Mitmenschen um ihre Wertsachen betrog, jemals bege g net war. Er mochte vielleicht sieben Ja h re alt sein, hatte die Kleider seines Großvaters an und roch nach Stall. Seine Haare waren lang und struppig und er wirkte sehr ernst. Seine Hände waren tief in den Taschen einer sta u bigen braunen Joppe vergr a ben, aber auch wenn er seine Hände nicht sehen konnte, merkte Abanazer, dass der Junge etwas fest, wie beschützend, in der rechten Hand umschlossen hielt.
    »Bitte«, sagte der Junge.
    »Ah ja, junger Mann«, sagte Abanazer Böiger wac h sam. Kinder, dachte er. Entweder haben sie etwas g e klaut oder sie wollen ihr Spielzeug verkaufen. In be i den Fällen sagte er gewöhnlich Nein. Wer einem Kind g e stohlene Sachen abkaufte, bekam es mit wütenden E r wachsenen zu tun, die behaupteten, man habe Klein Johnny oder Klein Mathilda einen Groschen für den Eh e ring gegeben. Kinder! Mehr Ärger, als die Sache wert war.
    »Ich brauche etwas für eine Freundin«, sagte der Ju n ge. »Und da dachte ich, Sie könnten mir vielleicht etwas a b kaufen.«
    »Ich kaufe Kindern nichts ab«, antwortete Abanazer Böiger glattweg.
    Bod legte die Brosche auf den schmierigen Lade n tisch. Böiger warf einen Blick darauf, dann schaute er genauer hin. Er setzte die Brille ab, nahm ein Okular vom Ladentisch und klemmte es sich vor ein Auge. Dann schaltete er eine kleine Lampe ein und begu t achtete die Brosche durch das Okular. »Ein Schla n genstein?«, sagte er mehr zu sich selbst als zu dem Jungen. Er legte das Okular beiseite, setzte sich die Brille wieder auf und sah den Jungen argwöhnisch an.
    »Wo hast du das her?«
    »Wollen Sie es kaufen?«, fragte Bod.
    »Das ist gestohlen. Du hast es in einem Museum mi t gehen lassen, stimmt’s?«
    »Nein«, sagte Bod geradeheraus. »Wollen Sie es ka u fen oder muss ich mich woanders umsehen?«
    Sogleich änderte sich Abanazer Bolgers säuerliche Miene. Er lächelte und wurde die Freundlichkeit in Pe r son. »Entschuldigung«, sagte er. »Aber solche Schmuck stücke sieht man selten, jedenfalls nicht in e i nem Laden wie diesem, nicht außerhalb eines M u seums. Aber ich hätte es schon gern. Wie wäre es, wenn wir uns bei Tee und Keksen darüber unterha l ten, was so etwas wert ist? Ich habe im Hinterzimmer noch eine Packung Schokol a denkekse. Abgemacht?«
    Bod war erleichtert, dass sich der Mann schließlich doch aufgeschlossen zeigte. »Ich brauche so viel, dass ich einen Grabstein kaufen kann«, sagte er. »Für eine Freu n din, na ja, keine richtige Freundin, aber ich kenne sie gut. Wissen Sie, sie hat mir geholfen, dass mein Bein wieder gesund wird.«
    Abanazer Böiger achtete gar nicht auf das Geplapper des Jungen, sondern führte ihn hinter den Lade n tisch und machte die Tür zum Hinterzimmer auf, einem fensterl o sen Kabuff, das bis zur Decke mit Pap p schachteln voller Trödelkram vollgestopft war. Und in einer Ecke stand ein großer alter Tresor. Dann gab es da noch eine Kiste mit Geigen, einen Haufen ausg e stopfter Tiere, Stühle ohne Sitzfläche, Bücher und alte Drucke.
    Neben der Tür stand ein kleiner Schreibtisch. Aban a zer Böiger zog sich den einzigen Stuhl heran und setzte sich, während Bod stehen musste. Aban a zer kramte in einer Schublade, in der Bod eine halb leere Flasche Whisky sah, holte eine fast leere Packung Schokolade n kekse heraus und bot dem Jungen einen an. Er schaltete die Schreibtischlampe an und betrachtete nochmals pr ü fend die Brosche, den rot und orange schimmernden Wirbel und untersuchte die schwarze Metallfassung. Beim Anblick der Schlangenköpfe unterdrückte er einen leichten Schauer. »Das ist ein ziemlich altes Stück«, sa g te er, »und« – unbezahlbar, dachte er – »vermutlich nicht viel wert, aber man kann nie wissen.« Bod machte ein langes Gesicht. Abanazer Böiger versuchte, zuversich t lich auszusehen. »Ich muss aber sicher sein, dass es nicht gestohlen ist, sonst kann ich dir kein Geld dafür geben. Hast du es aus der Frisierkommode deiner Mama g e nommen? Aus einem Museum geklaut? Du kannst es mir ruhig sagen, ich werde dich nicht in Schwierigkeiten bringen, ich muss es bloß

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