Das Graveyard Buch
wissen.«
Bod schüttelte den Kopf und kaute auf seinem Keks herum.
»Wo hast du es dann her?«
Bod sagte nichts.
Abanazer Böiger wollte die Brosche nicht hergeben, aber er schob sie über den Tisch dem Jungen hin. »Wenn du es mir nicht sagen willst, dann nimm sie lieber wieder mit. Bei einem Geschäft muss Vertrauen auf beiden Se i ten sein. Nett, dich kenneng e lernt zu haben, aber so geht es nicht.«
Bod schaute bekümmert drein. Dann sagte er: »Ich habe die Brosche in einem alten Grabmal gefunden. Aber wo, das kann ich nicht sagen.« Er hielt inne, denn die Freundlichkeit in Abanazer Bolgers Gesicht war nackter Gier und Erregung gewichen.
»Und da gibt es noch mehr solche Sachen?«
»Wenn Sie sie nicht kaufen wollen«, sagte Bod, »muss ich jemand anderen finden. Auf jeden Fall danke für den Keks.«
»Du hast es aber eilig«, sagte Böiger, »Mama und P a pa warten wohl auf dich.«
Der Junge schüttelte den Kopf, doch dann wünschte er, er hätte genickt.
»Also wartet niemand auf dich. Gut.« Abanazer Bö i ger schloss wieder die Hand um die Brosche. »Na dann sag mir mal ganz genau, wo du sie gefunden hast.«
»Ich erinnere mich nicht mehr.«
»Zu spät«, sagte Abanazer Böiger. »Du wirst jetzt schön darüber nachdenken, wo du die Brosche herhast. Dann u n terhalten wir uns ein bisschen und du sagst es mir.«
Er stand auf, verließ die Kammer und schloss die Tür mit einem großen Schlüssel ab.
Dann öffnete Abanazer Böiger die Hand und betrac h tete die Brosche mit einem gierigen Lächeln.
Das Klingeling der Türglocke meldete ihm, dass j e mand in den Laden gekommen war. Schuldbewusst schaute er auf, doch es war niemand da. Die Ladentür stand einen Spaltbreit offen, Abanazer schloss sie und stellte das Schild »Geschlossen« ins Schaufenster. Dann schob er den Riegel vor; er wollte nicht, dass heute i r gendwelche Wichtigtuer auftauchten.
Der sonnige Herbsttag war grau geworden und die er s ten Regentropfen rannen das schmutzige Scha u fenster hinunter.
Abanazer Böiger nahm das Telefon vom Ladentisch und drückte mit fliegenden Fingern die Tasten.
»Goldmine, Tom«, sagte er. »Komm rüber, so schnell es geht.«
Als Bod das Geräusch des Schlüssels im Schloss hörte, wusste er, dass er in der Falle saß. Er rüttelte an der Tür, doch sie gab nicht nach. Er kam sich dumm vor, weil er sich ins Hinterzimmer hatte locken lassen wie ein Idiot, weil er nicht seiner ersten Eingebung gefolgt war und um diesen sauertöpfischen Mann einen großen Bogen g e macht hatte. Er hatte gegen alle Regeln der Friedhofsg e meinschaft verstoßen und alles war schiefgegangen. Was würde Silas sagen? Oder Mr und Mrs Owens? Er rang die aufsteigende Panik nieder und drängte seine Sorgen be i seite. Alles würde wieder gut werden. Das wusste er. Aber dazu musste er erst einmal hier raus …
Er untersuchte das Kabuff, in dem er gefangen saß. Es war nur ein Abstellraum mit einem Schrei b tisch, mehr nicht. Außer der Tür gab es keinen Z u gang.
Er riss die Schublade auf, fand aber nur kleine Far b töpfe (zum Aufpolieren alter Möbel) und einen Pinsel. Ob es ihm wohl gelänge, dem Mann Farbe ins Gesicht zu schütten, damit er so lange blind war, bis er, Bod, fliehen konnte? Er nahm den Deckel von e i nem Farbtopf ab und tauchte den Finger hinein.
»Was machst du da?«, fragte eine Stimme nah an se i nem Ohr.
»Nichts«, sagte Bod, schraubte den Farbtopf wi e der zu und schob ihn in eine Jackentasche.
Liza Hempstock sah ihn unbeeindruckt an. »Warum bist du hier drin?«, fragte sie. »Und wer ist der alte Fet t sack da draußen?«
»Der Laden gehört ihm. Ich wollte ihm etwas verka u fen.«
»Warum?«
»Nicht dein Bier.«
Sie rümpfte die Nase. »Na, du solltest auf jeden Fall hier raus und zurück zum Friedhof.«
»Kann ich nicht. Er hat mich eingesperrt.«
»Klar kannst du. Du brauchst doch nur durch die Wand zu gehen –«
Er schüttelte den Kopf. »Das kann ich nur daheim, weil ich schon als Baby Ehrenbürger des Friedhofs g e worden bin.« Er betrachtete sie im Schein der elektr i schen Glühbirne. Sie war nicht genau zu erkennen, aber Bod hatte schließlich sein Leben lang mit Toten zu tun gehabt. »Und du, was machst du hier? Wieso treibst du dich außerhalb des Friedhofs rum? Es ist helllichter Tag. Und du bist nicht Silas. Du solltest eigentlich auf dem Friedhof bleiben.«
»Das Gebot gilt für die Friedhofsleute, aber nicht für diejenigen, die in ungeweihter Erde begraben
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