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Das Graveyard Buch

Titel: Das Graveyard Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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hatte, denn auf dem Grün saßen weiße Kissen. Er untersuchte eines di e ser Kissen genauer und stellte fest, dass es aus lauter kleinen Blüten mit jeweils fünf Bl ü tenblättern bestand. Er hatte schon die Nase hineingesteckt, um daran zu ri e chen, als er Schritte hörte, die die Allee heraufkamen.
    Bod machte sich im Efeu unsichtbar und spähte. Drei Männer und eine Frau, allesamt Lebende, k a men den Pfad herauf und bogen in die Ägyptische Allee ein. Die Frau trug eine kunstvolle Kette um den Hals.
    »Ist es hier?«, fragte sie.
    »Ja, Mrs Caraway«, sagte einer der Männer, ein unte r setzter weißhaariger Mann, der ganz außer Atem geraten war. Wie die anderen Männer hatte er einen großen le e ren Weidenkorb bei sich.
    Sie schien unsicher und verblüfft zugleich. »Also gut, wenn Sie meinen«, sagte sie. »Aber ich verstehe wirklich nicht, wozu das gut sein soll.« Sie schaute die Blumen an. »Was soll ich jetzt machen?«
    Der kleinste der Männer holte eine angelaufene Si l berschere aus seinem Weidenkorb. »Hier ist die Sch e re, Frau Oberbürgermeister«, rief er.
    Sie ließ sich die Schere geben und begann, die Bl ü ten büschelweise abzuschneiden. Mit den Blüten fül l ten sie und die Männer die Weidenkörbe.
    »Das ist doch alles lächerlich«, seufzte Mrs Car a way, die Frau Oberbürgermeister, nach einer Weile.
    »Es ist Tradition «, sagte der dickste der Männer.
    »Einfach lächerlich«, wiederholte Mrs Caraway, aber sie schnitt weiterhin Blüten ab und ließ sie in die We i denkörbe fallen. Als der erste Korb voll war, fragte sie: »Reicht das noch nicht?«
    »Wir müssen alle vier Körbe vollmachen«, sagte der kleinste Mann, »und dann verteilen wir die Bl ü ten an die Leute in der Altstadt.«
    »Und was für eine Tradition soll das sein?«, fragte Mrs Caraway. »Ich habe den Oberbürgermeister vor mir gefragt und er sagt, er hat noch nie davon g e hört.« Dann sagte sie plötzlich: »Haben Sie nicht das Gefühl, dass wir beobachtet werden?«
    »Was?«, fragte der dritte Mann, der bisher noch nichts gesagt hatte. Er hatte einen Bart, trug einen Turban und hielt zwei Weidenkörbe in der Hand. »Meinen Sie vie l leicht Geister? Ich glaube nicht an Geister.«
    »Keine Geister«, sagte Mrs Caraway, »bloß ein G e fühl, als würde uns jemand beobachten.«
    Bod hätte sich am liebsten noch tiefer im Efeu verkr o chen.
    »Kein Wunder, dass Ihr Amtsvorgänger diesen Brauch nicht kannte«, sagte der untersetzte Mann, de s sen Korb mittlerweile fast voll war. »Die Winte r blumen haben nach achtzig Jahren zum ersten Mal wieder g e blüht.«
    Der Mann mit dem Bart und dem Turban, der nicht an Geister glaubte, schaute sich nervös um.
    »Jeder in der Altstadt bekommt eine Blume«, sagte der kleine Mann, »Männer, Frauen, Kinder.« Und dann sagte er langsam, so als versuchte er, sich an etwas zu erinnern, was er vor langer Zeit gelernt ha t te: »Ob einer noch bleibt, ob einer muss scheiden, den Danse Macabre kann niemand vermeiden.«
    Mrs Caraway rümpfte nur verächtlich die Nase. »Bl ü hender Unsinn«, sagte sie und schnitt weiter die Blüten ab.
     
    Schon am Nachmittag begann es zu dämmern und um halb fünf war es bereits Nacht. Auf der Suche nach G e sellschaft streifte Bod über den Friedhof, fand aber ni e manden, mit dem er hätte reden können. Er ging bis zum Schindanger, um zu sehen, ob Liza irgendwo war, aber konnte niemanden entdecken. Dann kehrte er zur Gruft der Owens’ zurück, doch auch die war leer, weder Vater noch Mutter Owens ließen sich blicken.
    Panik erfasste ihn, eine ganz leise Panik. Es war das erste Mal in den zehn Jahren seines jungen L e bens, dass er sich an dem Ort, den er immer für seine Heimat geha l ten hatte, verlassen fühlte. Er rannte hinunter zur alten Kapelle, wo er auf Silas warten wollte.
    Doch Silas kam nicht.
    Vielleicht habe ich ihn verpasst, dachte Bod, doch er glaubte es nicht wirklich. Er wanderte bis ganz oben auf die Anhöhe und hielt Ausschau. Die Sterne standen am kalten Himmel, während die Lichtorn a mente der Stadt, Straßenlaternen und Autoschei n werfer und bewegliche Leuchtpunkte, unter ihm in der Ferne flimmerten. Lan g sam schlenderte er wieder hinunter zum Haupteingang des Friedhofs.
    Da hörte er auf einmal Musik.
    Bod hatte schon alle möglichen Arten von Musik g e hört: das liebliche Klingeln des Eiswagens, die Songs, die aus dem Radio der Friedhofsarbeiter kamen, die M e lodien, die Ciarette Jake den Toten auf seiner

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