Das Graveyard Buch
und sagte nichts und ballte ohnmächtig die Fäuste. Am Tag darauf meldeten sich fünf weitere Elfjährige bei Nick auf dem Spielplatz und verlangten ihr Geld zurück, und zwar vom ganzen letzten Monat. Sonst würden sie zur Polizei gehen. Und jetzt war Nick Farthing ein sehr unglücklicher Junge.
»Das war er «, sagte Mo. » Er hat damit angefangen. Wenn er nicht gewesen wäre, wären sie nie auf die Idee gekommen. Er ist derjenige, dem wir eine Lektion erte i len müssen, dann spuren die anderen wieder.«
»Wer?«, fragte Nick.
»Der Typ, der die ganze Zeit am Lesen ist. Der aus der Schulbibliothek. Bob Owens. Der ist es.«
Nick nickte bedächtig. Dann fragte er. »Welcher ist das?«
»Ich zeig ihn dir«, sagte Mo.
Bod war es gewohnt, nicht beachtet zu werden, im Scha t ten zu leben. Wenn die Blicke der anderen normalerwe i se über einen hinweggleiten, wird man sich sehr schnell b e wusst, wenn Augen auf einem ruhen, wenn Blicke sich auf einen richten, wenn man Au f merksamkeit auf sich zieht. Und wenn man in der Wahrnehmung der anderen kaum existiert als ein lebendes Wesen, dann lenkt es die Aufmerksamkeit auf die anderen selbst, wenn auf einen gezeigt wird oder wenn man verfolgt wird.
Sie folgten ihm von der Schule auf die Straße hinaus und dann am Zeitungsstand vorbei bis über die Eise n bahnbrücke. Er ließ sich Zeit und achtete da r auf, dass seine Verfolger, ein stämmiger Junge und ein schmales Mädchen, seine Spur nicht verloren. Dann bog er am E n de der Straße in einen Kirchhof ein, wo sich hinter der Kirche ein kleiner Friedhof befand. Dort wartete er neben dem Grab von Roderick Persson und dessen Frau Am a bella sowie dessen zweiter Frau Portunia (Sie schlafen in der Hoffnung auf Auferstehung) .
»Da ist der Typ«, sagte eine Mädchenstimme. »Bob Owens. Tja, du kriegst ein Riesenproblem, Bob Owens.«
»Bod. Ich heiße Bod, mit einem D. Und ihr seid J e kyll und Hyde.«
»Du warst das«, sagte das Mädchen. »Du bist zu den Siebtklässlern gegangen.«
»Deshalb werden wir dir eine Lektion erteilen«, sagte Nick Farthing und lächelte ohne Humor.
»Ich freue mich auf neue Lektionen«, sagte Bod. »Wenn ihr bei euren mehr aufpassen würdet, hättet ihr es nicht nötig, jüngere Schüler um ihr Taschengeld zu bri n gen.«
Nicks zog die Brauen zusammen. »Owens, du bist tot.«
Bod schüttelte den Kopf und wies auf die Gräber um sich herum. »Das bin ich nicht. Aber die sind es.«
»Wer?«, fragte Mo.
»Die Leute hier«, sagte Bod. »Schaut. Ich habe euch hierhergebracht, um euch vor die Wahl zu ste l len –«
»Du hast uns nicht hierhergebracht«, sagte Nick.
»Ihr seid hier«, stellte Bod fest. »Ich wollte euch hier haben. Ich bin hierhergekommen und ihr seid mir g e folgt. Kommt aufs Gleiche raus.«
Mo schaute sich nervös um. »Du hast Freunde hier, oder?«, fragte sie.
»Ihr habt es immer noch nicht kapiert, furchte ich. Ihr müsst damit aufhören. Hört auf, euch aufzufü h ren, als ob die anderen Leute egal wären. Hört auf, anderen wehz u tun.«
Mo grinste schneidend. »Verdammt noch mal«, sagte sie zu Nick, »hau ihm eine rein.«
»Ich habe euch eine Chance gegeben«, sagte Bod. Nick holte zu einem gemeinen Fausthieb aus, doch Bod war nicht mehr da und Nicks Faust knallte mi t ten auf den Grabstein.
»Wo ist er hin?«, wunderte sich Mo. Nick fluchte und schüttelte seine Hand. Mo schaute sich auf dem schatt i gen Kirchhof um. »Er war doch eben noch da. Nick, das weißt du doch.«
Nick hatte wenig Fantasie und er wollte nicht gerade jetzt damit anfangen nachzudenken. »Vielleicht ist er weggerannt.«
»Er ist nicht gerannt«, sagte Mo. »Er war einfach nicht mehr da.« Mo hatte Fantasie. Sie hatte die Ideen. Nun stand sie hier auf einem unheimlichen Kirchhof, es wu r de langsam dunkel und leise Schauer liefen ihr über den R ü cken. »Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht«, sagte sie. Und dann sagte sie mit schriller, panischer Sti m me: »Wir müssen hier weg.«
»Ich werde das Bürschchen schon finden«, sagte Nick Farthing. »Ich schlag ihn grün und blau.« Mo hatte ein flaues Gefühl in der Magengrube. Die Scha t ten um sie herum schienen sich zu bewegen.
»Nick«, sagte Mo. »Ich habe Angst.«
Angst ist ansteckend. Man kann sie sich einfangen. Manchmal genügt es schon, wenn jemand sagt, dass er Angst hat, und die Angst wird Wirklichkeit. Mo war in Panik und jetzt war Nick es auch.
Nick sagte nichts, er rannte einfach los und Mo hielt sich
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