Das grobmaschige Netz - Roman
Tisch ...
Als der Kiosk öffnete, kaufte er sich eine Zeitung. Es war ganz ungefährlich, die Kioskfrau kannte ihn, er kam nicht zum ersten Mal schon in aller Herrgottsfrühe.
Mit dem Neuen Blatt unter dem Arm lief er die Treppe hoch. Schloss die Tür ab und breitete die Zeitung aus. Suchte.
Der Artikel nahm eine ganze Seite ein, er las ihn zweimal. Klappte dann die Zeitung zu, stützte den Kopf in die Hände und dachte nach.
Gedächtnisverlust?
Schließlich sah er ein, dass das die einzige Antwort war.
Die einzige und die richtige. Mitter hatte ihn vergessen. War so betrunken gewesen, dass er sich einfach nicht mehr erinnern konnte ...
Seine Mundwinkel zuckten, das merkte er. Er war jetzt schläfrig, nach dem frühen Aufstehen ... aber das musste ein Signal sein. Noch ein Signal, um zu zeigen, dass er auf dem richtigen Weg war. Er war jetzt frei und stark ... brauchte nur noch nach vorn zu sehen. Nichts zu befürchten. Ein Löwe.
Etwas krampfte sich in seinem Zwerchfell zusammen.
Angst?
Ob Mitters Erinnerung doch wieder zurückkommen konnte?
Irgendetwas stieß ihm sauer auf.
Er nahm zwei Magentabletten. Spülte mit Mineralwasser nach. Ging wieder ins Bett.
Er hatte schon einen Plan. Hatte keine Lust, den genauer zu durchdenken. Noch war das nicht nötig. Es hatte keine Eile ... noch konnte er die weitere Entwicklung abwarten. Er spürte wieder diesen Kitzel, konnte ihn aber unterdrücken. Noch konnte er an anderes denken. An einen anderen Kitzel.
Liz. Er schob die Hand unter den Hosenbund. Das lag vor ihm. Mit dem Alten, Kranken war Schluss. Am Mittwoch traf er Liz. Seine Frau.
Sie würde ihn verführen, das hatte er in ihren Augen gesehen. . . und er würde es ihr gestatten. Bis zum letzten Moment würde er ihr alles gestatten, dann würde er die Initiative ergreifen und in sie eindringen, bis sie vor Wollust schrie. Von hinten und von vorn und von der Seite.
Eva gab es nicht mehr. Jetzt gab es Liz. Am Mittwoch.
18
»Warum, zum Henker, wissen wir nichts über diesen Caen?«
Van Veeteren schimpfte schon los, noch ehe Münster die Tür geschlossen hatte. Münster ließ sich auf den Stuhl sinken und stopfte sich zwei Halstabletten in den Mund.
»Na?«
»Es hieß doch, wir brauchten nicht ihre ganze Vergangenheit durchzukämmen ... ich begreife nicht, warum du dich noch immer mit diesem Fall befasst. Ich habe in der Kantine den Chef getroffen. Der sagt, wir müssten uns jetzt endlich an unseren Brandstifter machen.«
»Münster, ich scheiß drauf, was Hiller von uns erwartet. Und wenn dich das interessiert, der Pyromane heißt Garanin, er ist ein Russe, und es reicht, wenn wir am 12. einen Mann auf ihn ansetzen.«
»Wieso ausgerechnet am 12.?«
»Der Typ ist mondsüchtig. Zündelt nur bei Vollmond. Ich habe heute Morgen alles durchgesehen, ich habe auch seine Adresse, aber wir sollten ihn auf frischer Tat ertappen. Und jetzt zu Caen: Was hast du über den in Erfahrung bringen können?«
Münster räusperte sich.
»Ich habe nicht mit ihm persönlich gesprochen, ich habe heute Morgen ein Fax geschickt. Die Antwort kommt wahrscheinlich heute Nacht, die haben da unten ja eine andere Zeit.«
»Wirklich?«
»Hm... ja, und dann bin ich zu Rüger gegangen. Er wollte mir natürlich nichts sagen, deshalb hab ich ihm ein paar Tipps in Sachen Henderson gegeben.«
»Bravo, Münster! Weiter!«
»Ja, Caen war nämlich ihr Therapeut. Hat sich damals in Rejmershus um sie gekümmert und sich auch nach ihrer Entlassung noch mit ihr getroffen. Eigentlich hat Rüger auch nicht mehr als die Daten dieser Treffen. Er wollte wohl vor allem klarstellen, dass diese Zeugin durchaus nicht so viel über Eva Ringmar wusste, wie sie behauptete.«
»Ist das alles?«
»Er hat zweimal mit Caen telefoniert, glaubt aber nicht, dass das Gespräch für den Fall irgendeine Bedeutung hat. Und ich würde ihm da eigentlich zustimmen.«
»Überlass die Entscheidung, was wichtig ist und was nicht, lieber mir, Münster! Was weißt du sonst noch?«
»Im März ist er dann nach Australien gegangen. Deshalb haben die Treffen aufgehört ... er hat in Melbourne eine Privatklinik. Seine Frau kommt daher, deshalb vermutlich...«
»Was konnte er über Eva Ringmar erzählen?«
»Nicht allzu viel, offenbar, aber ich glaube auch nicht, dass Rüger ihn besonders bedrängt hat.«
Van Veeteren kratzte sich mit einem Bleistift im Nacken und dachte nach.
»Rüger? Nein, wahrscheinlich nicht. Aber was hast du in deinem Fax
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