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Das große Doppelspiel

Das große Doppelspiel

Titel: Das große Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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klingen?«
    »O ja«, sagte er. »Aber fahren Sie fort. Märchen sind immer sehr aufbauend.«
    »Meine Großmutter, Witwe mit einem der
ältesten Namen Frankreichs und stolz wie eine Königin.
Hortense, die ältere Schwester, geistreich, zynisch, immer
beherrscht. Und dann Hélène, jung und kapriziös und
sehr, sehr schön.«
    »Und sie verliebte sich in den jungen Arzt aus
Cornwall?« sagte Craig. »Ich könnte mir vorstellen,
daß das der alten Dame nicht gefiel.«
    »So war es, und die beiden brannten eines Nachts
durch. Mein Vater ließ sich in London nieder, und die
französische Familie kappte die Verbindung …«
    »Bis die schöne Hélène Zwillinge zur Welt brachte?«
    »Genau.« Geneviève nickte. »Und Blut ist dicker als Wasser, wie es heißt.«
    »Also fingen Sie an, die alte Heimat zu besuchen?«
    »Meine Mutter, Anne-Marie und ich. Es klappte
sehr gut. Wir waren keine Fremdlinge. Verstehen Sie, meine Mutter
drillte uns darauf, im Schloß nur französisch zu
sprechen.«
    »Und Ihr Vater?«
    »Oh, er wurde nie in den Kreis der Familie
aufgenommen. Er war im Lauf der Jahre aber sehr erfolgreich. Oberarzt
der Chirurgie im Guy’s Hospital und eine Privatpraxis in der Har­
ley Street.«
    »Und dann starb Ihre Mutter?«
    »Ja. 1935, an Lungenentzündung. Wir waren
damals drei­ zehn. Für mich ist es das Jahr des
Daumens.«
    »Und Anne-Marie entschied sich für Frankreich, während Sie bei Ihrem Vater blieben? Wie kam das?«
    »Ganz einfach«, sagte Geneviève
achselzuckend und sah plötzlich sehr französisch aus.
»Großmutter war tot, und Hor­ tense war die neue
Comtesse de Voincourt, ein Titel, den die Älteste in der
weiblichen Linie der Familie seit den Tagen Karls des Großen
führt. Und sie wußte nach mehreren Ehen zumindest eines,
daß sie keine Kinder bekommen konnte.«
    »So daß Anne-Marie den Titel erben würde?« fragte Craig.
    »Aller Wahrscheinlichkeit nach. Oh, Hortense
hatte keinerlei juristischen Anspruch auf sie, aber mein Vater
überließ AnneMarie die Entscheidung, obgleich sie erst
dreizehn war.«
    »Er hoffte, sie würde sich für ihn entscheiden, stimmt’s?«
    »Armer Daddy.« Geneviève nickte.
»Und Anne-Marie wußte genau, was sie wollte. Für ihn
war es der letzte Anstoß. Er ver­ kaufte die Londoner Praxis
und zog wieder nach Saint Martin und kaufte das alte Pfarrhaus.«
    »Stoff für einen Film«, bemerkte Craig. »Mit Bette Davis als Anne-Marie.«
    »Und wer soll mich spielen?« fragte Geneviève.
    »Natürlich auch Bette Davis.« Er
lachte. »Eine Doppelrolle. Wann haben Sie Anne-Marie das
letztemal gesehen?«
    »Ostern 1940. Mein Vater und ich waren zusammen
in Voincourt. Es war vor Dünkirchen. Er versuchte, sie zu
überre­ den, mit uns nach England zurückzugehen. Sie
zweifelte an seinem Verstand und brachte ihn mit ihrem Charme schnell
von der Idee ab.«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen.« Craig
kurbelte das Fenster weiter herunter und warf die Zigarette hinaus.
»Sie sind also die neue Erbin des Titels?«
    Als Geneviève Trevaunce sich zu
ihm wandte, war plötzlich alle Farbe aus ihrem Gesicht gewichen.
»Bei Gott, ich habe noch keine Sekunde daran gedacht – bis
jetzt.«
    Er legte ihr den Arm um die Schultern. »Sie
brauchen sich nicht zu verteidigen, es ist alles in Ordnung. Ich
verstehe.«
    Sie sah auf einmal sehr erschöpft aus. »Wann sind wir in London?«
    »Am frühen Abend, mit ein bißchen Glück.«
    »Und dann werden Sie mir die Wahrheit sagen? Die ganze Wahrheit?«
    Er sah sie nicht einmal an, hielt seinen Blick weiter
auf die Straße gerichtet. »Ja«, sagte er kurz,
»ich denke, das kann ich Ihnen versprechen.«
    »Gut.«
    Es fing plötzlich an zu regnen. Sie schloß
die Augen, wäh­ rend er die Scheibenwischer anschaltete, und
nach einer Weile schlief sie, die Arme unter der Brust
verschränkt, mit dem Kopf an seiner Schulter, friedlich ein.
    Das Parfüm war anders. Anne-Marie und doch nicht
AnneMarie. Craig Osbourne war noch nie in seinem Leben so durcheinander
gewesen und fuhr verdrossen weiter.

    Als sie sich London näherten, dunkelte es, und am
Horizont leuchteten die ersten Feuerblitze, denn die von Chartres und
Rennes aus operierenden Ju 88 G der Deutschen, die als Ziel­
beleuchter dienten, schossen die Leuchtraketen ab, die die schweren
Bomber, die folgen würden, leiten sollten.
    Sie erreichten die Stadt und sahen
überall Spuren von den Bombenschäden der vergangenen Nacht.
Craig mußte einige Male einen Umweg machen, da die

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