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Das große Doppelspiel

Das große Doppelspiel

Titel: Das große Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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wieder Kraft zu schenken.
    »Was möchten Sie?«
    Geneviève drehte sich um, und da stand sie,
völlig unverän­ dert seit dem letzten Mal. »Chantal
… Sie haben mich er­ schreckt.«
    Das harte, grimmige Gesicht lockerte sich kein wenig. »Was möchten Sie?« wiederholte sie.
    »Meine Tante sehen, natürlich. Irgendwelche Einwände da­ gegen?«
    »Sie ruht. Ich werde sie nicht stören lassen.«
    Eine Hexe, hatten sie immer gesagt, eine unbarmherzige
und starrsinnige Frau, die sich nie irgendeinem fremden Einfluß
zugänglich gezeigt hatte.
    Geneviève sagte geduldig: »Tun Sie bitte
dieses eine Mal, was Ihnen gesagt wird. Fragen Sie Hortense, ob sie
mich emp­ fangen wird. Wenn nicht, gehe ich trotzdem hinein.«
    »Nur über meine Leiche.«
    »Oh, das ließe sich sicher
arrangieren.« Plötzlich war sie entsetzlich ungeduldig
– Anne-Marie gewann die Oberhand. »Mein Gott, was sind Sie
für ein Drache.«
    Chantals Augen bekamen bei der Anrufung einen dunklen
Glanz, denn sie war sehr religiös. »Sie wissen, wohin Sie
ein­ mal kommen werden, nicht wahr?«
    »Aber nur, wenn Sie im anderen Teil sind.«
    Die Tür hinter ihr stand einen Spalt weit offen.
Als Geneviè­ ve sich dorthin wandte, hörte sie die
Stimme, die auch nach all den Jahren so vertraut war, und ihr Mund
wurde trocken, ihr Herz schlug schneller.
    »Wenn sie mich unbedingt sehen will, hat sie
bestimmt et­ was auf dem Herzen. Lassen Sie sie herein.«
    Als Chantal die Tür aufstieß, konnte
Geneviève hinter ihr ih­ re Tante sehen. Sie lag
aufgestützt im Bett und las Zeitung. Sie lächelte
zuckersüß, als sie an der Zofe vorbeiging. »Vielen
Dank, meine Beste.«
    Doch einmal im Zimmer, verlor sie jeden
Mut. Was soll ich bloß reden? fragte sie sich. Was würde
Anne-Marie sagen? Sie holte tief Luft und plauderte einfach drauflos.
»Warum hast du sie eigentlich nicht schon längst
hinausgeworfen?« sagte sie und setzte sich so in einen Sessel am
Kamin, daß sie zum Bett blickte.
    Sie empfand eine ungeheure Spannung – und nur
einen Wunsch. Zu ihrer Tante zu laufen und ihr zu sagen, daß sie
es war, Geneviève, die nach all den Jahren zurückgekommen
war.
    »Seit wann sorgst du dich um solche
Sachen?« Es war eine körperlose Stimme hinter der Zeitung.
Jetzt senkte Hortense das Blatt, und Geneviève bekam einen der
größten Schocks ihres Lebens. Sie war immer noch Hortense,
aber unendlich viel älter als damals.
    »Gib mir bitte eine Zigarette«, sagte sie, nicht sehr freund­ lich.
    Geneviève machte die Handtasche auf, nahm das
Feuerzeug und das Etui aus Silber und Onyx heraus und warf beides aufs
Bett. »Oh, ein neues Etui«, sagte Hortense, als sie es
aufklapp­ te. »Sehr hübsch.«
    Sie zündete sich eine Gitane an. Geneviève
nahm das Etui, steckte es in die Handtasche zurück und streckte
die Hand nach dem Feuerzeug aus. Dabei rutschte der weite Ärmel
ihrer Sei­ denbluse zurück, und Hortense zögerte, blickte
starr, gab ihr dann das Feuerzeug.
    »Paris war nicht sehr lustig«, sagte Geneviève.
    »Das glaube ich dir aufs Wort.« Sie sog
den Rauch tief ein. »Chantal meint, ich sollte nicht rauchen.
Wenn ich sie bitte, mir eine Schachtel Zigaretten zu holen,
vergißt sie es einfach.«
    »Wirf sie hinaus.«
    Hortense ignorierte sie einen Augenblick
lang, gab ihr damit die Chance, sich der Situation anzupassen. Als
Geneviève sie das letztemal gesehen hatte, hatte sie keinen Tag
älter als vier­ zig ausgesehen, aber das war schon immer so
gewesen. Die Wahrheit war nicht, daß sie alt war, nur, daß
sie um vieles mehr gealtert war als die vier Jahre, die
Geneviève sie nicht gesehen hatte.
    »Du möchtest etwas?« sagte Hortense.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Du möchtest meistens etwas.« Sie zog
wieder und gab die Zigarette dann ihrer Nichte. »Rauch du sie
weiter, nur um Chantal einen Gefallen zu tun.«
    »Es wird dir nichts nützen. Sie hat den Instinkt eines Jagd­ hundes.«
    »Es ist ein Spiel, das wir spielen.«
Hortense zuckte mit den Schultern. »Sonst gibt es hier ja nicht
viel mehr zu tun.«
    »Was ist mit General Ziemke?«
    »Carl ist ganz in Ordnung, auf seine Weise.
Zumindest ein Herr, was man von den anderen unten im Erdgeschoß
nicht sagen kann. Abschaum, zum Beispiel dieser Reichslinger. Sie
denken offenbar, Rasse hätte etwas mit Pferden zu tun.«
    »Und Priem? Was hältst du von ihm?«
    »Ich habe gehört, er hätte dir die Koffer nach oben getragen. Ist er in dich verliebt?«
    »Vielleicht kannst du es mir sagen. Du

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