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Das große Doppelspiel

Das große Doppelspiel

Titel: Das große Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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bist schließlich eine Autorität in dieser Beziehung.«
    Hortense lehnte sich zurück und musterte
Geneviève unter hochgezogenen Augenbrauen. »Ich weiß
nur eines. Er ist ein Herr, soviel ist sicher. Er hat Charakter.«
    »In der Tat.«
    »Keiner von der Sorte, die mit sich spielen
läßt. Ich würde ihn an deiner Stelle nicht vor den Kopf
stoßen.«
    »Ist das ein Vorschlag oder ein Befehl?«
    »Du hast noch nie gern
gehorcht«, entgegnete Hortense, »aber ich habe dich nie
für dumm gehalten. Du weißt, ich habe in solchen Dingen
gewöhnlich recht.«
    Geneviève war in einer Zwickmühle, denn
Hortense war der einzige Mensch, der ihr alles sagen konnte, was in
diesem Haus vor sich ging, und doch wagte sie es nicht, sie mit
hineinzuzie­ hen, und noch viel weniger, ihr die Wahrheit zu sagen.
Es war besser für sie, wenn sie unbeteiligt blieb.
    »Und wenn ich dir erzählte, warum ich hier bin?«
    »Du würdest wahrscheinlich lügen.«
    »Ein Bankier aus der Schweiz, bis über beide Ohren in mich verliebt?«
    »Endlich die große Liebe? Du, Anne-Marie?«
    »Du glaubst kein Wort von dem, was ich sage, nicht wahr?«
    »Ist das nicht in jedem Fall sicherer? Und nun
sag mir, was los ist, und gib mir noch eine von deinen
Zigaretten.«
    Sie langte nach Genevièves Handtasche, hatte
sie geöffnet, ehe Geneviève sie daran hindern konnte, und
suchte darin. Plötzlich erstarrte sie, zog nach zwei oder drei
Sekunden die Walther heraus.
    »Sei vorsichtig«, sagte Geneviève
und griff danach, und bei der Bewegung rutschte ihr Ärmel wieder
hoch.
    Hortense ließ die Pistole fallen und packte ihr
rechtes Hand­ gelenk mit einem eisernen Griff, so heftig, daß
sie gezwungen war, den Schutz des Sessels aufzugeben und sich neben das
Bett zu knien.
    »Als du acht Jahre alt warst, bist
du einmal in den Brunnen im Garten gewatet – den Brunnen mit dem
Jungen mit der Trompete. Du hast mir später erzählt, du
wolltest an ihm hoch­ klettern und das Wasser trinken, das aus
seinem Mund kam.« Geneviève schüttelte
verständnislos den Kopf. Der Griff wurde noch fester. »Dabei
ist einer von seinen Bronzefingern abge­ brochen. Du bist
ausgerutscht und mit dem Arm daran hängen geblieben. Später
hast du hier in diesem Zimmer auf meinem Schoß gesessen und dich
an mir festgehalten, während Dr. Ma­ rais die Wunde
nähte. Wie viele Stiche waren es doch – fünf?«
    »Nein!« Geneviève wehrte sich
verzweifelt. »Du irrst dich. Das war Geneviève.«
    Hortense fuhr mit dem Finger die dünne
weiße Narbe ent­ lang, die an der Innenseite des rechten
Unterarms deutlich zu sehen war. »Ich habe dich ankommen sehen,
Chérie«, sagte sie. »Vom Fenster aus.« Sie
ließ sie los, streichelte ihr Haar. »Von dem Augenblick an,
als du aus dem Wagen gestiegen bist – von dem Augenblick an. Hast
du geglaubt, ich würde es nicht merken?«
    In Genevièves Augen standen Tränen. Sie
warf die Arme um sie. Hortense küßte sie zärtlich auf
die Stirn, hielt sie einen Moment lang an sich gedrückt, sagte
dann leise: »Und nun erzählst du die Wahrheit,
Chérie.«

    Als sie ausgeredet hatte, kniete sie immer noch neben
dem Bett. Eine lange Pause entstand, dann tätschelte Hortense ihre
Hand. »Ich denke, ich könnte jetzt einen Cognac gebrauchen.
Dort drüben – in der kleinen chinesischen Vitrine in der
Ecke.«
    »Besser nicht. Deine Gesundheit …«, sagte Geneviève.
    »Was redest du da?« Hortense sah sie stirnrunzelnd an.
    »Sie haben mir gesagt, du hättest Probleme
mit dem Herzen. General Munro sagte, du seiest leidend.«
    »Was für ein Unsinn. Findest du vielleicht, daß ich leidend aussehe?« Sie war fast zornig.
    Geneviève antwortete: »Nein, du siehst
blendend aus, wenn du es wirklich wissen willst. Ich hol dir den
Cognac.«
    Sie ging zu der Vitrine und machte sie
auf. Also noch eine Unwahrheit, noch ein schmutziger kleiner Trick, mit
dem Mun­ ro sie etwas heftiger in die Richtung drängen wollte,
in der er sie haben wollte, und Craig Osbourne hatte mitgespielt. Ihre
Hand zitterte leicht, als sie den Courvoisier in das bauchige
Kristallglas schenkte und es ihrer Tante brachte.
    Hortense leerte es in einem raschen Zug und schaute nach­ denklich in das leere Glas. »Armer Carl.«
    »Warum sagst du das?«
    »Glaubst du, ich könnte es noch ertragen,
von seinen Händen angerührt zu werden, jetzt, wo ich
weiß, was diese Bestien mit Anne-Marie gemacht haben?« Sie
stellte das Glas auf den Nachttisch. »Wir haben wie in einem
ständigen

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