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Das große Haus (German Edition)

Das große Haus (German Edition)

Titel: Das große Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Krauss
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fragte Joav, erst mich, dann Leclercq, dann wieder mich anblickend. Um den Sohn meiner Nichte, sagte Leclercq, indem er ein Stück Toast mit Butter bestrich. Ist er zu Besuch?, fragte Joav. Er lebt seit letztem Jahr bei uns, sagte Leclercq. Ich habe ihn sehr gern. Das ist doch etwas anderes, wenn ein Kind hier herumtollt. Was ist mit seiner Mutter?, unterbrach ich. Eine peinliche Pause trat ein. Die Muskeln in Leclercqs Gesicht spannten sich, während er mit einem kleinen Silberlöffel den Kaffee umrührte. Für uns existiert sie nicht, sagte er.
    Kein Zweifel, das Thema war damit beendet, und nach einem ungemütlichen Schweigen entschuldigte sich Leclercq, er müsse aufbrechen, er wolle so schnell wie möglich in die Stadt und seine Brille reparieren lassen. Dann stand er abrupt auf und bat Joav, ihm zu folgen, um wenigstens noch über das zu reden, weswegen wir von so weit her gekommen waren. Sie ließen mich allein zurück. Ich stand auf und spähte in die Küche, ob ich Gigi dort erwischte. Der Gedanke, dass ich ihn nicht wiedersehen würde, machte mich traurig. Da stand ein Tablett mit einem Kinderbecher und einer kleinen Schüssel, aber die Küche war leer.
    Wir verstauten unsere Taschen im Kofferraum des Citroën. Ein großer Karton lag quer über der Rückbank. Leclercq kam heraus, um uns zu verabschieden. Es war ein wolkenloser Wintertag, alles hob sich licht und geschärft vom Himmel ab. Ich blickte zu den Schlosstürmen hinauf, in der Hoffnung, eine Bewegung, vielleicht sogar das Gesicht des Jungen zu sehen, aber das Sonnenlicht machte die Fenster weiß und blind. Kommen Sie wieder, sagte Leclercq, obwohl daran natürlich nicht zu denken war. Er öffnete mir die Beifahrertür und legte, als er sie wieder schloss, so viel unnötige Kraft hinein, dass die Scheiben des alten Wagens klirrten. Im Wegfahren drehte ich mich auf dem Sitz um und winkte unserem Gastgeber. Er blieb reglos stehen, verblödet und traurig mit seiner zerbrochenen Brille, während sich hinter ihm der massive Rumpf von Cloudenberg erhob, dank einer List der Perspektive höher und höher, als reckte ein gesunkenes Schiff sein Heck aus den Tiefen des Meeres, bis der Weg um eine Kurve führte und ich ihn durch die Bäume aus den Augen verlor.
    Auf der Rückfahrt waren Joav und ich schweigsam, jeder in seine eigenen Gedanken vertieft. Erst als wir die bedrückenden Außenbezirke von Brüssel hinter uns gelassen hatten und uns wieder auf der offenen Autobahn befanden, fragte ich, was es sei, dessentwegen sein Vater ihn hergeschickt hatte. Er warf einen Blick in den Rückspiegel und ließ ein Auto uns überholen. Ein Schachtisch, sagte er. Danach müssen wir über andere Dinge gesprochen haben, aber ich weiß nicht mehr, worüber.
     
    In den folgenden Monaten begannen wir – Joav, Leah, ich und sogar Bogna, die ihren Dienst noch nicht quittiert hatte –, uns in häuslichen Gewohnheiten einzurichten. Leah übte mit großer Hingabe Stücke von Bolcom und Debussy für ihr erstes Konzert im Purcell Room, ich absolvierte meine Zeiten in der Bibliothek, Joav fing an, ernsthaft für seine Prüfungen zu lernen, und Bogna räumte, kommend und gehend, alles wieder an seinen Platz. An den Wochenenden liehen wir einen Stapel Filme aus. Wir aßen, wann wir Lust hatten, und schliefen, wann wir Lust hatten. Ich war glücklich dort. Manchmal, wenn ich früh vor den anderen aufwachte und, in eine Decke gehüllt, durch die Zimmer wanderte oder in der leeren Küche meinen Tee trank, überkam mich das seltene Gefühl, die immer so erdrückende und unverständliche Welt habe tatsächlich, trotz aller Undurchsichtigkeit, eine Ordnung und ich einen Platz darin.
    Dann, an einem regnerischen Nachmittag Anfang März, klingelte das Telefon. Manchmal schien es, als wüssten Joav und Leah schon bevor sie den Hörer abgenommen hatten, dass es ihr Vater war: ein kurzer schneller Blick flog zwischen ihnen hin und her. Tatsächlich, es war Weisz, der vom Bahnhof in Paris anrief, um sich für den Abend anzukündigen. Sofort fegte eine angespannte Stimmung durch das Haus, Joav und Leah wurden von einer rastlosen Unruhe gepackt, gingen in den Zimmern ein und aus und die Treppe hinauf. Wenn wir gleich nach Marble Arch losfahren, kannst du um halb zehn in Oxford sein, sagte Joav. Ich wurde wütend. Wir stritten uns. Ich beschuldigte ihn, er schäme sich meiner und wolle mich vor seinem Vater verstecken. In meinem eigenen Kopf war ich plötzlich wieder die Tochter derer, die das

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