Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)
klar, dass man ein Jahr nicht einfach so durchplanen kann, dass mich große und kleine Ereignisse, weltpolitische und private Katastrophen aus der Bahn werfen könnten. Dass es so früh in meiner Reise passieren würde, finde ich, wenn es angesichts der Umstände nicht so zynisch klingen würde, beinahe gut. Früher haben die Seeleute gesagt, sie segeln von A gen B, nicht nach B. Die grobe Richtung muss man schon wissen beim Aufbruch, der Weg dahin kann sich aber im Lauf der Reise immer wieder ändern durch wechselnde Winde und andere Unwägbarkeiten. Und am Ende landet man vielleicht, wer weiß, in C und ist dort genau am richtigen Ort. (Den man nie gefunden hätte, wenn man nicht gen B aufgebrochen wäre.)
Und auch durch mein Indienbild ist ein Wind gegangen. Rajasthan hat mich versöhnt mit dem Land. Natürlich ist das ein touristentaugliches Vorzeige-Indien, die Pracht und die Herrlichkeit von Palästen und Tempeln. Das ändert nichts daran, dass es existiert. Ich betrachte meine Mumbai-Erfahrung jetzt nur noch als Puzzlestein in einem möglichen Indien-Bild. Rajasthan ist der zweite Stein, und ich habe die leise Ahnung, dass das Ganze ein 1 0 000-Teile-Kasten ist.
Eines hat dieses Land auf jeden Fall geschafft: mich einen Monat lang durch die große Gefühlsschleuder zu drehen. Ich glaube, ich hatte noch nie so viele starke, widersprüchliche Emotionen auf einmal. Zorn, Mitleid, Bewunderung, Verachtung, Andacht, Scham, helle Freude, tiefe Ergriffenheit lagen immer nur einen Wimpernschlag voneinander entfernt. Und alles in XL , kleiner haben sie’s hier nicht.
Wenn ich eines gelernt habe in diesem Monat, dann Geduld. Mit mir, mit dem Land, mit der Kollision von beidem. Indien war der größte Kulturschock, den ich je erlebt habe. Nach drei Tagen wollte ich nur noch weg. Und bin unglaublich froh, geblieben zu sein. Ich war zwar bis zum Ende fassungslos, aber diese Fassungslosigkeit hat mir von Tag zu Tag besser gefallen. Sie hat sich auch verändert: Anfangs war ich verstört vom Elend, dem Dreck, der himmelschreienden Schere zwischen Arm und Reich und dass sie niemand hier für ungerecht hält, dem Chaos, dem Lärm, dem Wahnsinn. Am Ende von der Schönheit, der Beharrlichkeit, der Vielfalt und immer noch dem Wahnsinn.
Jedenfalls: Namaste, mein Freund. Ich hab das Reisen wieder lieb.
Wie immer: die Deine
10 Dinge, die ich in Indien gelernt habe
1. Durchhalten.
2. Neue Verkehrsregeln akzeptieren. Erstens: Verkehr wird per Lautstärke geregelt. Größte Hupe = Vorfahrt. Fußgänger ohne Hupe = rennen. Und: Lastwagen haben immer recht. Zweitens: Optimale Ausnutzung der Straße: Auf zwei Fahrspuren passen drei Autos nebeneinander, auf ein Motorrad vier Leute, in einen Jeep 20. Man muss nur wollen. Drittens: Es herrscht Linksverkehr. Und zusätzlich Rechtsverkehr, wo es sich anbietet. Es kommt immer drauf an.
3. Bei der Gelegenheit habe ich auch gleich eine der wichtigsten Reiseregeln überhaupt gelernt: akzeptieren, was ist. Die eigenen Werte zuhause lassen, die gelten hier nicht. Stattdessen: zuschauen, zulassen, hinnehmen.
4. Bas! heißt Schluss jetzt! Nützlichste Vokabel in fast allen Situationen.
5. Den indian head wobble . Ein seitlich wiegendes Kopfwackeln, das je nach Kontext völlig unterschiedliche Bedeutungen haben kann. Entweder: ja. Oder: okay, habe ich verstanden, glaube ich. Oder: macht doch nichts. Oder: keine Ahnung, aber das werde ich nicht zugeben. Oder: vielleicht, aber eher übermorgen. Oder: kommt überhaupt nicht infrage, aber das werde ich dir nicht auf die Nase binden. Oder: nein, aber das darf ich nicht sagen, denn das ist unhöflich. Je schneller der Kopf wackelt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass etwas verstanden und positiv beschieden wurde. Und dass möglicherweise sogar eine Aktion erfolgt. Die Geste ist so nützlich und so ansteckend, dass ich sie sofort selbst ins Repertoire aufgenommen habe. Reagieren und das Spiel vorantreiben, ohne sich festzulegen– so geht das also.
6. Fladenbrot mit der rechten Hand zu zerteilen, ohne es mit der Linken festzuhalten.
7. Wasser aus einer Flasche zu trinken, ohne die Lippen an den Rand zu setzen. Die Inder gießen sich das Wasser aus ein paar Zentimetern Entfernung in den Mund, um die Flasche teilen zu können, denn aus demselben Gefäß zu trinken hat hier in etwa den Ekelfaktor, wie bei uns dieselbe Zahnbürste zu teilen. Diese Trinktechnik musste ich natürlich unbedingt ausprobieren. Und eines Tages, viele nasse Hemden
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