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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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interessiert die Flasche Wein, die John Law ihm mitgebracht hatte.
    »Mehr Details, mehr Details. Seit bald zwei Jahren schicke ich ihm zusätzliche Erläuterungen. Ich glaube allmählich, Desmartes versteht den Inhalt der Sache nicht.«
    »Sie meinen«, schmunzelte Saint Simon, »sein Verstand versagt ihm den Dienst?«
    »Wo nichts ist, kann nichts versagen. Ich brauche eine Audienz beim König, Saint Simon! Selbst wenn ich bei Desmartes eine Audienz erhielte, was nützt mir das? Er brauchte erneut...«
    »Mehr Details«, amüsierte sich Saint Simon und legte die Weinflasche behutsam beiseite, »Monsieur Bernard hat mir anvertraut, dass er von Ihrer Person sehr beeindruckt ist. Aber er ist gegen Ihre Pläne. Jetzt kann Ihnen nur noch der Due d'Orleans helfen. Aber dafür müsste der König sterben und der Herzog nüchtern werden. Letzteres ist schwieriger als die Domestizierung der Neuen Welt.«
    »Sie haben doch Einfluss auf den Due d'Orleans! Reden Sie mit ihm! Überzeugen Sie ihn! Beenden Sie das Elend in den Straßen von Paris!«
    »Monsieur Law«, seufzte Saint Simon, »ich traue mir durchaus zu, dem Herzog das Versprechen abzuringen, Ihnen die Gründung einer Staatsbank zu gestatten. Nur, der Herzog hält seine Versprechen nicht. Er gibt jedem und allem nach. Wie alle Menschen verkauft er seine Schwächen als Tugenden. Er hält sich für tolerant. Aber ich glaube, er ist schwach und keinem Widerstand gewachsen. Er ist nicht einmal seinem eigenen Charakter gewachsen und verkommt deshalb in Trunkenheit, endlosen Orgien und Disputen mit Mätressen und gehörnten Ehemännern. Neuerdings sagt man ihm sogar die Nähe zu Geheimlogen nach ...«
    »Versuchen Sie es trotzdem. Ich bitte Sie darum.«
    »Wo soll ich ihn aufsuchen? In den Salons? An den Spieltischen? In den Pariser Galerien? In der Oper? In irgendeinem Jagdschloss? Oder in den unterirdischen Gewölben von Versailles, wo er angeblich als Großmeister des Tempelordens Komplotte schmiedet?«
    »Hat denn sein Vater keinen Einfluss auf seinen Sohn?«, fragte John Law ungeduldig.
    »Sein Vater interessiert sich nur für die Anatomie des männlichen Geschlechts und die Kabbalistik. Wäre er nicht der Bruder des Königs, man hätte ihn schon längst zu den Galeeren geschickt. Und die Kabbalistik, das muss ich Ihnen, mein sehr geschätzter John Law, nicht erzählen, ist wohl die dümmste Form des Aberglaubens.«
    Saint Simon redete und redete, verstieg sich in immer neuen Gerüchten und Indiskretionen, gewürzt mit sexuellen Ausschweifungen, Intrigen, Komplotten. Saint Simon war der ewige Intrigant und Nörgler, der sein Schicksal dadurch erträglicher machte, dass er ein Tagebuch führte, das er als Chronik seiner Zeit verstand, in dem er, der Herzog, eine Schlüsselrolle spielte.
    »Was raten Sie mir, Monsieur?«
    »Geduld. Frankreich ist am Ende. Aber das ist noch nicht schlimm genug. Erst wenn Frankreich in den letzten Atemzügen liegt, werden Sie eine Chance haben, Ihr Bankprojekt zu realisieren. Dann wird der protestantische Schotte John Law das kleinere Übel sein.«
     
    »Mesdames, Messieurs, faites vos jeux«, sagte John Law und beobachtete die Spielerinnen und Spieler, wie sich beim Setzen unmerklich ihre Mienen veränderten, ihre Bewegungen, ihre ganze Haltung. Der Due d'Orleans saß John gegenüber. Zwei attraktive Begleiterinnen schmiegten sich an seine Schultern. Er schien hin und her gerissen, zögerte, stellte mit großem Pathos seine innere Zerrissenheit zur Schau und setzte schließlich mit einer raschen Bewegung einen Stapel Jetons auf die Zwei.
    »Die Sonnenfinsternis vor neun Jahren. Der 11. Mai 1706. Ich habe die beiden Ziffern der Eli addiert.«
    Die anderen Spieler tätigten nun ebenfalls ihre Einsätze.
    »Wir schätzen es«, freute sich die hübsche La Duclos, »dass Sie meinen Salon mit Ihrer Abschiedsvorstellung beehren, Monsieur Law.«
    Ein überraschtes Raunen ging durch den Saal. Law nahm es mit Genugtuung zur Kenntnis. Wie hatte er doch diese Abende in den letzten Monaten hassen gelernt. Er hatte sich gefühlt wie ein Feldherr, den man mit Spielzeugsoldaten abspeiste. Er ließ sich jedoch keine Kränkung anmerken:
    »Ich wollte mich von den hoch geschätzten Gästen Ihres Salons in gebührender Form verabschieden, Madame.«
    Der Due d'Orleans küsste nacheinander seine beiden Begleiterinnen und scherzte: »Irgendwie müssen wir uns die Zeit vertreiben. Bis dem König auch noch das zweite Bein abfault.«
    Vorsichtiges Gelächter.

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