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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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zeigte sie zur Tür: »Hinaus, William. Es reicht. Ich habe weiß Gott genug Sorgen.«
    Nachdem William gegangen war, wartete Jean Law noch eine Weile unschlüssig. Schließlich machte sie sich auf, um John in seinem Zimmer aufzusuchen. Als sie in seinem Zimmer ankam, lag John bereits im Bett. Er war kreidebleich und hielt sich einen nassen Lappen auf die Stirn. Das Wasser lief seitlich die Schläfen hinunter und tropfte auf das Kopfkissen.
    »John«, begann die Herrin über Lauriston Castle vorsichtig, »im Frühjahr sagtest du einmal, du hättest viele Fähigkeiten und würdest gern herausfinden, welche von diesen Fähigkeiten dir am meisten Freude bereitet. Weißt du es jetzt?«
    John Law schaute seine Mutter mit schmerzhaft zusammengekniffenen Augen an. »Der Gin von Edinburgh bereitet mir jedenfalls keine Freude, Madam«, murmelte John und atmete schwer, als hätte ihn dieser Satz bereits erschöpft. »Der Gin schadet der Mathematik.Vielleicht wäre London etwas für mich.«
    »London?«, fragte seine Mutter mit gemischten Gefühlen.
    »Ja, Madam, London. Ich habe gelesen, dass im nächsten Jahr in London eine Bank gegründet wird. Von einem Landsmann. William Paterson. Ich würde ihn gern kennen lernen.«
    »Eine Bank ...«, wiederholte Jean Law.
    »Ja, Madam, eine Bank. Die Bank of England. Sie wird das Geld der Leute zur Aufbewahrung entgegennehmen, verzinsen und anderen Leuten ausleihen. Sie wird Geld wechseln, Darlehen vergeben ...«
    »Du meinst, sie wird das tun, was dein verstorbener Vater William getan hat?«
    »Ja, Madam, aber es wird keine Geldwechsler mehr geben, nur noch die Bank of England.«
    Jean dachte an ihren verstorbenen Ehemann. Der Schmerz der Erinnerung hatte nach all den Jahren nachgelassen. Ein Hauch von Melancholie war geblieben. Sie hätte gern mit ihm über diese neue Bank gesprochen, seine Meinung dazu gehört. Instinktiv lehnte sie diese Bank ab. Wie die meisten älteren Menschen lehnte sie ab, was sie in der neuen Zeit nicht mehr verstand.
    »Dein Vater war ein sehr erfolgreicher und angesehener Mann, John. Wieso ...«
    John stöhnte laut und winkte ab: »Bitte, Madam, die Welt verändert sich, aber sie geht nicht unter. Alte Berufe sterben aus und neue Berufe entstehen. Das hat mein Vater, Gott habe ihn selig, genauso gesehen ...«
    »Wir sprechen heute Abend beim Essen darüber, John«, sagte Jean Law und verließ das Zimmer. Sie war ratlos. In solchen Augenblicken sehnte sie ihren verstorbenen Ehemann herbei. Sie hätte vieles gegeben, um seinen Rat einholen zu können.
    John Law lehnte sich aus dem Bett, nahm die Schüssel unter dem Bett hervor. Er erbrach sich erneut. Als er sich nach einer Weile wieder aufrichten wollte, schlug er den Kopf kräftig am Dachzargen an, der die abgeschrägte Holzdecke stützte. Völlig benommen ließ er sich zu Boden sinken und döste weiter.
    Gegen Mittag erschien ein Bote von Mr Arnauld in Begleitung mehrerer Soldaten. Er blieb draußen beim Brunnentrog stehen und rief nach John Law. Als dieser aus dem Haus trat, gab er sich zu erkennen.
    »John Law of Lauriston, ich bin hier, um Ihre Spielschuld von gestern Nacht einzuziehen.«
    »Und dafür haben Sie vier Soldaten mitgenommen?«, fragte John Law gelassen. Amüsiert musterte er die Bewaffneten.
    »Mr Arnauld hat darauf bestanden. Für den Fall, dass Sie nicht in der Lage sein sollten, Ihre Schuld zu begleichen.«
    »Mr Arnauld beleidigt mich?«, lächelte Law. »Aber es ehrt mich dennoch, dass Sie glauben, vier Soldaten aufbieten zu müssen, um einen John Law ins Schuldengefängnis abführen zu können.«
    Nun lächelte der Bote seinerseits und erwiderte: »John Law ... Sie sind doch John Law, der gestern Nacht Mr Arnauld gestanden hat, dass er außer der Hälfte von Lauriston Castle über kein Vermögen verfügt.«
    »O, bin ich das?«, scherzte Law.
    Der Bote nickte.
    »Und Sie sind sicher, dass ich gestern Abend dabei war, als ich das sagte?«
    Die Soldaten wechselten irritierte Blicke. War dieser John Law womöglich noch immer betrunken?
    »Ihr seid unbezahlbar«, lachte Law.
    Doch der Bote blieb höflich, aber hartnäckig: »Unbezahlt, Herr Law. Nicht unbezahlbar.«
    »Nun gut, so wie ich die Situation einschätze, hat Ihr Herr tatsächlich im Sinn, mich in den Schuldenturm zu werfen, wenn ich meine Schuld nicht unverzüglich begleiche.«
    »So ist es«, antwortete der Bote ungerührt, »Mr Antoine Arnauld beabsichtigt, demnächst Edinburgh zu verlassen. Er besteht deshalb darauf, die

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