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Das große Wawuschel-Buch

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Titel: Das große Wawuschel-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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den Augen und sah aus, als wolle er den armen Wuschel auf der Stelle mit Haut und Haaren fressen.

    Jedenfalls kam es Wuschel so vor. Dabei war der Hund nur ein kleiner Dackel, dem Knochen und Hundekuchen schmeckten, aber nie im Leben Wawuschels. Doch woher sollte Wuschel das wissen? »Hilfe!«, schrie er, drauf und dran, sich wieder aus dem Staub zu machen, als eine große, weiche Hand nach ihm griff. Er wurde hochgehoben, und ehe er sich’s versah, saß er auf dem Schoß einer Menschenfrau. Und was für eine Menschenfrau! Gewaltig, groß und dick wie ein Berg! Wuschel begann vor Angst mit den Zähnen zu klappern, was sonstdoch nur Wischel tat. Er strampelte und zappelte, um sich zu befreien. Alles umsonst! Die Menschenfrau hielt ihn fest.
    »Ach, du süßes kleines Dingelchen«, flötete sie, »wo kommst du denn her? Nein, so etwas Niedliches habe ich noch nie gesehen.«
    Mit ihrer großen, dicken Hand patschte sie Wuschel im Gesicht herum, dass er mindestens noch fünf blaue Flecken dazubekam. Er überlegte, ob er es ihr heimzahlen und sie beißen sollte   – da stopfte sie ihm etwas in den Mund.
    »Hast du Hunger, kleines Männlein? Nimm das hier.« Es war Brot mit Leberwurst, sehr guter Leberwurst sogar. Aber für einen Wawuschel, der nur Marmelade isst, schmeckt es widerlich.
    Wuschel spuckte das Leberwurstbrot sofort wieder aus, genau gegen die Bluse der Frau.
    »Aber, aber!«, schalt sie. »Hast du denn gar keine Manieren, kleines Zwerglein?«
    Das war ungefähr das Schlimmste, was man einem Wawuschel sagen konnte. Zwerglein! Wo die Wawuschels doch keine Zwerge sind, sondern Wawuschels!
    »Ich bin kein Zwerg!«, zeterte Wuschel trotz seiner Angst. »Lass mich los!«
    Die Frau drohte mit dem Finger.
    »So ein zorniges Wichtelmännchen! Du musst noch viel lernen bei mir, Kleiner!«
    Wichtelmann! Jetzt nannte sie ihn auch noch Wichtelmann! Das war zu viel. Wuschel fing an zu zittern, nichtmehr aus Angst, sondern aus Wut über diese Beleidigung. Und er schrie der dicken Frau ins Gesicht, was er sonst immer Wischel zubrüllte, wenn er zornig war: »Du bist eine   – eine   – eine ganz blöde Wachtel.«
    Als es heraus war, bekam er einen Schreck. Was würde der Menschenberg mit ihm anstellen? Ihn zerdrücken zur Strafe?
    Aber nein, die Frau wollte sich kaputtlachen. Tränen kullerten ihr über die dicken Backen, so sehr lachte sie.
    »Hach, bist du putzig, kleiner Heinzelmann. Zum Totlachen! Was wohl meine Freundinnen sagen, wenn sie dich sehen? Nein, dich lass ich nie wieder fort, du bleibst bei mir. Pass auf, es wird dir gut gefallen. Du bekommst schöne Kleider und ein weiches, warmes Bettchen. Hoffentlich machst du nicht mehr die Höschen nass, mein Wichtelchen?«
    Wuschel verschlug es die Sprache. Er wäre am liebsten in Ohnmacht gefallen, wenn er gewusst hätte, wie man das macht. Zähneknirschend saß er auf dem Schoß der dicken Frau, ließ sich von ihr tätscheln, ließ ihre albernen Reden über sich ergehen und dachte: »Warte, dir werd ich’s schon zeigen.«
    Doch vorerst konnte er nichts tun. Die Frau hielt ihn fest und vor ihr saß der Hund und passte auf.
    Der Zug war indessen weiter und weiter gefahren. Jetzt wurde er langsamer.
    »Oje, wir sind gleich da«, sagte die Frau. »Du hast mir so hübsch die Zeit vertrieben, Zwergenbübchen. Komm,setz dich in meine Tasche, dann trage ich dich nach Hause.«
    Sie steckte Wuschel in ihre große, karierte Reisetasche zwischen eine Strickjacke, Zeitungen, Tücher und allerlei Krimskrams. Das war genau das Richtige für Wuschel, jetzt konnte er Rache nehmen. Während die dicke Frau ihren Mantel anzog, fing er an, sorgfältig den ganzen Tascheninhalt mit Händen und Zähnen in Stücke zu reißen. Ritschratsch, war die Jacke kaputt, ritschratsch, ein Kopftuch, ritschratsch, eine Serviette. »Das ist für Zwerglein«, zischte Wuschel dazu, »das für Wichtel, das für Höschen nass machen.« Vor lauter Eifer vergaß er sogar, leise zu sein. Es war auch nicht nötig. Die dicke Frau sah in den Spiegel, zupfte an ihrem Haar herum und merkte nichts. Der Hund versuchte zwar, bellend und jaulend, seine Herrin zu warnen. Aber Wuschel hatte es gleich geahnt: Diese riesige Menschenfrau war ziemlich dumm.
    »Sei still, Waldi«, schimpfte sie. »Gib Ruhe.«
    Und weil Waldi keine Ruhe geben wollte, bekam er einen Klaps.
    »So, jetzt hat der auch sein Fett«, dachte Wuschel schadenfroh und trampelte noch schnell mit den Füßen auf einer Kekstüte herum. Als ob die

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