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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Sargento Roberto Delgado trat ihn noch einmal, von wegen tot, nicht die Spur, roch er nichts, mi teniente ? Alle bückten sich, schnupperten an dem starren und gleichgültigen Körper. Ein schöner Toter, mi teniente , das Freundchen hier träumte. Mit einer Art wachsender, immer hemmungsloserer Heiterkeit jagte er dem Mann mehr und mehr Fußtritte in die Seite, und der krümmte sich, heiser und tief drang es aus seinem Mund, Mensch, tatsächlich! Der Teniente packte die Haare des Mannes, schüttelte ihn, und erneut, schwach, das Röcheln aus der Tiefe. Der träumte, der Scheißkerl, und der Sargento, ja, schaut nur, da war das Süppchen. Neben den silbrigen Ascheflöckchen und den Holzsplittern einer Feuerstelle stand ein versengter Tontopf, bis oben hin voll mit Kräutern. Dutzende von Curhuinse-Ameisen mit langen Zangen und tiefschwarzen Unterleibern krabbelten darauf herum, während andere, einen Kreis um den Topf bildend, den Überfall deckten. Wenn er tot gewesen wäre, würden ihn die Biester längst aufgefressen haben, mi teniente , blieben ihm nichts mehr als Knochen, und der Blonde, aber angefangen hatten sie schon, an den Beinen. Einige Curhuinses krochen an den gegerbten Fußsohlen hoch und andere inspizierten die Fußrücken, die Zehen, die Knöchel, berührtenmit ihren zarten Fühlern die Haut und ließen auf ihrem Weg eine Spur violetter Punkte zurück. Der Sargento Roberto Delgado trat ihn von neuem an dieselbe Stelle. Eine Schwellung war an den Rippen des Liegenden entstanden, ein länglicher Huckel mit dunklem Scheitel. Er lag immer noch reglos da, dann und wann stieß er ein hohles Röcheln aus, und seine Zunge spitzte sich, leckte mühsam die Lippen entlang. Der war im Paradies, der verfluchte Kerl, der spürte nichts, und der Teniente, Wasser, schnell, und sie sollten ihm die Füße saubermachen, carajo , die Ameisen fraßen ihn ja auf. Der Knirps und der Blonde zerquetschten die Curhuinses, zwei Soldaten brachten in ihren Kopfbedeckungen Wasser von der Lagune und besprengten das Gesicht des Mannes damit. Der versuchte jetzt seine Glieder zu bewegen, sein Gesicht verkrampfte sich, sein Kopf wandte sich nach links und nach rechts. Plötzlich rülpste er, und einer seiner Arme winkelte sich langsam, ungelenk an, die Hand tastete den Körper ab, berührte die Schwellung, liebkoste sie. Jetzt atmete er ängstlich ein, die Brust dehnte sich, der Bauch senkte sich und seine Zunge streckte sich, weiß, mit Gerinnseln von grünem Speichel.
    Seine Augen waren noch geschlossen, und der Teniente zu den Soldaten, mehr Wasser: der da wollte und wollte nicht, Jungens, man mußte ihn wachkriegen. Soldaten und Guardias gingen zur Lagune, kamen zurück und schütteten Wasser über den Mann, und er öffnete den Mund, um es aufzufangen, seine Zungeschlürfte eifrig, geräuschvoll die Tropfen. Sein Ächzen war bereits natürlicher und setzte nicht mehr aus, genau wie die Bewegungen seines Körpers, der wie befreit schien von unsichtbaren Fesseln.
    »Gebt ihm ein bißchen Kaffee, bringt ihn zu sich, ganz gleich wie«, sagte der Teniente. »Und schüttet weiter Wasser auf ihn.«
    »Ich glaub nicht, daß der’s bis Santa María de Nieva macht, so wie er beisammen ist, mi teniente «, sagte der Sargento. »Der stirbt uns unterwegs.«
    »Den nehm ich mir mit nach Borja, das ist näher«, sagte der Teniente. »Mach du dich jetzt mit den Jungens auf den Weg nach Nieva und sag Don Fabio, einen haben wir erwischt. Und daß wir die andern schon noch kriegen. Ich fahr mit den Soldaten zur Garnison, und da laß ich ihn vom Arzt anschauen. Der stirbt mir nicht, dafür sorg ich schon.«
    Der Teniente und der Sargento standen einige Meter von der Gruppe entfernt und rauchten. Die Guardias und die Soldaten drängten sich um den Liegenden, besprengten ihn, rüttelten ihn, und er schien mißtrauisch seine Zunge zu bewegen, seine Stimme auszuprobieren, versuchte hartnäckig neue Bewegungen und Laute.
    »Und wenn er nicht zur Bande gehört, mi teniente ?« sagte der Sargento.
    »Darum nehm ich ihn mir mit nach Borja«, sagte der Teniente. »Dort sind Aguarunas aus Dörfern, die die Banditen ausgeplündert haben, da sehen wir dann,ob sie ihn erkennen. Sag Don Fabio, er soll Reátegui benachrichtigen lassen.«
    »Der Kerl redet schon, mi teniente «, schrie der Knirps. »Kommen Sie, damit Sie’s hören.«
    »Habt ihr verstanden, was er gesagt hat?« fragte der Teniente.
    »Was von einem Strom, der blutet, von einem Christen, der

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