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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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unterschieden die Guardias von den Soldaten.
    »Schicken wir ihnen einen Unterhändler hinüber, mi teniente «, sagte der Sargento Roberto Delgado. »Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich zu ergeben.«
    »Wär seltsam, wenn sie uns nicht gesehen hätten«, sagte der Sargento. »Die Huambisas haben ein feines Gehör, wie alle Nacktärsche. Durchaus möglich, daß sie gerade jetzt von den Lupunas aus auf uns zielen.«
    »Möglich, aber ich glaub’s nicht«, sagte der Sargento Delgado. »Heiden, die unter Lupunas leben, wo sie solche Angst davor haben!«
    Die Soldaten und die Guardias hörten zu: bleiche Gesichter, kleine Abszesse geronnenen Blutes, Ringe unter den Augen, nervöse Pupillen. Der Teniente kratzte sich an der Backe, man mußte eben sehen, neben der Schläfe bildeten drei Pusteln ein dunkelviolettes Dreieck, die zwei Sargentos schissen wohl in die Hosen vor Angst? und eine verklebte Haarsträhne fiel ihm in die vom Képischild halb verdeckte Stirn. Was? Seine Guardias hatten vielleicht Angst, mi teniente , der Sargento Roberto Delgado wußte nicht, was Angst war. Ein Gemurmel brodelte auf, und wie mit einer einzigen Bewegung, die das Laub zum Zittern brachte, rückten der Knirps, der Dunkle und der Blonde von den Soldaten ab: das war eine Beleidigung, mi teniente , das ließen sie nicht zu, mit welchem Recht? und der Teniente legte die Hand an die Revolvertasche; das könnte ihn teuer zu stehen kommen; wenn sie nicht auf Strafexpedition wären, würde er was erleben.
    »War nur ein Scherz, mi teniente «, stotterte der Sargento Roberto Delgado. »Beim Heer, da sagen wir so was zu den Offizieren, und die nehmen’s nicht übel. Ich hab geglaubt, bei der Polizei sei’s genauso.«
    Ein Geräusch vom Wasser her übertönte ihre Stimmen, und das vorsichtige Plätschern eingetauchter Ruder, ein Gleiten wurde hörbar. Unter der Kaskade aus Lianen und Binsen tauchten die Boote auf. Der Lotse Pintado und der Soldat, die sie lenkten, lächelten, und weder ihre Gesten noch ihre Bewegungen verrieten Müdigkeit.
    »Na ja, wer weiß, vielleicht ist’s wirklich besser, sie zur Übergabe aufzufordern.«
    »Freilich, mi teniente «, sagte der Sargento Roberto Delgado.
    »Das hab ich Ihnen nicht aus Angst geraten, sondern aus Strategie. Wenn die fliehen wollen, dann veranstalten wir von hier aus Scheibenschießen mit ihnen.«
    »Dagegen, wenn wir selber hinübergehen, können die Brei aus uns machen, solange wir auf der Lagune sind«, sagte der Sargento. »Wir sind nur zehn, und die wer weiß wie viele. Und was für Waffen sie haben, wissen wir auch nicht.«
    Der Teniente drehte sich um, und Guardias und Soldaten standen angespannt da: Wer war am längsten dabei? Jetzt etwas Flehendes in allen Gesichtern, die Münder zu Grimassen verzerrt, unruhiges Blinzeln, und der Sargento Roberto Delgado deutete auf einen kleinen und kupferhäutigen Soldaten, der einen Schritt vortrat: Soldat Hinojosa, mi teniente. Sehr schön, dann sollte der Soldat Hinojosa mit denen von Borja auf die andere Seite der Lagune hinüberund sie dort aufstellen, Sargento. Der Teniente würde mit den Guardias hierbleiben und den Tunneleingang im Auge behalten. Und wozu war dann der Sargento Roberto Delgado mitgekommen, mi teniente ? Der Offizier nahm das Képi ab, wozu? er strich sich mit der Hand das Haar glatt, das würde er ihm sagen, und als er die Kopfbedeckung wieder aufsetzte, war die Strähne aus der Stirn verschwunden: die beiden Sargentos würden gehen und die Übergabe fordern. Die sollten die Waffen wegwerfen und sich an der Klippe aufstellen, die Hände hinterm Kopf verschränkt, Sargento, Pintado würde sie hinüberbringen. Die Sargentos blickten einander an, sagten nichts, Soldaten und Guardias, wieder zusammen, flüsterten, und in ihren Augen stand keine Furcht mehr, sondern Erleichterung, blitzte es höhnisch. Hinojosa voran, kletterten die Soldaten in eines der Boote, das auf und nieder wippte und etwas tiefer einsank. Pintado hob die Stake hoch, und dann wieder das sachte Quirlen, das Vibrieren der Zweige, die Mützen verschwanden unter den Binsen und Lianen, und der Teniente betrachtete die Hemden der Guardias, Knirps, er sollte seins ausziehen: es war das weißeste. Der Sargento würde es an sein Gewehr binden, und er wußte ja, wenn die das versuchten, eine vor den Latz, ohne Rücksicht. Die Sargentos waren schon im Boot, und sobald der Knirps ihnen sein Hemd gereicht hatte, setzte der Lotse das Boot mit der Stange in

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