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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Bewegung. Langsam trieb es im Lianenwerk dahin, aber kaum waren sieauf der Lagune, ließ er den Motor an, und aufgescheucht von dem monotonen Geräusch schwirrten Vögel durch die Luft, lärmend aus den Bäumen. Ein orangefarbenes Leuchten breitete sich hinter den Lupunas aus, auch das Undurchdringliche der Umgebung reflektierte die ersten Sonnenstrahlen, und das Wasser der Lagune sah rein und still aus.
    »Ah, Genosse, ich war kurz davor, zu heiraten«, sagte der Sargento.
    »Schon, aber halt das Gewehr höher«, sagte der Sargento Delgado, »damit man das Hemd deutlich sieht.«
    Sie überquerten die Lagune, ohne den Blick vom steilen Ufer und den Lupunas zu wenden. Pintado hielt mit der einen Hand den Kurs ein, mit der andern kratzte er sich am Kopf, im Gesicht, an den Armen, als litte er plötzlich an einem allgemeinen Jucken. Schon machten sie einen kleinen, schlammigen Landeplatz aus, mit entlaubten Büschen und einigen treibenden Baumstämmen, die vermutlich als Anlegestelle dienten. Am gegenüberliegenden Ufer lief das Boot der Soldaten auf, und sie sprangen in Eile hinaus und stellten sich ohne Deckung auf und brachten die Gewehre auf die Insel in Anschlag. Hinojosa hatte eine hübsche Stimme, hübsch, diese Huaynitos, die er gestern abend auf Quechua gesungen hatte, nicht? Ja, aber was war denn los, daß man sie nicht sah, warum ließen sie sich denn nicht blicken? Der Santiago war voller Huambisas, Genosse, die, die sie hatten kommensehen, hatten sie bestimmt benachrichtigt, und sie würden mehr als genug Zeit gehabt haben, sich durch die Lagunenabflüsse davonzumachen. Das Boot schoß auf den Landeplatz zu. Mit dicken Lianen festgemacht, strotzten die Stämme von Moos, Pilzen und Flechten. Die drei Männer betrachteten die fast vertikale Klippe, die gekrümmten und buckligen Lupunas: niemand war da, mi sargentos , aber war das eine Aufregung gewesen. Die Sargentos sprangen an Land, stapften im Schlamm herum, begannen emporzuklettern, die Leiber dicht an den Abhang gepreßt. Der Sargento trug das Gewehr hochgereckt, ein heißer Wind ließ das Hemd des Knirpses flattern, und als sie den Klippenrand erreichten, zwang sie grelles Sonnenlicht, die Augen zu schließen und zu reiben. Lianenzöpfe versperrten die Zwischenräume von Lupuna zu Lupuna, ein stickiger, verwest riechender Dampf wallte ihren Gesichtern jedesmal entgegen, wenn sie in das Dickicht spähten. Endlich fanden sie eine Öffnung, quälten sich bis zur Taille in wilder und geräuschvoller Vegetation watend voran, dann folgten sie einem Pfad, der sich erst in einem Binsenfeld, dann in einem Lianengeschling verlor und wiederfand. Der Sargento Roberto Delgado wurde nervös, carajo , er sollte das Gewehr da richtig hochhalten, damit die sähen, daß sie eine weiße Fahne hatten. Die Baumwipfel bildeten ein kompaktes Gewölbe über ihnen, nur gelegentlich von Sonnenstrahlen durchbohrt, vergoldeten Streifen, die wie Zuckungen wirkten, und überallwaren die Stimmen unsichtbarer Vögel zu hören. Die Sargentos schützten die Gesichter mit den Händen, empfingen aber trotzdem Stiche, brennende Schrammen. Der Pfad hörte unversehens auf, mündete auf eine ebene, sandige Lichtung, frei von Gestrüpp, und da sahen sie die Cabañas: ah, Genosse, schau dir das an! Hoch, solide, und dennoch bereits zur Hälfte vom Urwald verschlungen. Eine hatte kein Dach mehr, und ein Riß wie eine Wunde gähnte in der Fassade; aus einer andern ragte ein Baum, reckte jäh seine haarigen Arme aus den Fenstern, und die Wände beider verschwanden unter einem Schorf aus Efeu. Überall ringsum schoß das Gras hoch auf; die verrottenden Treppchen, von Schlingpflanzen gefesselt, dienten Stengeln und Wurzeln als Brutstätten, und auf den Stufen und Pfählen konnte man auch Nester, aufquellende Ameisenhaufen sehen. Die Sargentos strichen um die Cabañas, reckten die Hälse, um ins Innere zu sehen.
    »Die sind nicht gestern abend erst weg, sondern vor langer Zeit schon«, sagte der Sargento Delgado. »Der Dschungel hat schon fast alle Hütten verschluckt.«
    »Das sind keine Huambisahütten, sondern von Christen«, sagte der Sargento. »Die Heiden machen sie nicht so groß, außerdem nehmen sie ihre Hütten mit, wenn sie wegziehen.«
    »Hier war eine Lichtung«, sagte der Sargento Delgado. »Die Bäume sind ganz jung. Hier haben viele Leute gelebt, Freundchen.«
    »Der Teniente wird toben«, sagte der Sargento. »Er war so sicher, daß er ein paar erwischen würde.«
    »Wir wollen sie

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