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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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»wenn ich will, kann ich, aber mit dir will ich nicht. Verschwind jetzt, red noch mal von den Schnaken und ich jag dir eine Kugel hinein, da wo’s dir so weh tut. Los, hau ab!«
    Er schimpfte immer weiter, bis sie das Moskitonetz lüftete, aufstand und sich in die andere Hängematte fallen ließ. Da verstummte Fushía, aber die Pfosten ächzten von Zeit zu Zeit erneut auf, erschüttert vonheftigen Stößen, so als schüttelten sie Fieberanfälle, und erst sehr viel später wurde es still in der Cabaña, die eingehüllt stand in das nächtliche Brabbeln des Urwalds. Auf dem Rücken liegend, mit offenen Augen, spielte Lalita mit den Chambirariemen der Hängematte. Einer ihrer Füße sah unter dem Moskitonetz hervor, und winzige, beflügelte Feinde attackierten ihn zu Dutzenden, ließen sich blutgierig auf den Nägeln und den Zehen nieder. Sie wühlten mit ihren feinen, langen und summenden Waffen in der Haut. Lalita schlug den Fuß gegen den Pfosten, und sie flüchteten verwirrt. Aber einige Sekunden später waren sie schon wieder da.
    »Der Saukerl von Jum hat also gewußt, wo sie waren«, sagte Fushía. »Und hat auch kein Wort zu mir gesagt. Alle waren sie gegen mich, Aquilino, sogar Pantacha hat’s bestimmt gewußt.«
    »Das heißt, daß er immer noch nicht drüber weggekommen ist und daß alles, was er tut, nur ist, damit er wieder nach Urakusa zurückkehren kann«, sagte Aquilino. »Muß sein Dorf sehr vermissen, muß es gern haben. Ist’s wahr, daß er, wenn er mit dir gefahren ist, den Heiden Vorträge gehalten hat?«
    »Er hat sie überredet, mir das Gummi zu überlassen, ohne Schwierigkeiten zu machen«, sagte Fushía. »Hat Wutanfälle gekriegt, und immer hat er ihnen die Geschichte von den zwei Weißen erzählt. Hast du die gekannt, Alter? Was haben die für ein Geschäft gehabt? Ich hab’s nie rausfinden können.«
    »Die, die sich in Urakusa niedergelassen haben?« sagte Aquilino. »Den Señor Reáttegui hab ich einmal davon reden hören. Es waren Ausländer, waren gekommen, um die Nacktärsche gegen die Christen aufzuhetzen, sie dazu zu bringen, daß sie alle Christen hier in der Gegend töten. Deswegen, weil er auf sie gehört hat, ist’s Jum ja so schlecht gegangen.«
    »Ich weiß nicht, ob er sie gehaßt hat oder ob er sie hat leiden können«, sagte Fushía. »Manchmal hat er ›Bonino und Teófilo‹ gesagt, als wollt er sie umbringen, und dann wieder, als wären sie seine Freunde gewesen.«
    »Adrián Nieves hat das auch immer gesagt«, sagte Aquilino. »Daß Jum über diese beiden ständig die Meinung geändert hat und daß er sich nicht hat entscheiden können, einmal waren sie gut, dann waren sie wieder schlecht, verfluchte Teufel.«
    Lalita schlich auf Zehenspitzen durch die Cabaña und ging hinaus, und draußen war die Luft von einem Dampf geschwängert, der die Haut näßte und einen würgte, wenn er in Mund und Nase drang. Die Huambisas hatten die Feuer gelöscht, ihre Hütten waren schwarze Säcke, die schwer, still auf der Insel lagen. Ein Hund kam heran und rieb sich an ihren Füßen. Unter dem Vordach beim Stall schliefen die drei Achuales unter einer Decke, ihre Gesichter glänzten vom Harz. Als Lalita vor der Hütte Pantachas ankam und hineinspähte, klebte der von Schweiß durchnäßte Itípak an ihrem Körper: ein muskulöses Beintauchte aus den Schatten auf, zwischen den glatten und haarlosen Oberschenkeln der Shapra hervor. Sie sah zu, ihr Atem verlangend, der Mund halb offen, eine Hand an der Brust. Dann huschte sie zur benachbarten Cabaña und stieß die aus Lianen geflochtene Tür auf. Im dunklen Winkel, wo sich die Pritsche Adrián Nieves’ befand, raschelte es. Der Lotse mußte schon aufgewacht sein, mochte jetzt die Silhouette erkennen, die sich von der Dunkelheit im Türrahmen abzeichnete, die beiden Haarwogen, die ihren Leib bis zu den Hüften einrahmten. Dann knarrten die Bohlen, und ein weißes Dreieck kam auf sie zu, guten Abend, der Umriß eines Mannes, was war denn passiert? Eine verschlafene und überraschte Stimme. Lalita sagte nichts, schnaufte nur und wartete, erschöpft wie am Ende eines sehr langen Rennens. Es fehlten noch viele Stunden, ehe Triller und fröhliches Rumoren das nächtliche Gekrächze ablösen und Vögel, farbenprächtige Schmetterlinge über die Insel hinflattern würden, ehe das weiße Licht des Morgengrauens die aussätzigen Stämme der Lupunas beleuchtete. Noch war es die Stunde der Glühwürmchen.
    »Aber ich will dir was sagen«, sagte

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