Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
lachten lauthals, und einer der Paredes-Knirpse war auf den Tisch geklettert, seine Mutter versohlte ihn.
»Wie gern die sie haben, Don Adrián«, sagte der Sargento. »Wie die sie mir verwöhnen.«
»Aber warum all das Geflenne?« sagte der Lotse. »Wenn sie im Grunde doch glücklich sind.«
»Darf ich ihnen was abgeben, Mamita?« sagte Bonifacia. Sie deutete auf die Mündel, die in Dreierreihen vor dem Wohnhaus standen. Einige lächelten ihr zu, andere winkten scheu.
»Die kriegen auch einen besonderen Imbiß«, sagte die Oberin. »Aber geh ruhig, sie begrüßen.«
»Sie haben Geschenke für dich«, knurrte Madre Angélica, das Gesicht von den Tränen und vom Schluchzen verzerrt. »Wir auch, ich hab dir ein Kleidchen gemacht.«
»Alle Tage werd ich dich besuchen kommen«, sagte Bonifacia. »Ich werd dir helfen, Mamita, werd wieder die Abfalleimer hinaustragen.«
Sie machte sich los von Madre Angélica und ging zu den Mündeln hinüber, die ihre Reihen verließen und ihr mit großem Geschrei entgegenkamen. MadreAngélica kämpfte sich durch die Gäste, und als sie zum Sargento trat, war ihr Antlitz nicht mehr so blaß, wieder mürrisch.
»Wirst du ein guter Ehemann sein?« knurrte sie und schüttelte ihn am Arm. »Wehe dir, wenn du sie schlägst, wehe dir, wenn du dich mit andern Weibern rumtreibst. Wirst du gut zu ihr sein?«
»Aber warum denn nicht, madrecita «, entgegnete der Sargento verwirrt. »Wo ich sie doch so gern hab.«
»Ah, bist du aufgewacht?« sagte Aquilino. »Ist das erste Mal, daß du so geschlafen hast, seit wir abgefahren sind. Vorher warst’s immer du, der mich angestarrt hat, wenn ich die Augen aufgemacht hab.«
»Ich hab von Jum geträumt«, sagte Fushía. »Die ganze Nacht über hab ich sein Gesicht vor mir gesehen, Aquilino.«
»Ich hab dich ein paarmal jammern hören, und einmal, glaub ich, hast du sogar geweint«, sagte Aquilino. »War’s deswegen?«
»Komisch, Alter«, sagte Fushía. »Ich bin überhaupt nicht vorgekommen in dem Traum, nur Jum.«
»Und was hast du von dem Aguaruna geträumt?« sagte Aquilino.
»Daß er am Sterben war, da am Ufer, weißt du, wo Pantacha sich immer seine Brühe zubereitet hat«, sagte Fushía. »Und irgend jemand ist auf ihn zugegangen und hat zu ihm gesagt, komm mit mir, und er, ich kann nicht, ich muß sterben. So war’s den ganzen Traum über, Alter.«
»Am Ende ist’s da gerade passiert«, sagte Aquilino. »Vielleicht ist er heute nacht gestorben und hat sich so von dir verabschiedet.«
»Die Huambisas werden ihn umgebracht haben, wo sie ihn doch so gehaßt haben«, sagte Fushía. »Aber wart doch, sei nicht so, geh noch nicht.«
»Es ist umsonst«, sagte Lalita schnaufend, »da rufst du mich, und jedesmal ist’s umsonst. Warum läßt du mich da erst kommen, wenn du gar nicht kannst, Fushía?«
»Ich kann schon«, kreischte Fushía, »nur du willst immer gleich Schluß machen, läßt mir nicht einmal Zeit und wirst wütend. Ich kann schon, du Schlampe.«
Lalita drehte sich zur Seite und legte sich auf den Rücken in der Hängematte, die ächzte, während sie schaukelte. Durch die Tür und die Ritzen drang eine blaue Helligkeit in die Cabaña zusammen mit den heißen Dämpfen und den nächtlichen Geräuschen, gelangte aber nicht wie diese bis zur Hängematte.
»Du glaubst, du kannst mir was vormachen«, sagte Lalita. »Du meinst, ich sei blöd.«
»Ich hab Sorgen«, sagte Fushía, »möcht sie gern vergessen, aber du läßt mir nicht genügend Zeit. Ich bin ein Mensch, kein Tier.«
»Du bist krank, das ist es«, flüsterte Lalita.
»Deine Pickel ekeln mich an, das ist es«, schimpfte Fushía. »Alt bist du geworden, das ist es. Nur mit dir kann ich nicht, mit jeder andern so oft ich will.«
»Drauflegen tust du dich und küssen tust du sie, aber können tust du auch nicht«, sagte Lalita ganz langsam. »Die Achuales haben mir’s erzählt.«
»Du redest mit denen über mich, du Schlampe?« Fushías Körper brachte die Hängematte hektisch und anhaltend zum Schwanken. »Mit den Heidenweibern redest du über mich? Du willst wohl, daß ich dich umbring?«
»Willst wissen, wo er da immer hingegangen ist, wenn er von der Insel verschwunden ist?« sagte Aquilino. »Nach Santa María de Nieva.«
»Nach Nieva? Aber was hat er denn da zu suchen gehabt?« sagte Fushía. »Woher weißt du denn, daß Jum immer nach Santa María de Nieva gegangen ist?«
»Hab’s erst vor kurzem erfahren«, sagte Aquilino. »Das letzte Mal, daß er
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