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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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jung war«, sagte Doktor Zevallos mit einer gewissen Wehmut zur Chunga, aber die hörte ihm nicht zu. »Auf der Plaza de Armas, da wo jetzt das ›Hotel de Turistas‹ ist.«

III
    »Du schläfst die ganze Zeit, hast kaum was von der Reise«, sagt Lalita, »Und jetzt verpaßt du auch noch die Ankunft.«
    Sie steht mit den Ellbogen auf die Reling gestützt, und Huambachano, auf dem Deck sitzend, mit dem Rücken gegen einige zusammengerollte Taue gelehnt, öffnet die Glotzaugen, er wäre froh, wenn er schliefe, seine Stimme klingt schwach und kränklich, er machte die Augen nur zu, um nicht mehr kotzen zu müssen, Lalita: er hatte schon alles ausgespuckt, was er im Magen hatte, und trotzdem war ihm immer noch nach Kotzen zumute. Es war ihre Schuld, er hatte in Santa María de Nieva bleiben wollen. Den Oberkörper weit über die Reling gebeugt, starrt Lalita auf das Panorama der rötlichen Dächer, auf die weißen Fassaden, die Palmen, die sich wie Stacheln über der Stadt ausbreiten, und auf die Gestalten, die sich, schon deutlich erkennbar, an der Mole bewegen. Die Passagiere an Deck kämpfen um Plätze an der Reling.
    »Fetter, sei nicht so faul, du versäumst das Beste«, sagte Lalita. »Schau, meine Heimat, Fetter, wie groß, wie hübsch! Hilf mir, den Aquilino suchen.«
    Das eingefallene Gesicht Huambachanos täuscht ein Lächeln vor, sein kleiner und dicker Körper windetsich und richtet sich endlich mühsam auf. Eine rege Geschäftigkeit herrscht auf dem Deck: die Passagiere zählen ihre Gepäckstücke, heben sie sich auf die Schultern, und, angesteckt von der Aufregung, grunzen die Schweine, gackern die Hühner und schlagen wild mit den Flügeln, und die Hunde rennen hin und her, bellen, die Ohren steif, wedeln mit den Schwänzen. Eine Sirene zerreißt die Luft, der schwarze Rauch aus dem Schornstein wird zäher, und es regnet Ruß auf die Leute. Man ist in den Hafen eingefahren, durchquert ein Archipel von Motorbooten, mit Bananen beladenen Flößen, Kanus, Fetter, sah er ihn? er sollte genau hinsehen, dort drüben mußte er sein, aber der Fette mußte sich erneut übergeben: verdammtes Pech. Er hat einen Würgeanfall, erbricht aber nichts, gibt sich damit zufrieden, zornentbrannt auszuspucken. Sein fettiges Gesicht ist elend, bläulich, seine Augen sind stark blutunterlaufen. Von der Brücke aus erteilt ein Männchen schreiend Befehle, gestikuliert, und zwei barfüßige Matrosen mit nacktem Oberkörper hängen über dem Bug und schleudern die Taue an die Mole.
    »Alles verdirbst du, Fetter«, sagt Lalita, betrachtet aber weiter den Hafen. »Da komm ich nach so langer Zeit wieder nach Iquitos, und dir wird schlecht.«
    Im Auf und Ab des öligen Wassers wiegen sich Dosen, Kisten, Zeitungen, Abfälle. Rings herum sind Motorboote, einige frisch angestrichen und mit Wimpeln an den Masten, Kähne, Flöße, Bojen und Barkassen.Auf der Mole, neben dem Laufsteg kreischt und schreit eine kleine, wirre Meute von Gepäckträgern, sie rufen den Passagieren ihre Namen zu, schlagen sich auf die Brust, alle versuchen, so dicht wie möglich an den Laufsteg heranzukommen. Hinter ihnen ein Drahtzaun und ein paar Holzschuppen, zwischen denen sich die Leute drängen, die die Reisenden erwarten: da war er, Fetter, der mit dem Hut. Wie groß, wie gut er aussah, er sollte ihm zuwinken, und Huambachano macht die glasigen Augen auf, sollte ihn begrüßen, Fetter, hebt die Hand hoch und winkt ein paarmal müde. Der Dampfer hat angelegt, und die beiden Matrosen springen auf die Mole, machen sich mit den Tauen zu schaffen und winden sie um die Poller. Jetzt brüllen die Gepäckträger, hüpfen, schneiden Grimassen und gestikulieren, bemühen sich, mit diesen Albereien die Aufmerksamkeit der Passagiere auf sich zu lenken.
    Ein Mann in blauer Uniform und mit weißer Kopfbedeckung geht gleichgültig vor dem Steg auf und ab. Hinter dem Drahtzaun winken die Leute, lachen, und mitten in den Lärm hinein klingt in regelmäßigen Abständen die gellende Sirene: Aquilino! Aquilino! Aquilino! Die Farbe kehrt in Huambachanos Gesicht zurück, und sein Lächeln wirkt jetzt natürlicher, weniger erbärmlich. Er bahnt sich einen Weg zwischen den mit Bündeln beladenen Frauen hindurch und schleift einen Sack und einen vollgestopften Koffer hinter sich her.
    »Er ist dicker geworden, siehst du?« sagt Lalita. »Und wie er sich zu unserem Empfang herausgeputzt hat, Fetter. Sag was, sei nicht undankbar, du weißt doch, was er alles für uns tut.«
    »Ja,

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