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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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an einem Zuckerrohr befestigt. Es brodelte von lauwarmen und kontrastreichen Düften in der Luft, und je mehr die Straßen im Sand verliefen, desto mehr Hunde, Hennen und Schweine gab es, die sich dunkel und grunzend auf der Erde wälzten, an Pflöcke gebundene Ziegen mit riesigen Augen, und um so dichter und klangvoller wurde die Fauna, die über ihren Köpfen die Luft erfüllte. DieUnbezwingbaren gingen ohne Eile auf den gewundenen Pfaden des Mangache-Dschungels weiter, wichen alten Leuten aus, die ihre Matten ins Freie hinausgezerrt hatten, machten einen Bogen um Hütten, die unvermutet mitten auf dem Weg auftauchten wie Wale im Meer. Am Himmel brannten die Sterne, die einen groß und hoffärtig leuchtend, andere wie aufflammende Streichhölzer.
    »Die Mannweiber sind schon da«, sagte der Affe und deutete auf die drei fernen, glitzernden, parallelen Punkte des Jakobsstabs. »Und wie sie uns zuzwinkern. Domitila Yara hat immer gesagt, wenn die Mannweiber so deutlich zu sehen sind, darf man sich was von ihnen wünschen. Nutz die Gelegenheit aus, Josefino.«
    »Domitila Yara!« sagte José. »Die arme Alte. Ich hab immer ein bißchen Angst vor ihr gehabt, aber seit sie gestorben ist, denk ich gern an sie. Ob sie uns wohl den Ärger bei ihrer Totenwache verziehen hat?«
    Josefino ging stumm, die Hände in den Taschen, das Kinn auf der Brust. Die Léons murmelten ununterbrochen im Chor »Guten Abend, Don«, »’n Abend, Doña«, und vom Boden her erwiderten körperlose und schlafmüde Stimmen den Gruß und nannten sie bei ihren Vornamen. Vor einer Hütte blieben sie stehen, und der Affe stieß die Tür auf: Lituma stand mit dem Rücken zu ihnen, hatte einen lúcumafarbenen Anzug an, die Jacke trug um die Hüften etwas auf, und seine Haare waren feucht und glänzten.Über seinem Kopf tanzte, an einer Nadel aufgehängt, ein Zeitungsausschnitt hin und her.
    »Hier ist der Unbezwingbare Nummer Drei, Vetter«, sagte der Affe.
    Lituma schnellte herum wie ein Kreisel, kam hastig und fröhlich, die Arme ausgebreitet, durch den Raum, und Josefino ging ihm entgegen. Sie umarmten sich kräftig und klopften einander eine gute Weile auf die Schultern, so lange nicht mehr, Mensch, so lange nicht mehr, Lituma, und wie schön, daß du wieder da bist, und gingen umeinander herum wie zwei Hunde.
    »Und die Kluft, die der Herr da anhaben, Vetter«, sagte der Affe.
    Lituma trat etwas zurück, damit die Unbezwingbaren ihn bequem in seiner funkelnagelneuen und vielfarbenen Pracht bewundern sollten: weißes Hemd mit gestärktem Kragen, rosa Krawatte mit grünen Pünktchen, grüne Socken, spitze, spiegelblanke Schuhe.
    »Gefällt er euch? Hab ihn zum erstenmal angezogen, zu Ehren meiner Heimat. Vor drei Tagen erst gekauft, in Lima. Und die Krawatte und die Schuhe auch.«
    »Siehst wie ein Prinz aus«, sagte José. »Steht dir bestens, Vetter.«
    »Bloß das Gewand«, sagte Lituma und zupfte an den Rockaufschlägen. »Im Kleiderständer ist schon der Wurm drin. Aber die eine oder andere Eroberungbring ich noch fertig. Jetzt, wo ich wieder Junggeselle bin, ist die Reihe an mir.«
    »Ich hab dich beinahe nicht wiedererkannt«, unterbrach ihn Josefino. »So lange habe ich dich nicht mehr in Zivil gesehen, Kollege.«
    »Sag lieber, so lange hast du mich nicht gesehen«, sagte Lituma, und sein Gesicht wurde ernst, lächelte wieder.
    »Wir hatten auch vergessen, wie du in Zivil warst, Vetter«, sagte José.
    »So siehst du besser aus, nicht mehr als Polyp verkleidet«, sagte der Affe. »Jetzt bist du wieder ein echter Unbezwingbarer.«
    »Auf was warten wir noch?« sagte José. »Unsere Hymne!«
    »Ihr seid wie meine Brüder«, lachte Lituma. »Wer hat euch beigebracht, von der Alten Brücke ins Wasser zu hopsen?«
    »Und das Saufen und in den Puff gehen«, sagte José. »Du hast uns verdorben, Schwager.«
    Lituma hielt die Leóns umarmt und drückte sie liebevoll an sich. Josefino rieb die Hände gegeneinander, und obwohl sein Mund grinste, glitzerte in seinen unbewegten Augen etwas Heimliches, Nervöses, seine Haltung, die Schultern zurückgeworfen, die Brust herausgestreckt, die Beine leicht geknickt, war gleichzeitig gezwungen, unruhig und wachsam.
    »Jetzt müssen wir diesen Sol de Ica kosten«, sagte der Affe.
    »Der Herr haben’s versprochen, und was versprochen ist, muß gehalten werden.«
    Sie setzten sich auf zwei Matten unter eine Petroleumlampe, die von der Decke hing und, wenn sie schwankte, in den im Dunkeln versteckten Adobewänden

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